Mit freundlichen Grüßen ...

26.07.2001

ComputerPartner

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ADAC e.V.

Präsidium

Herrn Peter Meyer

Am Westpark 8

81373 München

München, 23.07.01

Die Wirtschaft steht im Stau - was rät der ADAC?

Sehr geehrter Herr Meyer,

dass ich Ihnen heute schreibe, liegt an meiner Tochter Nora. Und das kam so: Wir standen vor kurzem auf der A3 zwischen Würzburg und Aschaffenburg im dort üblichen Stau, und ich unterhielt meine Familie mit einem Vortrag über die derzeit schwierige Konjunkturlage, über Umsatzrückgänge und Pleiten von Firmen et cetera. Meine Tochter, sie ist zwölf, wollte von mir wissen, wie es zu einer solchen Flaute kommt, und ich klaubte mein bruchstückhaft vorhandes Wissen zusammen, um ihr eine plausible Erklärung zu geben. Da sagte Nora plötzlich: "Ich hab es schon kapiert. Es ist wie bei einem Stau auf der Autobahn. Jemand bremst, dann noch einer, und noch einer, und eine halbe Stunde später ist der Stau da. Und da ist man jetzt drin."

Ein interessanter Ansatz, wie ich finde. In den Zeitungen kann man immer lesen, dass "die Party jetzt zu Ende" sei, aber das ist kein gutes Bild. In Wahrheit passt der Vergleich zum Straßenverkehr viel besser. In normalen, guten Zeiten befindet sich eine bestimmte Menge Autos auf den Fernstraßen, und der Verkehr fließt. Die einen fahren schneller und mit Risiko, weil sie einen stärkeren Motor haben und weil sie besonders schnell ans Ziel kommen wollen, die anderen fahren weniger riskant und legen mehr Wert auf Sicherheit.

Manchmal kommt es zu einem Unfall. Zum Beispiel dann, wenn ein Fahrer sich nicht voll auf den Verkehr konzentriert, wenn er zu schnell unterwegs ist oder wenn er seinen Wagen einfach nicht beherrscht, etwa weil er ein schlechter Fahrer ist. Dann bildet sich ein Stau. (Auch das gibt es in der Wirtschaft, weil es dort schlechte und überforderte Firmenchefs gibt.) Manchmal fragt man sich, wenn man einen Stau hinter sich hat, warum da jetzt ein Stau war. (Auf einer zweispurigen Autobahn war meistens ein holländischer LKW-Fahrer schuld, der einen holländischen Wohnwagen überholt hat.) Zuweilen sind vermutlich auch einfach zu viele Autos unterwegs, mehr als die Autobahn verkraftet. (Eine interessante Frage: Gibt es eine Obergrenze für die Anzahl von Firmen, die die Wirtschaft verkraften kann? Und wenn diese Obergrenze überschritten ist, kommt es in der Wirtschaft zum Stau? Vielleicht sind im vergangenen Jahr ja einfach zu viele zusätzliche Firmen auf die "Wirtschafts-Autobahn" gekommen.)

Kurzum, die Wirtschaft steht heute mitten im Stau. Sie, sehr geehrter Herr Meyer, kennen sicher das Gefühl, wenn man im Stau steht, schließlich kommen Sie aus Mülheim an der Ruhr, also aus einer permanten Stau-Region. Man ist schlecht gelaunt, die Stimmung ist mies. Und wenn einem dann auch noch der Sprit ausgeht ...

Das Schlechte an einem Stau ist, dass man keine Wahl hat. Man kann ja schließlich nicht zu Hause bleiben, dann käme man nirgends an. (Genauso wie man im Wirtschaftsleben nirgendwo ankommt, wenn man nicht daran teilnimmt.) Die Alternativ-routen sind meistens auch überlastet. Für denjenigen, der im Stau steht, gibt es nur eins: Durchhalten. Und sparsam mit den Essensvorräten umgehen, wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Jammern bringt einen jedenfalls nicht weiter.

Das Gute an einem Stau ist, dass er irgendwann zu Ende ist. Das wird bei unserem momentanen Wirtschafts-Stau nicht anders sein. Die Frage ist nur: Wann? Sie, sehr geehrter Herr Meyer, sind als ADAC-Präsident ja sozusagen Deutschlands erster Stau-Berater. Vielleicht haben Sie ja noch den einen oder anderen Tipp, wie die Wirtschaft am besten durch den momentanen Stau kommt.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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