Mit freundlichen Grüßen ...

29.01.2004

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Roland Berger Strategy Consultants GmbH

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Herrn Jobst Fielder

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München, 26.01.2004

Ein völlig neuer Vertriebsansatz

Sehr geehrter Herr Fielder,

möglicherweise steht das Wort des Jahres 2004 bereits jetzt fest, jedenfalls ist es das Wort der vergangenen Woche - die "Kampagne". Je nachdem, wen man fragt, gab es zumindest eine Kampagne, wahrscheinlich aber doch eher zwei. Danach hatte die eine Kampagne zum Ziel, Florian Gerster als Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus dem Haus zu treiben, und die andere, das Image der Unternehmensberater in Deutschland zu beschädigen. Beide hatten Erfolg. Gerster sucht jetzt selber einen neuen Job, und wer immer die Gelegenheit dazu hat, zieht über die Beraterzunft her, dass es kracht. Die Zeitung mit den großen Buchstaben natürlich vorneweg.

Man kann aus dieser ganzen Geschichte wieder viel lernen. Toller Stoff für Examensarbeiten und mindestens drei neue Bücher von Spiegel-Journalisten. Eine Randnotiz aber, fürchte ich, geht unter, wenn ich sie hier nicht aufgreife. Dabei ist sie möglicherweise von unschätzbarem praktischem - und jetzt kommt's - unternehmerischem Wert. Ich meine Ihren Satz im Zusammenhang mit der Diskussion der Vergabepraxis von Aufträgen an Beratungsfirmen durch die BA: "Wir haben uns nicht aufgedrängt, sondern sind berufen worden." Hinter diesem Satz steckt Sprengstoff, denn hier scheint mir ein völlig neuer, geradezu revolutionärer vertrieblicher Ansatz zu stehen (Nobelpreis?).

Bisher haben der gemeine Vertriebsmann und sein Vorgesetzter alles falsch gemacht. Sie sind nämlich davon ausgegangen, dass man beim Kunden die größten Chancen auf einen Auftrag hat, wenn man sich aufdrängt. Wenn man akquiriert, wenn man dranbleibt, wenn man aggressiv ist, wenn man seine Stärken demonstriert, wenn man sich als der bestgeeignete Anbieter - nun ja, eben aufdrängt. Jetzt, nachdem Sie Ihre Vertriebstechnik öffentlich gemacht haben, erscheint diese herkömmliche Vorgehensweise plötzlich in einem anderen Licht. Nicht derjenige, der sich aufdrängt, hat die größten Chancen, einen Auftrag zu bekommen, sondern derjenige, der sich "berufen" lässt.

Wenn ich's mir genau überlege, ist das gar nicht so dumm und man hätte auch schon früher drauf kommen können. Erinnern wir uns an unsere Schulzeit, so ab der achten, neunten Klasse. Hatten nicht immer diejenigen Typen den größten Erfolg bei den Mädchen, die scheinbar völlig uninteressiert waren? Die eben cool waren. Und diejenigen Jungs, die immer rödelten und baggerten und sich den Hintern aufrissen, blitzten ab? Es stimmt schon: "Nicht für die Schule, sondern für's Leben lernen wir" (zumindest in den Pausen), nur wollten wir es damals nicht glauben. Hätten wir es getan, gäbe es heute ein paar extrem erfolgreiche Vertriebsleute mehr.

So gibt es nur Sie und wahrscheinlich die anderen Jungs von Roland Berger, die sich ebenfalls nicht aufdrängen. Aber jetzt, nachdem Sie das Geheimnis Ihres Vertriebserfolgs ausgeplaudert haben - und dann auch noch honorarfrei -, wird sich das sicher bald ändern.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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