Mit freundlichen Grüßen

22.08.2002

ComputerPartner

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NetManage Software GmbH

Geschäftsführung

Herrn Hans Pfau

Mühlweg 2

82054 Sauerlach

München, 19.08.02

In welcher Maßeinheit misst man eigentlich eine "Herausforderung"?

Sehr geehrter Herr Pfau,

gerne begründet ein Manager seinen Wechsel auf eine höhere Position bei einem anderen Unternehmen mit der "Herausforderung", die damit verbunden sei. Genau wie Sie. Sie haben ja auch erklärt, dass Sie sich auf "die neue Herausforderung" als NetManage-Geschäftsführer freuen. Das ist schön für Sie. Aber ist es auch gut für das Unternehmen? Ich frage mich, ob ich ein gutes Gefühl hätte, wenn jemand die Geschäfte meines Unternehmens führen sollte, der diesen Job als "Herausforderung" betrachtet. Ich glaube, ich hätte ein besseres Gefühl, wenn dies jemand erledigen würde, der schon einmal gezeigt hat, dass er so etwas kann.

Stellen Sie sich vor, sehr geehrter Herr Pfau, Sie möchten, dass jemand in Ihrem Auftrag auf den Gipfel des Mount Everest steigen sollte, um dort etwas zu erledigen. Wem würden Sie diesen Job eher anvertrauen? Jemandem, der bisher lediglich auf 2.000 und 3.000 Meter hohen Bergen stand und für den die Besteigung des 8.848 Meter hohen Mount Everest somit eine echte "Herausforderung" wäre? Oder doch eher demjenigen, der bereits mehrmals auf einem 8.000er Gipfel stand und somit bewiesen hat, dass er zu solchen Leistungen in der Lage ist?

Nachdem dies geklärt ist, nun eine zweite Sache: Wenn jemand von einer "Herausforderung" spricht, was meint er eigentlich damit? Gibt es eine Maßeinheit, mit der sich eine berufliche Herausforderung messen lässt? Meines Wissens nicht, und daher habe ich beschlossen, diese Lücke zu schließen. Zuerst dachte ich, die Maßeinheit für eine "Herausforderung" sei schlicht und ergreifend Euro (oder Dollar, Pfund und so weiter). Wenn Sie also erklären, dass Sie sich auf die neue Herausforderung bei NetManage freuen, dann hieße dies nichts anderes, als dass Sie sich auf die vielen Euros freuen, die Sie als frisch gebackener Geschäftsführer erhalten.

Doch diese Gleichsetzung greift zu kurz, wie folgendes Beispiel zeigt: Ron Sommer hat bei der Telekom Millionen Euro im Jahr verdient. Sollte er nun den Job von Malermeister Pinsel übernehmen, der mit deutlich weniger Euro dotiert ist, würde dies trotzdem eine große Herausforderung für Sommer sein, weil er vom Anstreichen und Tapezieren keine Ahnung hat. Um diesen Faktor zu berücksichtigen, habe ich gestern Abend eine Formel entwickelt, mit der sich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe erschlagen lassen. Erstens lässt sich die Höhe einer beruflichen Herausforderung berechnen, und zweitens lässt sich aus Sicht eines Arbeitgebers feststellen, ob jemand für den Job geeignet ist oder nicht.

Die Formel besteht aus den drei Elementen "Eigene Voraussetzungen, um den Job erfolgreich zu bewältigen" (1 = schlechte Voraussetzungen, 10 = optimale Voraussetzungen), "Gehalt (inklusive aller zusätzlichen Leistungen)" und dem "Risiko zu scheitern" (1 = so gut wie kein Risiko, 10 = sehr hohes Risiko). Die Formel lautet:

(Eigene Voraussetzungen x Gehalt) : Risiko zu scheitern = x

Beispiel für einen Top-Job, der einem Top-Kandidaten angeboten wurde. Seine Voraussetzungen sind sehr gut, das Risiko zu scheitern sehr gering, das Gehalt angemessen:

(9 x 750.000) : 2 = 3.375.000

Derselbe Job für jemanden mit schlechten Voraussetzungen und hohem Risiko:

(2 x 750.000) : 9 = 166.666

Es gilt: Je niedriger der errechnete Wert, desto größer die Herausforderung (desto ungeeigneter der Bewerber). Der erste Kandidat ist in diesem Beispiel etwa 20 Mal so viel wert wie der zweite. Oder anders: Der zweite Kandidat dürfte für denselben Job nicht mehr als 37.500 Euro im Jahr verdienen. Interessant, nicht wahr? Gut, ich gebe zu, die Formel ist noch nicht serienreif, aber es ist schon mal ein Anfang. Vielleicht haben Sie ja eine Idee, wie man sie zu einem Instrument entwickeln kann, mit dem sich arbeiten lässt. Wäre doch eine schöne Herausforderung.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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