Mit freundlichen Grüßen ...

14.03.2002

ComputerPartner

Chefredaktion

Tel.: 089/3 60 86-388

Fax: 089/3 60 86-389

E-Mail: dsicking@computerpartner.de

Ingram Macrotron AG

Vorstand

Herrn Michael Kaack

Heisenbergbogen 3

85609 Dornach bei München

München, 11.03.2002

PS2, X-Box, Gamecube - wo bleibt der Spieltrieb der IT-Distributoren?

Sehr geehrter Herr Kaack,

der Donnerstag dieser Woche ist X-Box-Day! Ab dann darf man auch in Europa Microsofts Spielekonsole kaufen. Kann man sagen, dass es endlich X-Box-Day ist, so wie man sagt, es ist endlich Weihnachten? Aus Sicht von Microsoft vielleicht. Aus Sicht des deutschen Konsolenspielers bin ich nicht so sicher.

Die Vorbesteller halten sich zurück (mehr dazu in unserem Artikel auf Seite 14 dieser Ausgabe). So liegt die X-Box in der Gunst der Vorbesteller bei Versender Amazon weit abgeschlagen hinter dem Gamecube von Nintendo. Nur 33 Prozent der Vorbesteller haben sich bis heute für die Microsoft-Konsole entschieden, 67 Prozent wollen dagegen lieber bis Mai auf den Gamecube warten.

Aus Anlaß der X-Box-Einführung habe ich mir den Konsolenmarkt in Deutschland mal etwas genauer angeschaut, und zwar in erster Linie von der Handelsseite aus. Meine Frage war: Wenn mit Microsoft ein Unternehmen der Computerbranche in dieses Segment einsteigt, vielleicht sollten dann IT-Groß- und -Einzelhändler mit auf den Zug springen.

Das Marktvolumen ist schon mal nicht zu verachten. Allein mit Software setzte die gesamte Spielebranche nach Angaben des Verbands der Unterhaltungssoftware Deutschland e.V. (VUD) im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Milliarden Euro um (davon rund 560 Millionen Euro mit Software für Videokonsolen). Etwa 70,5 Millionen (!) Einheiten wurden insgesamt verkauft, davon gut 16 Millionen Konsolenspiele. Den Hardwareumsatz im Konsolenbereich beziffert VUD-Geschäftsführer Hermann Achilles auf 380 bis 400 Millionen Euro Umsatz (alle Angaben Endverbraucherpreise inklusive Mehrwertsteuer). Etwa 400.000 Sony-PS2-Konsolen gingen über den Ladentisch, 200.000 bis 300.000 Einheiten des Vorgängermodells PSone, dann noch 300.000 Stück der Handheld-Konsole Gameboy-Color, um nur die wesentlichen Hardwareplattformen zu nennen. Den Zubehörmarkt sollte man auch nicht vergessen: Lenkräder, zusätzliche Gamepads und was der Spieler sonst noch so benötigt.

Also ein Gesamtmarkt ohne PC-Spiele und -Hardware von summa summarum etwa einer Milliarde Euro. Durchaus nicht zu verachten. Zumal Marktkenner erwarten, dass das Volumen durch die Einführung der beiden neuen Konsolen in diesem Markt noch einmal um 20 bis 25 Prozent zulegen kann. Gleichwohl meine ich, dass die deutschen Computerhändler vom Konsolenmarkt die Finger lassen sollten. Denn wie VUD-Geschäftsführer Achilles mir am vergangenen Freitag mitteilte, haben die großen Retailer wie Media-Markt, Saturn, Karstadt, Kaufhof, Promarkt und so weiter den Absatzmarkt an der Endkundenfront zu einem großen Teil unter sich aufgeteilt. Der Anteil der so genannten "independent Retailer", also der unabhängigen Fachhändler inklusive Buchhandel und Spielwarenhandel, liegt bei lediglich 25 bis 30 Prozent. Zwar meinte Achilles, dass auch Neueinsteiger in diesem Handelssegment nicht ohne Chance sind, wirklich gebraucht werden sie aber wohl nicht.

Auf der Distributorenseite sieht die Sache etwas anders aus. Der Markt ist stark fragmentiert. Das Fachblatt für den Spielemarkt "MCV" veröffentlicht in seiner aktuellen Ausgabe eine Übersicht über die führenden Distributoren in diesem Segment. Und ich war überrascht. Überrascht, wie klein diese Großhändler sind. Das kleinste Unternehmen, Videogame aus Babenhausen-Sickenhofen, hat 5, das größte, AK Tronic aus Saerbeck, 130 Mitarbeiter. Dazwischen liegen zum Beispiel Groß Electronic mit 16 und MFP mit 40 Mitarbeitern. Ein klarer Marktführer, ein Distributor, der den Markt beherrscht, ist nicht zu erkennen, zumal AK Tronic nur ansatzweise im Konsolengeschäft tätig ist.

Vor diesem Hintergrund frage ich mich, ob der Einstieg in dieses Marktsegment für einen IT-Distributor wie Ingram Macrotron nicht eine interessante Erweiterung der Geschäftsaktivitäten darstellen könnte. Die logistischen Voraussetzungen sollten für Sie kein Thema sein. VUD-Geschäftsführer Achilles meinte zwar, dass die bestehenden Spiele-Distributoren ihre Sache schon recht gut machen, aber Raum für Verbesserungen gibt es natürlich auch hier.

Wäre doch mal eine Sache, über die Sie nachdenken könnten. Oder haben Sie etwa schon entsprechende Pläne in der Schublade?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

Zur Startseite