Mit freundlichen Grüßen ...

29.08.2002

ComputerPartner

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Adiva Computertechnologie GmbH

Geschäftsführung

Herrn Uli Meyer

Norsk-Data-Straße 1

61352 Bad Homburg

München, 26.08.02

Wann und unter welchen Bedingungen muss man sein Geschäftsmodell ändern?

Sehr geehrter Herr Meyer,

ein Distributor verkauft seine Ware an den Einzelhandel, der sie weiter an den Endkunden verkauft. Dass dies graue Theorie ist, ist bekannt. In der Praxis nehmen es viele Distributoren nicht so genau. Da wird dann schon einmal ein Endkunde zum Wiederverkäufer und bekommt seine Ware direkt vom Großhändler. Dabei legen die Distributoren großen Wert darauf, dass diese Praxis streng geheim bleibt und nicht an die Öffentlichkeit kommt. Man will die verehrte Händlerschaft ja nicht verärgern.

Nicht so Adiva. Adiva ist der erste Distributor, der seine Endkundengeschäfte sogar per Pressemitteilung publik macht. Das ist eine echte Premiere. Ich beziehe mich natürlich auf Ihre Presseinfo vom 21. August, in der Sie bekannt geben, dass die amerikanische CMS, weltweit Marktführer für radiologische Therapiezentren, Ihr Unternehmen als "CMS-Approved Vendor" zertifiziert hat. Damit ist Adiva berechtigt, im Auftrag der CMS IT-Infrastruktursysteme wie zum Beispiel HP-Unix-Workstations zu konfigurieren und auszuliefern. Die Lieferung erfolgt, wie Sie mitteilen, "direkt an die von der CMS betreuten Krankenhäuser im gesamten EMEA-Gebiet". Die "Implementierung der Systeme vor Ort erfolgt durch die CMS".

Dass wir uns nicht missverstehen: Ich finde es wirklich klasse, dass Sie diese Auszeichnung der CMS erhalten haben. Aber eben so klar ist: Mit Distribution hat dies nichts zu tun.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten, diese Nachricht einzuordnen:

1. Adiva hat es schon vorher mit der Trennung von Distributions- und Endkundengeschäft nicht so genau genommen. Dass Sie dies jetzt auch der Öffentlichkeit mitteilen, ist der Champagner-Laune zuzuschreiben, in der Sie sich nach der CMS-Zertifizierung befanden. Nüchtern betrachtet ist Idee vielleicht doch nicht so gut.

2. Die zweite Erklärung ist, dass sich Adiva in diesen schwierigen Zeiten genötigt sieht, zu nehmen, was sie kriegen kann. Distributor hin oder her, der Umsatz muss kommen, und wenn er nicht von den Systemhäusern und Integratoren kommt, dann eben von den Endkunden. Irgendwie verständlich, schließlich muss man ja auch seine Mitarbeiter bezahlen. Aber ist dieses Verhalten auch klug und richtig?

Über das für die Händler und Systemhäuser schädliche Direktgeschäft vieler Distributoren ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Es mag sein, dass in einer schwachen Konjunktur die Selbstverpflichtung, sich an die Regeln zu halten, aufweicht. Das macht die Sache aber nicht besser. Es bleibt dabei: Ein Distributor, der Endkunden direkt beliefert, tritt damit in ein Konkurrenzverhältnis zu seinen Vertriebspartnern. Wer so handelt, handelt unsauber und unredlich.

Etwas völlig anderes ist dies: In diesen harten Zeiten fragen sich mehr und mehr Unternehmer: Kann ich so, wie ich bisher am Markt operiert habe, weiterhin bestehen und Erfolg haben? Diese Frage ist wesentlich und lässt sich auch so formulieren: Wann und unter welchen Bedingungen muss ich mein Geschäftsmodell ändern? Meine Meinung: Nur unter den äußersten Bedingungen. Dann, wenn es gar nicht mehr anders geht. Wenn alle übrigen Maßnahmen, vor allem auf der

Kostenseite, gescheitert sind. Wenn die Alternative lautet: ändern oder untergehen.

Ich bin zuversichtlich, sehr geehrter Herr Meyer, dass bei Ihrem Unternehmen, der Adiva GmbH, diese aufgezeigte Alternative "ändern oder untergehen" nicht auf der Tagesordnung steht. Dennoch bleibt die Frage, wie die CMS-Aktivitäten Ihres Hauses - und womöglich gibt es auch weitere vergleichbare - zu bewerten sind.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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