Mit freundlichen Grüßen ...

22.02.2001

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Norbert Reithmann

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München, 19.02.2001

Sehr geehrter Herr Reithmann,

wenn der Gründer der PCM Professionelle Computersysteme München GmbH, heute Debis Systemhaus PCM Computer AG, nach 18 Jahren von der Kommandobrücke geht, dann kann man das nicht einfach unter den Tisch kehren. Schließlich steht hinter der Entwicklung der PCM von der 1983 gegründeten Drei-Mann-Butze bis zum heutigen Giganten mit mehr als 2.000 Mitarbeitern und über eine Milliarde Mark Umsatz eine unternehmerische Leistung, vor der man den Hut ziehen muss. Und dann geht der Gründer - "einer der letzten Heroen der deutschen Systemhaus-Szene", wie einer aus Ihrem Umfeld Sie nannte - Ende vergangenen Jahres von Bord, und kaum jemand nimmt davon Notiz. Keine Feier, keine Erklärung, nur das Getuschel hinter vorgehaltener Hand, dass der Abgang wohl nicht ganz freiwillig erfolgt sei.

Vor ein paar Wochen kündigte Telekom-Vorstand Jo Brauner den offiziellen Start der T-Systems International GmbH an. Das ist das Unternehmen, unter der die IT-Töchter der Telekom und das Debis Systemhaus jetzt zusammengefasst werden. Eine Super-Firma mit einer phantastischen Zukunft, wenn man Brauner glauben will. Leider knirscht es in dem Unternehmen gewaltig, und das nicht erst seit gestern. "Nichts macht Sie stärker als das perfekte Zusammenspiel aller Kräfte", steht auf der Homepage von Debis PC. Was das Zusammenspiel der Telekom und Debis Systemhaus betrifft, ist man von Perfektion noch meilenweit entfernt. Meine Kollegin Marzena Fiok hat ein wenig recherchiert, und ihren Artikel dazu können Sie auf Seite 14 dieser Ausgabe lesen.

Natürlich wurde Brauner auch gefragt, warum so viele Mitarbeiter und Führungskräfte vor allem aus dem ehemaligen Debis-Systemhauslager das Unternehmen verlassen haben. Das eine Drittel habe man, so Brauner, leider an die Konkurrenz verloren. Ein weiteres Drittel sei aus Altersgründen ausgeschieden. Und das letzte Drittel seien diejenigen, von denen man sich getrennt habe, weil sie "den neuen Weg nicht mitgehen wollten". Zu dieser letzten Gruppe zählt Brauner wohl Sie, sehr geehrter Herr Reithmann, denn der vorgezogene Ruhestand wäre für Sie mit Ihren 42 Jahren wohl ein bisschen sehr vorgezogen.

Also: Warum musste Norbert Reihtmann gehen? Das hätte ich Sie gerne selbst gefragt. Doch leider gingen meine Anrufe bei Ihnen Zuhause immer ins Leere. Vielleicht im Urlaub und vergessen, den Anrufbeantworter einzuschalten? Also hörte ich mich ein bisschen in der Branche um. "Reithmann ist ein mitunter schwieriger Mensch, der dazu neigt, schonungslos seine Meinung zu sagen und auch einmal auf den Tisch zu hauen, wenn hochgestellte Leute darum versammelt sind, die so etwas von einem Untergebenen nicht gewohnt sind. Wenn Reithmann dann auch noch laut die Kompetenz dieser Herren in Frage stellt, kommt das nicht immer gut an", sagte mir einer. "Wer in diesem brutalen Systemhausmarkt ein Unternehmen so aufgebaut hat wie der Reithmann, der passt einfach nicht in einen Konzern", meinte ein anderer kurz und knapp.

Natürlich, ein Rausschmiss tut weh, aber Sie sollten es positiv sehen. Endlich sind Sie aus der Mühle raus. Und im Ernst, Herr Reithmann, wollen Sie sich wirklich noch einmal den Stress einer Fusion antun? Denken Sie an Ihre Gesundheit: Wissenschaftler haben jetzt festgestellt, dass in fusionierten Unternehmen die Herzinfarktrate merklich ansteigt. Beobachten Sie doch lieber ganz entspannt die Entwicklung der neuen T-Systems. Sie können zum Beispiel überprüfen, ob sich tatsächlich in den ersten fünf Jahren nach einer Fusion 70 Prozent des Managements aus dem Staub machen, wie das Institut für Mergers & Acquisitions an der Universität Witten/Herdecke beobachtet hat.

Und Sie sind jung genug, um noch einmal etwas auf die Beine zu stellen, wenn Sie wollen. Ich kenne einige ehemalige Manager und Unternehmer, die nach ihrem Ausstieg regelrecht aufgeblüht sind und wieder richtig Spaß am Leben haben. Ein Aufsichts-ratsposten hier, ein kleiner Kapitalanteil dort - man kann es schlechter treffen.

Vielleicht klappt es ja doch noch, dass ich Sie telefonisch erreiche. Oder Sie melden sich bei mir. Würde mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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