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28.06.2001

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Heidrick & Struggles

Geschäftsführung

Herrn Dr. Christoph Netta

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München, 25.06.01

Der deutsche Manager: krank und kriminell?

Sehr geehrter Herr Dr. Netta,

können Eltern ihren Kindern guten Gewissens empfehlen, eine Management-Karriere anzustreben? Zweifel sind angebracht. Denn der deutsche Manager ist, wenn man Studien seriöser wissenschaftlicher Institutionen glauben will, trotz seines vielen Geldes ein armes und krankes Schwein.

So fand das Karlsruher Institut für Arbeit- und Sozialhygiene heraus, dass

- 85 Prozent der Manager von Schlaflosigkeit, nervösen Magenbeschwerden und Herzrhythmusstörungen geplagt werden,

- 73 Prozent unter chronischen Rückenschmerzen leiden,

- 38 Prozent übergewichtig sind und

- 75 Prozent einen zu hohen Cholesterinspiegel haben (Herzinfarktrisiko).

Mit anderen Worten: Die Manager in Deutschland sind permanent übermüdet und körperliche Wracks. Die Ursache für diese alarmierende Situation:

- Zu viel Stress: 84 Prozent der Führungskräfte klagten, sie hätten mehr Stress als vor fünf Jahren

- Zu hohe Arbeitsbelastung: Mehr als die Hälfte aller Manager arbeitet mehr als 60 Stunden pro Woche

- Mangelndes Gesundheitsbewusstsein: Kaum einer macht sich Gedanken über gesunde Ernährung oder denkt daran, sich ausreichend sportlich zu betätigen.

Doch damit nicht genug: Nach einer Langzeitstudie der Fachhochschule Köln gehen bis zu 90 Prozent der Manager jeden Tag voller Angst ins Büro. Die Stufenleiter der Angst sieht so aus:

- Angst um den Arbeitsplatz - Angst vor Intrigen eines Rivalen

- Angst vor Krankheit - Angst vor einem Autoritätsverlust

- Angst vor Innovationen im Betrieb - Angst vor Verlust der Wertschätzung

- Angst davor, Fehler zu machen - Angst vor Überforderung

Die Folgen sind fatal: Weil ein Manager nach außen stark und furchtlos sein muss, ertränkt er seine Angst in Alkohol oder schüttet sie mit Medikamenten zu. Allein der Medikamentenmissbrauch und die dadurch entstehende Leistungsminderung der Manager um 20 Prozent verursacht den Unternehmen einen Gesamtschaden von 20 Milliarden Mark im Jahr, rechnet die Kölner FH vor.

Möglicherweise besteht zwischen diesen katastrophalen Studienergebnissen über die physische und psychische Kondition der Manager sowie den Ergebnissen einer anderen Untersuchung ein Kausalzusammenhang. Nach einer bereits aus dem Jahr 1999 stammenden Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriveWaterhouseCoopers und der Wirtschaftskanzlei BBLP hat die Wirtschaftskriminalität im Management erheblich zugenommen. In 80 Prozent der Straftaten, die von Angehörigen des eigenen Unternehmens begangen wurden, sitzen die Täter in der Chefetage. Die häufigsten Delikte: Korruption, Bilanzmanipulation, Spionage, Betrügereien im Zusammenhang mit dem Verkauf von Unternehmen und Beteiligungen, Urkundenfälschungen.

Diese physisch und psychisch kranken und zum Teil kriminellen Menschen tragen die Verantwortung für zig- und hunderttausende von Angestellten und deren Familien. Da kann einem schon ganz schön anders werden. Ist das der Preis, der gezahlt werden muss, oder gibt es Alternativen und Lösungen? Und noch einmal die Frage: Können Eltern ihren Kindern guten Gewissens empfehlen, eine Management-Karriere anzustreben?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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