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06.03.2003

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ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.

Bundesvorstand

Herrn Frank Bsirske

Potsdamer Platz 10

10785 Berlin

München, 03.03.2003

Warum IT-Fachleute wirklich in die Gewerkschaften eintreten

Sehr geehrter Herr Bsirske,

die geschätzten Kollegen von der "FAZ" haben, als sie die oben stehende Schlagzeile formulierten, etwas gründlich missverstanden: Es ist völliger Humbug und total absurd, dass IT-Fachleute in die Gewerkschaften "flüchten". IT-Fachleute flüchten nämlich grundsätzlich nicht, das können die gar nicht, dafür haben die gar keine Gene. IT-Leute sind von ihrer Natur her Angreifer, Stürmer, Sichnachvornebeweger. (Überproportional viele Leute, die sich an Deutschlands Supermarktkassen vordrängeln, arbeiten übrigens in der IT-Branche.)

Nachdem diese Wahrheit feststeht, kann man fragen: Wieso treten die IT-Leute in eine Gewerkschaft ein? Für mich ist der Fall klar: Diese Menschen haben die Gewerkschaften als diejenigen Kräfte in unserem Gemeinwesen erkannt, die dafür mitverantwortlich sind, dass unserere Volkswirtschaft leidet, dass der konjunkturelle Aufschwung weit weg ist, dass die Unternehmen keine neuen Mitarbeiter einstellen, dass der Standort Deutschland für ausländische Investoren immer mehr an Attraktivität verliert. Da es der Natur der IT-Fachleute widerspricht, einer negativen Entwicklung tatenlos zuzuschauen, und da man Organisationen immer nur von innen verändern kann, haben sich die Mutigsten, Stärksten und auch die Leidensfähigsten dazu entschlossen, Gewerkschaftsmitglied zu werden.

Um es klar zu sagen: IT-Fachleute sind nicht grundsätzlich Gegner von Gewerkschaften (zumindest nicht alle). Als Dienstleister für ihre Mitglieder sind sie eine wertvolle Institution. Gefährlich wird es immer dann, wenn sich die Gewerkschaften in die große Politik einmischen. Die Gewerkschaftsführer treten zwar immer mit dem ernsten Gesicht der staatsmännischen Verantwortung auf (der so genannten "Joschka-Miene"), in Wahrheit sind sie aber nur Vorsitzende eines Vereins, dem es ausschließlich um die Interessen dieses Vereins und seiner Mitglieder geht. Wenn sie dann auf eine Bundesregierung treffen, die den Gewerkschaften einen so hohen Einfluss erlaubt wie die jetzige, braucht sich niemand über eine dramatische Verschlechterung der Konjunktur und der Stimmung in Deutschland zu wundern.

Das ist der wahre Grund, weshalb die IT-Fachleute in die Gewerkschaften eintreten. Nun lässt sich einwenden: Warum treten die IT-Fachleute nicht sofort in die SPD ein oder werden Mitglied bei den Grünen? Die Frage ist berechtigt, die Antwort klar: Die Leidensfähigkeit hat auch bei den Leuten aus der IT-Branche ihre Grenzen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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