Mit freundlichen Grüßen ...

24.10.2002

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Herrn Jürgen Thiel

Dornacher Str. 1

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München, 21.10.02

Das Problem des Käfer-Fahrers

Sehr geehrter Herr Thiel,

auch wenn die Messegesellschaft etwas anderes behauptet: Die Stimmung auf der diesjährigen Systems war im Keller. Selbst ansonsten notorische Optimisten klagten über die schlechte Lage und die düsteren Aussichten. Gleichzeitig aber war ein interessantes Phänomen zu beobachten: Die miese Stimmung geht den Leuten zunehmend auf den Geist. Was einen deprimierten Menschen am meisten nervt, ist ein anderer deprimierter Mensch. Daher war auf der Messe immer häufiger der Appell zu hören, es müssen endlich Schluss sein mit der Jammerei. Die Münchener Messegesellschaft wollte in puncto Optimismus mit gutem Beispiel vorangehen und bot wie in den besten Zeiten in der Dealers-only-Halle französischen Champagner an, für 45 Euro die Pulle. Gut, gekauft hat sie niemand, denn das kann sich keiner leisten, wegen der schlechten Lage. Außerdem: Wer auf der Messe öffentlich eine Champagnerflasche geköpft hätte, über den hätten sich doch die anderen Aussteller sofort das Maul zerrissen: "Bei denen kommt es auch nicht mehr drauf an. Die begießen schon ihre Pleite."

Sie selber, sehr geehrter Herr Thiel, haben sich auch zur Branchenlage geäußert. Während sich der Privatmarkt ganz gut entwickelt, sind die Taschen der Unternehmer wie zugenäht, haben Sie festgestellt. Obwohl in den deutschen Büros mit veraltetem IT-Equipment gearbeitet wird, investieren die Verantwortlichen nicht in moderne Geräte. Der Grund: Das Geld fehlt, sagen Sie. Es geht aber nach meiner Überzeugung gar nicht in erster Linie ums Geld. Sondern diese Unternehmen sehen nicht die Notwendigkeit, in neues IT-Equipment zu investieren. Solange das Material funktioniert und die IT-Industrie dem Unternehmer nicht ein gutes Argument liefert, warum er aufrüsten soll, wird er es nicht tun. Er ist ja nicht blöd.

Wenn Sie, sehr geehrter Herr Thiel, beispielsweise einen alten VW-Käfer hätten, den Sie nur dafür bräuchten, um am Wochenende ins Grüne zu fahren, und dieser alte Käfer - nicht der Schnellste, nicht der Schönste, nicht der Sparsamste, nicht der Komfortabelste - läuft und läuft und läuft, würden Sie dann einen neuen Golf kaufen, zumal wenn Sie knapp bei Kasse wären? Sie würden nur dann Ihr letztes Geld für die Anschaffung eines Autos zusammenkratzen, wenn Sie mit dem neuen Auto etwas tun könnten, was Ihr alter Käfer nicht kann, was Ihnen aber sehr wichtig ist. Mehr PS, geringerer Spritverbrauch, höhere Geschwindigkeit, das alles sind für Sie keine Argumente, bei den paar Kilometern, die Sie am Wochenende mit dem Auto fahren!

Nein, damit Sie ein neues Auto kaufen, müsste schon ein starkes Argument her. In Ihrem angenommenen Fall wäre Ihr Problem, dass Ihr alter Käfer einen Heidenlärm macht und Sie am Wochenende, wenn Sie in aller Herrgottsfrühe den Motor anwerfen, immer die ganze Nachbarschaft aus den Betten schmeißen. Daher haben Sie hier viele Feinde. Und darunter leiden Sie. Nun wird derjenige Autoverkäufer Ihnen einen Neuwagen verkaufen können, der dieses Problem erkennt und Ihnen die Lösung bietet. Der neue Golf würde Ihnen dazu verhelfen, Frieden mit Ihrer Nachbarschaft zu schließen.

Und genauso ist es mit PCs. Wenn Sie die Unternehmer dazu bringen wollen, in neues Equipment zu investieren, dann müssen Sie gute Argumente liefern. Prozessorleistung und Festplattengröße gehören nicht dazu. Es muss ein konkreter Nutzen erkennbar sein. Und ich sage Ihnen einen: Verringerung des Krankenstandes und Steigerung der Produktivität durch geräuscharme - oder besser noch geräuschlose - PCs. Die alten Kisten sind einfach laut, und Lärm macht krank. Also raus mit ihnen. Zweifellos gibt es irgendwo eine wissenschaftliche Untersuchung, die den schädlichen Einfluss lärmender PCs auf die Gesundheit und die Produktivität belegt. Diesen Zusammenhang muss man den Unternehmen nahe bringen. Ich garantiere Ihnen: Dann investieren sie auch wieder.

Und dann können wir auf der nächsten Messe alle zusammen auch wieder anstoßen. Es muss ja nicht gleich Champagner sein.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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