Mit freundlichen Grüßen ...

19.07.2001

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Vorwerk International

Niggemann & Co

Regional Director

Herrn Peter Oberegger

Verenastr. 39

CH-8832 Wollerau

München, 16.07.01

Kann man PCs wie einen Kobold verkaufen?

Sehr geehrter Herr Oberegger,

wie die Zeit vergeht! Jetzt ist es doch tatsächlich schon über ein Jahr her, dass Sie als Geschäftsführer von Nokia Display ausgeschieden sind. Seit April stehen Sie wieder in Amt und Würden, aber nicht mehr in der IT-Branche, sondern bei der Vorwerk-Gruppe ("Kobold"-Staubsauger, "Thermomix"-Küchengeräte), als Regional Director mit Verantwortung für Frankreich und England.

Von der IT-Branche ins Staubsauger-Geschäft. Damit liegen Sie ja im Trend: Die Flucht aus den Unternehmen der "New Economy" in die der "Old Economy" ist nach wie vor in vollem Gang. Manchmal ist es auch keine Flucht, sondern eine Vertreibung, weil das "New Economy"-Unternehmen gerade pleite ist oder nur noch mit Massenentlassungen das Überleben zu retten hofft. Aber über dieses Thema wollte ich gar nicht mit Ihnen reden, da ist, zumindest vom journalistischen Standpunkt aus gesehen, die Luft schon wieder raus.

Nein, was ich an Ihrem Wechsel zu Vorwerk so spannend finde, ist, dass Sie nicht nur die Branche gewechselt haben, sondern dass Sie zum Zweiten auch zu einem Unternehmen gegangen sind, das groß geworden ist mit dem Direktvertrieb seiner Produkte im Wohnzimmer und der Küche des Verbrauchers. Ganz schön groß sogar! Zwar ist der Umsatz im vergangenen Jahr auf 1,24 Milliarden Euro leicht zurückgegangen, aber jetzt läuft es wieder, wie man auf der Vorwerk-Homepage www.vorwerk.de erfährt. (Dreck ist schließlich immer da.) Und außerdem sind Sie jetzt an Bord. Da kann ja nichts mehr schief gehen.

Für Sie ist der Wechsel zu dem Traditionsunternehmen mit Stammsitz in Wuppertal sicher eine große Umstellung. Schon allein die Produktzyklen ... Wie oft bringt Vorwerk ein neues Produkt auf den Markt? Alle drei Jahre? Alle fünf? Alle zehn? Hoffentlich bekommen Sie keine Langeweile.

Oft ist es ja so, dass ein Blick über den Branchenzaun die Perspektive stark erweitert und Erkenntnisse vermittelt, die man in seinem früheren Job auch gut hätte brauchen können. Und genau das würde mich interessieren: Wie funktioniert das Vorwerk-Modell genau? Wie kann es erfolgreich sein? Wie kann Vorwerk den teuren Direktvertrieb profitabel gestalten? Und vor allem: Was kann die IT-Branche aus dem Vorwerk-Modell lernen? Kann sie überhaupt etwas lernen?

Es hat ja in der Vergangenheit schon einmal Versuche gegeben, auch PCs direkt an der Haustür zu verkaufen. Diese Versuche waren amateurhaft und wurden daher auch nach kurzer Zeit wegen Erfolglosigkeit wieder eingestellt. Kann man sich aber vorstellen, dass diese Vertriebsmethode auch im IT-Business funktioniert, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Ich vermute, dass vor allem die kurzen Produktzyklen gerade im PC-Bereich einer Übertragung des Vorwerk-Vertriebsmodells auf die IT-Branche im Wege stehen. Kaum hat der Verkäufer die Klinke des möglichen Kunden in der Hand, ist bereits das nächste PC-Modell auf dem Markt und der Vorläufer nichts mehr wert. Zudem gibt es gerade im PC-Bereich eine unüberschaubare Variantenvielfalt eines Modells. Das alles drückt auf die Margen, die bei längeren Produktzyklen und einer geringeren Variantenvielfalt in der IT-Branche sicher höher sein würden.

Bin schon sehr auf Ihre Antwort gespannt.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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