Mit Handy, Häppchen und Humor

20.03.1998

SCHWÄBISCH-GMÜND: Ob im Business oder privat: Gute Manieren erleichtern das Leben. Susanne Helbach-Grosser* hat sich mit guten Umgangsformen als Voraussetzung erfolgreicher Kommunikation beschäftigt.Jeder von uns hat seinen eigenen Stil. Und das ist auch grundsätzlich gut so. Wir kleiden und benehmen uns in einer für uns typischen Weise. Aber: Wenn wir mit anderen Menschen sprechen, beurteilen uns diese mit ihrem eigenen Geschmack. Das sollten wir berücksichtigen.

Der geschäftliche Erfolg ist weitgehend von den ersten Augenblicken einer Begegnung geprägt. Nach neuesten Untersuchungen beurteilen wir eine Person in drei bis fünf Sekunden. Danach haben wir noch einige Sekunden Zeit, unser Bild zu korrigieren. Und natürlich macht sich unser Gegenüber in dieser Zeit auch ein Bild von uns. Das ist ein Augenblick der Wahrheit. Es ist deshalb ratsam, sich der Situation anzupassen. Warum sollen wir zum Beispiel mit lockerer Kleidung Punkte verschenken, wenn alle anderen feierlich gekleidet sind? Unter Umständen sind wir dann für unsere Umgebung Opposition.

Nicht nur die inneren Werte zählen

Wir werden ja nicht nur nach unseren Fähigkeiten beurteilt. Niemand ist zudem vor Schubladendenken gefeit. Wer nur durch seine inneren Werte überzeugen will, wird deshalb häufig Schiffbruch erleiden oder braucht einen langen Atem. Ein freundlicher Mensch, der stinkt, wirkt ebenso negativ wie der gut gepflegte, der unfreundlich ist.

Die Wirkung, die wir auf andere ausüben, wird immer noch unterschätzt. Wir alle stellen uns dar, ob wir wollen oder nicht - wir alle kommunizieren, bewußt oder unbewußt. Der größte Teil des Gesamteindrucks von einem Menschen entsteht durch persönliche Wirkungsmittel, zum Beispiel Körperhaltung, Blickkontakt, Kleidung oder Statussymbole. Nur zu einem kleinen Teil ist unser Erscheinungsbild durch unsere Worte beeinflußbar.

Wenn wir kommunizieren, wollen wir, daß sich der/die Zuhörer/in auf das Gesprochene konzentrieren kann. Alles, was davon ablenkt, schadet unserem Ziel. Muten wir unserem Gegenüber - und damit letzten Endes meistens uns selbst - also möglichst wenig zu. Gemeint sind hier vor allem Verhaltensweisen, die darauf schließen lassen, daß die Persönlichkeit blockiert ist. Mangelndes Selbstbewußtsein und Hemmungen werden zum Beispiel oft mit Arroganz als Selbstschutz überspielt. Auch Sarkasmus, Ignoranz, Angabe, Aggressivität, Schadenfreude, Rücksichtslosigkeit und Intoleranz gehören zu den Selbstschutzmaßnahmen. Außerdem ist auch die Demonstration permanenter Zeitnot nicht sehr souverän.

Comeback der guten Manieren

Neun von zehn Amerikanern sehen Unhöflichkeit als ernstes Problem an. Benimm-Schulen, in denen man sich gesellschaftlichen Schliff geben lassen kann, boomen in den USA. Denn im Geschäftsleben sind Menschen, die gut mit anderen umgehen können, unersetzlich.

Höflichkeit fördert Vertrauen

Wie oft werden Menschen durch Nichtachtung vor den Kopf gestoßen? Die vier mit Abstand wirkungsvollsten und doch so vernachlässigten Worte in Deutschland sind: Bitte, Danke, Entschuldigung, darf ich?

Wenn Menschen mit unterschiedlichen Absichten so eng aufeinander leben wie wir heute, fördert ein höfliches Verhalten, das Vertrauen und entkrampft Konfliktlagen. Wer sich darauf verlassen kann, daß auch der Gesprächspartner die Regeln für bestimmte Situationen beherrscht und einhält, kann sich entspannt auf sein Gegenüber einlassen.

Alles, was verkrampft und übertrieben wirkt, ist nicht mehr zeitgemäß. Umgangsformen müssen glaubwürdig sein und sich der jeweiligen Situation anpassen. So wie die Frage des Azubis an den Vorgesetzten: "Na, Chef, schönes Wochenende gehabt?" meist vollkommen deplaziert ist, kann der zünftige Griff zum Hähnchenschenkel auf dem Bierfest absolut passend sein. Es kommt immer darauf an, wo man sich gerade befindet.

Könner meistern Klippen und Fettnäpfchen mit feinem Humor. Und letztlich ist das Schönste an den guten Umgangsformen: Man kann sich über die, die sie nicht haben, so herrlich entrüsten.

*Susanne Helbach-Grosser ist Leiterin des Beratungsservices Takt & Stil. Sie leitet offene und firmeninterne Seminare zu den aktuellen gesellschaftlichen Spielregeln.

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