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24.04.2003

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Herrn Gerhard Schulz

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München, 22.04.2003

Verhaltensforscher fordert: Manager in die Hundeschule

Sehr geehrter Herr Schulz,

aus Japan wird die Erfindung eines Gerätes gemeldet, welches das Bellen von Hunden in menschliche Sprache übersetzt. Dass der Hund dem Menschen viel zu sagen hat und der Mensch viel von seinem vierbeinigen Freund lernen kann, weiß man ja seit Lassie und Snoopy, dem Hund von den "Peanuts" (nein, nicht die 50 Millionen Mark des ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs Hilmar Kopper, sondern die Comics Ihres Namensvetters Charles M. Schulz).

Viele Hundebesitzer haben mit ihren Hunden bekanntlich dasselbe Problem wie Schüler im Deutschunterricht mit ihren Dichtern: Sie wissen nicht, was sie ihnen sagen wollen. Der Simultandolmetscher aus Japan für die Hund-zu-Mensch-Kommunikation ist daher ein großer Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht sind Sie als stolzes Herrchen eines Golden Retriever auch an diesem Gerät interessiert. Allerdings müssten Sie und Ihr Hund erst einmal japanisch lernen, denn die deutsche Version ist noch nicht verfügbar.

Es gibt ja Personen, die halten den Hund sowieso für den besseren Menschen. Zu ihnen muss man wohl den Soziologen und Verhaltensforscher Eric Leifer zählen. Der Mann hat das Verhalten von Hunden studiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass Manager sich vieles davon abgucken können. Anhand diverser Beispiele* aus dem Hundeleben leitet Leifer die - ich sage es jetzt schon: dämliche - Empfehlung für Führungskräfte ab, in der Kommunikation mit ihren Mitarbeitern keine klaren Anweisungen und Ziele zu formulieren, sondern alles im Dunkeln und Ungefähren zu lassen. Der gute Manager, so Leifers abenteuerliche Behauptung, gibt nicht so schnell zu erkennen, was er möchte, und zieht diffuse Zielsetzungen eindeutigen Absichten vor. Hunde würden damit gut durchs Leben kommen, meint unser Soziologe, also warum nicht auch Manager?

Man muss froh sein, dass Leifer kein Manager ist. Der Mann mag sich im Hundezwinger auskennen, in einer Firma sicher nicht, er mag wissen, wodurch sich ein guter Hund auszeichnet, er weiß aber sicher nicht, wodurch sich ein guter Manager auszeichnet. Leifer macht einen entscheidenden Denkfehler: Er glaubt, nur weil es Manager gibt, die bellen, seien sie auch sonst mit Hunden vergleichbar.

Ich sage: Führungskräfte, die ihre Ziele und Vorgaben so nebulös und unklar formulieren, dass ihre sprachlichen Abson-derungen interpretiert und gedeutet werden müssen, sind eine Strafe für ihre Mitarbeiter. Eigentlich weiß das auch jeder. Leider gibt es aber solche Manager, die diese diffuse Kommunikation als ihre persönliche Überlebensstrategie anwenden.

Solche Manager sind natürlich schlechte und schwache Manager. Sie haben Angst davor, sich festzulegen und festnageln zu lassen. Indem sie es ihren Mitarbeitern überlassen, sie zu interpretieren, wollen sie sich absichern: Im Erfolgsfall haben sie die richtige Anweisung gegeben, im Falle des Misserfolgs sind die dummen Mitarbeiter schuld, weil sie die Anweisung nicht kapiert haben. Leider gibt es solche Manager, vor allem in Großkonzernen, und manche können sich mit dieser Strategie ganz schön lange halten. Aber wenn jemand wie unser Hundeliebhaber Leifer dieses Verhalten als klug und richtig darstellt, dann rollen sich einem die Zehennägel auf. Mir jedenfalls.

Vielleicht hören wir ja bald von einer Entwicklung aus Japan, welche die Sprache der Manager in die jeweilige Landessprache übersetzt, so dass die Mitarbeiter nicht mehr rätseln müssen, was von ihnen erwartet wird. Sie, sehr geehrter Herr Schulz, sind ja, wie man hört, ein Freund der klaren und deutlichen Sprache, und Ihre Mitarbeiter brauchen eine solche Übersetzungsmaschine nicht. Mich würde aber interessieren, was Sie als Hundefreund von den Thesen Leifers halten.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

* Aus Platzgründen kann ich Leifers Beispiele hier nicht ausführen, sie sind aber nachzulesen in seinem Aufsatz "Micromana-gement: Jumping at Chances for Status Gain" in der Zeitschrift "Soziale Systeme: Zeitschrift für soziologische Theorie 2002", Heft 2. Für den Alltagsgebrauch reicht auch der Artikel "Was lehrt der Hund den Manager?" in "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 6.4.2003, Seite 68.

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