Mit freundlichen Grüßen ...

15.05.2003

ComputerPartner

Chefredaktion

Tel.: 089/36086-388

Fax: 089/36086-389

E-Mail: dsicking@computerpartner.de

König-Brauerei GmbH

Geschäftsführung

Herrn Joachim Penzel

Postfach 66 01 40

47130 Duisburg

München, 12.05.2003

Wer nur trinkt, weil er Durst hat, wird es im Beruf nicht weit bringen

Sehr geehrter Herr Penzel,

ich wende mich an Sie, weil Sie auf diesem Gebiet quasi von Amts wegen Experte sein müssen. Die Sache ist nämlich die: Ein Wissenschaftler von der Universität Calgary in Kanada hat eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Bei einer Forschungsarbeit hat er herausgefunden, dass Angestellte, die bei betriebsinternen Feiern gerne mal einen über den Durst trinken, zehn Prozent mehr Gehalt verdienen als ihre abstinenten Kollegen.

Dieses Forschungsergebnis ist geeignet, das Weltbild des Normaleuropäers mit durchschnittlichem Intelligenzquotienten gehörig auf den Kopf zu stellen. Denn bisher galt als eine der sichersten Methode, sich die Karriere zu verbauen, wenn man im Kollegenkreis und bei Vorgesetzen im Ruf eines trinkfreudigen Pichelmeiers steht. Nun müssen wir komplett umlernen: Nicht der Bier-, Wein- und Schnapstrinker hat ein Alkoholproblem, sondern der Wasser-, Cola und Safttrinker. Motto: Wer beruflich vorwärts kommen will, muss ganz schön was schlucken können.

Na ja, schon die Lateiner wussten ja: "In vino veritas!" Im trunkenen Zustand zeigt sich der wahre Charakter eines Menschen. Um beurteilen zu können, ob ein Mitarbeiter zur Führungskraft taugt, muss er erst einmal hackeblau erlebt werden. Auch die Frage der Belastbarkeit spielt hier eine große Rolle. Gerade an Mitarbeiter im Außendienst werden in dieser Hinsicht hohe Anforderungen gestellt. Denn bekanntlich beginnt eine einigermaßen vernünftige Geschäftsbeziehung zwischen Lieferant und Kunde erst mit einem gemeinsamen kräftigen Rausch. Vertriebsleute, die für diese wichtige Aufgabe nicht die erforderliche Prädisposition mitbringen, sitzen schnell auf dem Trockenen und sollten in die Buchhaltung versetzt werden.

Das Dumme ist nur, dass noch immer viele Chefs die Meinung vertreten, Alkohol am Arbeitsplatz sei grundsätzlich schädlich und stehe den Interessen der Firma entgegen. Was soll man mit diesen Vorgesetzten machen? Die eine Möglichkeit besteht darin, sie aussterben zu lassen. Aber das dauert. Die andere Möglichkeit wäre eine breit angelegte Aufklärungskampagne, um die Forschungsarbeit aus Kanada populär zu machen. Hier müsste natürlich jemand das Heft in die Hand nehmen. Und nun sagen Sie selbst, sehr geehrter Herr Penzel: Wer ist dazu besser geeignet als die Getränkeindustrie, die Brauereien, die Winzer, die Schnapsbrennereien und all die anderen Betriebe in der Alkoholbranche. Zum eigenen Nutzen natürlich, denn wenn in Deutschlands Wirtschaft mehr getrunken wird, steigen auch Ihre Geschäftszahlen wieder. Gerade vergangene Woche las ich in der Zeitung, dass die Bierbranche mit einem Rückgang um bis zu 10 Prozent rechne und in der typischen Bierkneipe sogar 15 Prozent weniger Bier ausgeschüttet werde als noch im Vorjahr. Dann die Auswirkungen des Dosenpfands! Hier mit einem frischen Marketingansatz unter Berufung auf wissenschaftliche Erkenntnisse - das wär's doch.

Für die Werbung der König-Brauerei könnte ich mir zum Beispiel vorstellen, den Reklame-Slogan "Heute ein König" zu ersetzen durch die Sprüche "Ab heute mach ich Karriere" oder "Ab heute bin ich Boss". Oder man dreht eine Szene von einer Betriebsfeier, auf der sich die grauen Mäuse mit deprimiertem Gesichtsausdruck an ihrem lauwarmen Glas Mineralwasser (ohne Kohlensäure) festhalten, während die braun gebrannten, gut gelaunten Erfolgsmenschen umringt von schönen Frauen ein Glas golden-prickelndes König-Pils genießen.

An dieser Stelle werden Sie sich vielleicht fragen, warum ich Ihnen das alles schreibe. Das kann ich Ihnen sagen: Aus Sorge um Deutschland. Das ist ja das Thema, das uns momentan alle schlecht schlafen lässt. Und ich denke, wenn es daran liegt, dass wir alle zu wenig trinken, dann müssen wir eben etwas dagegen tun. Und wenn die Wissenschaft feststellt, dass Alkohol in der Firma ein Erfolgsfaktor ist, dann dürfen wir diese Erkenntnis verdammt noch mal nicht länger ignorieren. Dann muss sich jeder Berufstätige eben auch mal überwinden und zum Flaschenöffner greifen. Ist schließlich für einen guten Zweck. Darum sage ich nur noch ein Wort: Prost!

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

PS: Passend übrigens zum aktuellen Thema Steuererhöhung auf Zigaretten: Derselbe kanadische Forscher hat heraus-gefunden, dass Raucher zehn Prozent weniger verdienen als ihre nikotinfreien Kollegen.

Zur Startseite