Mit Internet-Shops und erweiterter PC-Assemblierung in die Offensive

11.12.1998

GENF: Direktere Kommunikation mit dem Endkunden, aber dennoch 100prozentige Channel-Treue - auf diesen Nenner läßt sich die derzeitige Vertriebsstrategie von Hewlett-Packard bringen. Wie sich der Branchenprimus diesen Vertriebsspagat vorstellt, wurde jetzt auf einer europäischen Channel-Konferenz erklärt.Der Termin für die Konferenz, die vergangene Woche in Genf stattfand, kam wie gerufen: Just vor wenigen Tagen hatte HP-Boß Lew Platt mit seiner Ankündigung, "Wir werden jetzt direkt verkaufen", für einige Aufregung gesorgt. "Unser Geschäft läuft zu 100 Prozent über Partner", räumte nun Bernd Bischoff, Vice President und General-Manager Commercial Channels Organization, jegliche Mißverständisse aus. Eine Ausnahme dabei sei das Unix-Geschäft, daß zu 50 Prozent direkt abgewickelt werde. Betont Bischoff: "Es gibt einfach kaum Channel-Partner, die diese komplexen Systeme beherrschen."

Doch trotz der strikten Ausrichtung auf den Fachhandelskanal weht im Großkundengeschäft bei Hewlett-Packard ein anderer Wind: "Wenn heute ein Unternehmen wie die Allianz oder BMW von uns direkt beliefert werden möchte, werden wir das tun. Wir wären doch verrückt, solch ein Geschäft an Compaq oder Dell abzugeben", machte Bischoff klar. Daß es HP damit ernst meint, stellte der Computerkonzern erst kürzlich unter Beweis: In den USA wurde nach den Worten Bischoffs vor wenigen Tagen ein großes Unternehmen direkt beliefert.

Computer 2000 übernimmt die PC-Assemblierung

Unabhängig von jeglicher Vertriebsstrategie hat das große Ziel im PC-Geschäft weiter Bestand. "Wir werden schon bald größter PC-Hersteller der Welt sein", erklärte Bischoff. Zwar werde HP diese Vorgabe nicht wie ursprünglich geplant zum Ende des Jahres 2000 erreichen. Spätestens Ende 2001 aber soll es soweit sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde nun in Deutschland ein weiterer Partner für das Channel-Assembly benannt: Neben Actebis, die in Soest sowohl Vectra- als auch Brio-PCs schraubt, wird künftig Computer 2000 Schützenhilfe leisten. "Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren einerseits die guten Erfahrungen, die wir mit Computer 2000 in Spanien gemacht haben. Andererseits hat der Distributor für die PC-Assemblierung einen vernünftigen Business-Plan vorgelegt", so der HP-Manager. Die Produktion im hessischen Bischofsheim bei Computer 2000 sei bereits gestartet. Erste große Stückzahlen erwarte er ab dem kommenden Jahr. Dagegen wurde die Partnerschaft mit Frank & Walter, die für HP Brio-PCs gefertigt hatten, beendet. Beide Unternehmen seien mit der Zusammenarbeit nicht mehr zufrieden gewesen, hieß es lapidar.

Bezüglich der vielen Fragen zum Consumer-PC-Geschäft hatte Bischoff auch eine klare Antwort parat:

"Wir werden hierzulande erst mit Consumer-PCs auf den Markt kommen, wenn wir damit Geld verdienen können." Ähnliche Wege, wie IBM derzeit mit Comtech und Vobis geht, schloß der HP-Manager völlig aus.

"Wir verkaufen doch nicht unseren Brand", stellte Bischoff klar.

E-Business mit dem Fachhandel

Marktführer will Hewlett-Packard aber auch im Segment E-business werden - und das zusammen mit dem Fachhandel. Aus diesem Grund und der Notwendigkeit, "näher an den Endkunden" (Bischoff) zu gehen, startet der Konzern in Europa in den kommenden Wochen mehrere E-business-Aktivitäten. In Vorbereitung und teilweise schon im Betrieb sind laut Per Hogberg, der bei HP für das E-business verantwortlich ist, verschiedene Internet-Shops. So wird es künftig neben einer Lösung für Großkunden das European Commerce Center (ECC) für Firmenkunden und HP Expo für Privatkunden geben. Während HP Expo erst im Dezember in Deutschland anlaufen soll, ist der Startschuß für ECC schon gefallen. Über eine breit angelegte Anzeigenkampagne, die vor allem in Publikumszeitschriften sowie Tageszeitungen läuft, werden Desktops, Mobile Geräte, Drucker, Networking-Produkte und Massenspeicher in großem Stil beworben. Der adressierte Firmenkunde kann dann entweder über eine Hotline-Nummer oder im Internet unter www.hp-shop.de den Fachhändler in seiner Nähe erfahren und dort die Produkte bestellen. Gestartet wird die Aktion mit vorerst 20 HP-Händlern, die sich über ein entsprechendes Fachhandelsprogramm als "Connect-Partner" qualifiziert haben. Weitere Partner sollen nach und nach folgen. Doch trotz der direkten Ansprache an die Endkunden steht die Zusammenarbeit mit dem Fachhandelskanal für Hewlett-Packard außer Frage. HP-Sprecherin Petra Wochnik: "Egal ob über Internet oder Telefon - den Umsatz generiert in jedem Fall der Händler." (sn)

Bernd Bischoff, Vice President und General-Manager Commcercial Channels Organization bei HP: "Wenn Großkunden direkt von uns beliefert werden möchten, dann werden wir das tun."

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