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25.05.2001

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CE Consumer Electronic AG

Vorstand

Herrn Erich Lejeune

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München, 21.05.01

FC Schalke 04: Lernen fürs Leben

Sehr geehrter Herr Lejeune,

am Ende haben es die Schalker dann doch nicht geschafft und viele Fans waren traurig. (Da gibt es dieses wunderschöne sentimentale Lied: "Wenn ein Schalker Junge weint, sind die Tränen blau und weiß...") Auch in Unterhaching waren viele Menschen traurig, denn die Spiel-Vereinigung ist abgestiegen in die zweite

Liga. Das viele Geld, das Sie als Hauptsponsor der SpVgg Unterhaching überwiesen, und die vielen motivie-renden Werbeplakate der CE Consumer Electronics AG, die Sie im Stadion aufgehängt hatten, konnten den Abstieg in die Zweitklassigkeit nicht verhindern.

Vom Fußball kann man ja viel fürs Leben lernen, vor allem Banalitäten ("Das Spiel ist erst dann zu Ende, wenn der Schiedsrichter abpfeift" und so). Am meisten kann man aber von einem Verein lernen: vom FC Schalke 04. Auch Menschen, die in verantwortlicher Position im Wirtschaftsleben stehen, können sich viel vom Gelsen-kirchener Traditionsverein abschauen. Zum Beispiel in Bezug auf eine professionelle Langfristplanung. Als Schalke-Manager Rudi Assauer 1997 erklärte, dass Schalke in einigen Jahren "die zweite Kraft" im deutschen Fußball werden würde, hatten sich viele Experten mitleidsvoll grinsend an die Stirn getippt. Die Gelsenkirchener hatten zwar gerade den UEFA-Cup gewonnen, in der Bundesliga aber lagen sie irgendwo auf dem 13. oder 14. Tabellenplatz.) Was haben Assauer und sein Cheftrainer Huub Stevens getan? Sie haben konsequent auf das gesteckte Ziel hingearbeitet. Dazu gehörte auch eine gezielte Investition in neue Spieler (Sand, Mpenza, Möller). Heute ist Schalke Vizemeister und in die Championsleague aufgestiegen.

Noch etwas kann man vom FC Schalke lernen: Es ist zuweilen vernünftig und klug, den Geschäftsführer oder den Vorstandsvorsitzenden nicht rauszuschmeißen, obwohl dies von vielen gefordert wird. Beweis: Am Anfang der Saison 98/99 stand Schalke-Trainer Stevens wegen des ausbleibenden Erfolgs enorm unter Beschuss. Für die Sport-Kommentatoren ging es nur noch um die Frage, wann genau Assauer ihn feuern würde. Doch der Schalke-Manager tat nichts dergleichen, sondern stärkte seinem Trainer den Rücken. Ergebnis: Heute ist Schalke Vizemeister und in die Championsleague aufgestiegen. "Quod erat demonstrandum", wie der Schalke-Fan in diesen Fällen zu sagen pflegt.

Dennoch ist klar: Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle. (Auch so eine Sportlerweisheit, die man in vielen Lebenslagen gut gebrauchen kann.) Falls der FC Schalke schlecht in die kommende Saison starten sollte, wird Trainer Stevens erneut in der Kritik stehen. Dann interessiert niemanden mehr der Erfolg von gestern. Dann beginnen wieder die Diskussionen darüber, ob er noch der richtige Mann ist, und schon bald werden die ersten Rufe nach seiner Ablösung laut. Auch dies kennt man aus dem Wirtschafts-leben. Das letzte Geschäftsjahr wurde der Vorstandschef noch wegen seiner guten Zahlen gefeiert, dann, nach ein, zwei Quartalen mit schlechten Ergebnissen, muss er um seinen Stuhl bangen. Dann wird aus dem Helden schnell der Anti-Held. Und dann wären wir wieder beim Thema von oben: Die Wahl zwischen Feuern oder dem Schalke-Weg.

Natürlich: Ein Bundesligatrainer wie ein Unternehmensvorstand oder Geschäftsführer stehen immer unter Erfolgsdruck. So läuft das Business und das ist Bestandteil des Jobs. Und ausruhen können sie sich eigentlich nie. Denn auch hier gilt die alte Fußballweisheit: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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