Mit freundlichen Grüßen ...

15.11.2001

ComputerPartner

Chefredaktion

Tel.: 0 89/3 60 86-388

Fax: 0 89/3 60 86-389

E-Mail: dsicking@computerpartner.de

M+S Elektronik AG

Vorstand

Herrn Hans-Ulrich Mahr

Nordring 55

63843 Niedernberg

München, 12.11.01

Wie wollen Sie M+S retten?

Sehr geehrter Herr Mahr,

nachdem sich in den vergangenen Wochen die Gerüchte häuften, dass sich die Situation bei M+S bedrohlich zuspitze, hieß es am Donnerstag vergangener Woche, jetzt sei Schluss. Das war es dann Gott sei Dank aber nicht. Sie konnten sich mit den Banken "über die Finanzierung der Restrukturierung" (Überschrift der Adhoc-Mitteilung vom 8.11.) einigen, so dass der Fortgang der Geschäfte erst einmal sichergestellt ist. Dennoch war ich, ganz ehrlich, geschockt. Geschockt vor allem darüber, wie schnell es mit einem Unternehmen, das 27 Jahre erfolgreich am Markt tätig war und bis zum Börsengang nie einen Jahresabschluss mit roten Zahlen melden musste, bergab gehen kann.

Ich habe mir daraufhin noch einmal Ihren letzten Jahresbericht und Ihren letzten Quartalsbericht durchgelesen. Dabei stieß ich auf einige interessante Passagen, über die ich mit Ihnen gerne gesprochen hätte. So heißt es auf Seite 30 des Geschäftsberichts 2000/01, dass "für die anstehende Restrukturierungsphase keine zusätzlichen Kreditlinien benötigt" werden und dass "ausreichend Liquidität vorhanden ist" (von Ihrem Vorstandskollegen Schulze-Oberländer ist diese Aussage am 11. September noch einmal bestätigt worden). Was ist passiert, dass innerhalb dieser wenigen Wochen das finanzielle Gerüst zusammenbrach?

Die Kreditlinie wird im Geschäftsbericht 2000/01 mit insgesamt 79 Millionen Euro angegeben. Davon waren Ende April, also am Ende des Geschäftsjahres, 43,6 Millionen Euro in Anspruch genommen. Nach der Adhoc-Meldung vom vergangenen Donnerstag stehen Ihnen jetzt noch Kreditlinien von insgesamt 24,3 Millionen Euro zur Verfügung. Selbst wenn man das aus dem Aktionärskreis gewährte Darlehen von 4,5 Millionen Euro dazu addiert, bleibt unterm Strich eine Summe, die 50 Millionen Euro unter den bisherigen Kreditlinien liegt. Mit anderen Worten: Große Sprünge sind Ihnen damit nicht mehr möglich. Ohnehin hatten Sie ja einen Umsatzrückgang für das Gesamtjahr auf 610 Mio. Euro (VJ: 668 Mio. Euro) geplant. Nun frage mich, ob Sie mit dieser radikal gekürzten Kreditlinie überhaupt noch dieses Volumen erreichen können. So wie ich es sehe, haben Sie jetzt nur einen finanziellen Spielraum für ein Umsatzvolumen in der Größenordnung von etwa 450 Millionen Euro.

Nun sind 450 Millionen Euro "guter" Umsatz sicher besser als 610 Millionen "schlechter" Umsatz. Das Problem an der Sache ist nur: Wie wollen Sie es schaffen, den Kostenapparat in kürzester Zeit an das neue Umsatzvolumen anzupassen? Das ist in meinen Augen die wichtigste Frage und die größte Herausforderung für den M+S-Vorstand. Reicht der bereits angekündigte Abbau von 500 Arbeitsplätzen aus? Welche Pläne haben Sie? Wie soll es weiter gehen? Allein an Gehältern müssen Sie nach meinen Berechnungen monatlich um die zehn Millionen Mark zahlen.

Leider konnte ich Sie, sehr geehrter Herr Mahr, telefonisch nicht erreichen, um mit Ihnen über diese Dinge zu sprechen. Ich verstehe, dass Sie derzeit dringendere Probleme zu lösen haben. Jedenfalls wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie die Krise meistern. Offenkundig trauen Sie es sich auch zu. Sie stehlen sich nicht aus der Verantwortung und treten ab, sondern bleiben auf der Kommandobrücke nach dem Motto: Ich habe das Unternehmen in diese schwierige Lage gebracht, also bringe ich es auch wieder aus dieser Lage heraus. Eine heute selten gewordene Einstellung. Böse Zungen sagen zwar, dass auch der Kapitän der Titanic das Schiff in die bekannte schwierige Lage gebracht hat, aber das ist natürlich ein völlig unsinniger Vergleich. Denn die Titanic war nicht zu retten, das ist der Unterschied (hoffe ich jedenfalls).

Ich würde mich freuen, wenn sich doch noch die Gelegenheit für ein Gespräch fände und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

Zur Startseite