Mit freundlichen Grüßen ...

24.07.2003

ComputerPartner

Chefredaktion

Tel.: 089 36086-388

Fax: 089 36086-389

E-Mail: dsicking@computerpartner.de

Datasec GmbH

Geschäftsführung

Herrn Gerhard Weber

Weiterstraße 57

57072 Siegen

München, 21.07.2003

Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt es an der Badehose

Sehr geehrter Herr Weber,

woran liegt es, wenn ein Produkt keinen Erfolg am Markt hat, oder nicht den, den es nach der Überzeugung der Unternehmensleitung eigentlich haben müsste? Ganz klar, es liegt an den anderen. Es liegt ja immer an den anderen, wenn etwas nicht klappt, wenn Fehler passieren oder wenn es insgesamt nicht so richtig läuft. Gerade im gehobenen Management hat es Tradition, andere für eigene Versäumnisse oder für eigenes Versagen verantwortlich zu machen. Aus im wahrsten Sinne des Wortes nahe liegenden Gründen sind es meistens die eigenen Mitarbeiter ("Hab ich es denn hier nur mit Idioten zu tun?"), deren Dummheit, Faulheit und Gleichgültigkeit in den Augen der Chefs die wesentlichen Erfolgsverhinderer einer Firma sind.

In Ihrem Fall liegt es an den Vertriebspartnern, an den Händlern und Systemhäusern. Die sind schuld daran, dass Ihre Backup-Lösung noch nicht der große Markterfolg ist, den Sie sich wünschen (Artikel dazu auf Seite 15 dieser Ausgabe). Das heißt, mit anderen Worten, im Umkehrschluss:

- Am Produkt kann es nicht liegen, denn das ist spitze.

- Am fehlenden Bedarf kann es auch nicht liegen, denn der ist - nachweisbar - da.

- Am Preis kann es ebenfalls nicht liegen, denn der ist absolut wettbewerbsfähig.

- An Ihnen kann es auch nicht liegen, denn Sie haben alles Sinnvolle getan, um Ihre Vertriebspartner zu motivieren, Ihr Produkt engagiert zu vermarkten.

Tja dann, dann kann's ja nur an den Vertriebspartnern liegen!

Als ich von Ihren Vorwürfen in Richtung Vertriebspartner hörte, fiel mir spontan Siegfried Philipp ein. Philipp war Vorstandsvorsitzender der Prout AG, und der hatte, genau wie Sie, im Herbst 2001 seinen Vertriebspartnern den schwarzen Peter dafür zugeschoben, dass der Erfolg seiner Druckerlösung "Inform" ausblieb. Nach dem Motto "Wenn man nicht alles selber macht ..." hat Philipp dann vom indirekten auf den direkten Vertrieb umgestellt mit der Folge, dass sein Unternehmen in immer größere wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und Philipp irgendwann als Vorstandsvorsitzender abgelöst wurde. Offenkundig lag es wohl doch nicht an der "mangelnden Schlagkraft" (Philipp) der Vertriebspartner, sondern an internen Gründen der Firma Prout.

Selbst wenn Sie Recht haben, sehr geehrter Herr Weber, und Ihre Vertriebspartner wirklich nicht so mitziehen, wie Sie sich das wünschen, müssen Sie sich die Frage gefallen lassen: Wer hat die Vertriebspartner ausgesucht? Es kann ja sein, dass Sie für die Vermarktung Ihres Produktes die "falschen" Vertriebspartner haben, aber ist dies die Schuld der Vertriebspartner? Wenn, um ein Beispiel zu bringen, der Geschäftsführer eines Autohauses für seine Verkaufsabteilung nur Theologen einstellen würde, wer wäre dann wohl dafür verantwortlich, wenn die Verkaufszahlen nicht so berauschend sind? Der liebe Gott?

Kurzum, sehr geehrter Herr Weber, Ihr Erklärungsversuch dafür, warum der Markterfolg Ihres Produktes hinter den Erwartungen zurückbleibt, kann nicht überzeugen. Ehrlich gesagt, finde ich es nicht nur ein wenig armselig, sondern auch ziemlich einfallslos, die Verantwortung für ausbleibenden Erfolg, für Fehler, für Versagen, für alles, was schief läuft, anderen zuzuschustern.

Sie kennen vielleicht den Spruch: "Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, dann liegt es an der Badehose." Die Badehose, das sind in Ihrem Fall die Vertriebspartner.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

Zur Startseite