Mit freundlichen Grüßen ...

01.03.2001

ComputerPartner

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Intershop Communications GmbH

Frau Ines Ballerstädt

Amsinckstr. 57

D-20097 Hamburg

München, 26.02.2001

Eine streng vertrauliche Pressemitteilung

Sehr geehrte Frau Ballerstädt,

am Donnerstag Nachmittag vergangener Woche fragte mich meine Kollegin Beate Wöhe etwas ratlos, was sie mit einer E-Mail machen solle, die gerade auf ihrem Rechner gelandet war. Diese E-Mail kam von Ihnen, und das Problem war der (die? das?) "E-Mail Disclaimer" zu Beginn des Textes. Darin heißt es unter anderem:

"Der Inhalt dieser E-Mail ist ausschliesslich fuer den bezeichneten Adressaten bestimmt." Als Adressat ist in dem entsprechenden Feld "PR BACKOFFICE" angegeben. Nun gibt es in der ComputerPartner-Redaktion kein "PR BACKOFFICE". Also ein Irrläufer? Kann passieren. Doch dann heißt es in Ihrem (Ihrer?) "E-Mail-Disclaimer" weiter: "Wenn Sie nicht der vorgesehene Adressat dieser E-Mail oder dessen Vertreter sein sollten, so beachten Sie bitte, dass jede Form der Kenntnisnahme, Veroeffentlichung, Vervielfaeltigung oder Weitergabe des Inhalts dieser E-Mail unzulaessig ist." Starker Tobak. Nicht einmal von der Nachricht Kenntnis nehmen durfte meine Kollegin, sogar das Lesen ist unzulässig. Geschweige denn die Weitergabe oder die Veröffentlichung! Was einem droht, wenn man dagegen verstößt, kann man sich nur ausmalen, denn darüber gibt Ihre E-Mail keine Auskunft. Aber angenehm ist es bestimmt nicht. Und noch eine Frage bleibt offen: Wenn man nun der richtige Adressat oder dessen Vertreter ist, darf man dann den Inhalt Ihrer E-Mail veröffentlichen, vervielfältigen und weitergeben?

Ich habe trotz dieser Warnhinweise mal einen Blick riskiert auf den Abschnitt Ihrer Nachricht, der unterhalb des (der?) "E-Mail-Disclaimer" steht. Da gibt es eine Überschrift, und die lautet: "KPMG Consulting erster Premier-Partner von Intershop." Na wenn das keine Schlagzeile ist! Diese Information wäre für viele unserer Leser hochinteressant. Schließlich ist, wie man (unzulässiger Weise?) weiter lesen kann, "das globale Implementierungspartner-Programm" für Intershop "ein entscheidender Faktor, um seine Position als einer der weltweit führenden Anbieter von Business-Lösungen zu behaupten und weiter auszubauen". Also auch für Intershop etwas ganz Wichtiges. Und damit ebenfalls für die Intershop-Aktionäre, von denen es auch unter unseren Lesern ein paar geben soll (man erkennt sie daran, dass sie zwar einen ähnlich traurigen Blick haben wie die Telekom-Aktionäre, sich aber im Gegensatz zu letzteren immer noch rasieren).

Ganz klar, dass wir wahnsinnig gern ausführlichst über diese Kooperation zwischen Intershop und KPMG berichtet hätten. Doch die Frage war: Dürfen wir oder dürfen wir nicht? Vielleicht handelt es sich ja um eine geheime Nachricht für den Intershop-Aufsichtsrat, die nur aus Versehen bei meiner Kollegin Wöhe gelandet ist. Wenn wir diese Information verbreiten, so unsere bange Frage, verstoßen wir dann gegen das Insidergesetz? Ich habe Frau und Kinder, und die Rechtsanwälte von Intershop sollen ja besonders gnadenlos sein.

Deshalb nehmen wir gerne Ihr Angebot an, dass sich alle Empfänger, die nicht der vorgesehene Adressat Ihrer E-Mail sind (also "PR BACKOFFICE"), "mit dem Absender der E-Mail in Verbindung setzen", also mit Ihnen. Und ich frage Sie: Was tun? Und wenn Sie schon dabei sind, verraten Sie mir bitte auch, wie ich den Ausdruck "E-Mail-Disclaimer" am besten ins Deutsche übersetze. Und dann würde mich noch interessieren, ob es "der", "die" oder "das" "E-Mail-Disclaimer" heißt.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

P.S.: Ich hätte Ihnen diesen Brief gerne per E-Mail zugeschickt. Aber auch hier hat mich Ihr "E-Mail-Disclaimer" vorsichtig werden lassen. Denn dort heißt es: "Wir moechten Sie darauf hinweisen, dass die Kommunikation per E-Mail ueber das Internet unsicher ist, da fuer unberechtigte Dritte grundsaetzlich die Moeglichkeit der Kenntnisnahme und Manipulation besteht." Bloß das nicht! Kenntnisnahme und Manipulation meiner E-Mails durch unberechtigte Dritte lehne ich schon aus Tradition ab. Und ich habe mir gedacht, wenn schon ein Unternehmen wie Intershop, das sich mit dem Internet nun wirklich auskennt, solche Warnungen ausspricht, dann kann man ja gar nicht vorsichtig genug sein. Daher schicken wir diese Nachricht lieber per Post.

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