Viele Monate oder gar Jahre feilte der Handelskonzern Großumsatz an der Webplattform für seine Händler. Millionen investierte er in deren Entwicklung. Nun ist die Plattform endlich online. Und der Verkaufsleiter wartet gespannt darauf, was geschieht. Nichts! Weiterhin übermitteln die Händler ihre Bestellungen per Telefon und Mail, so als existiere die Plattform nicht. Denn die Händler wurden zwar über die Existenz der neuen Plattform informiert, doch nicht in deren Nutzung geschult.
Ähnlich verhält es sich beim Technologieunternehmen ModernTechnik. In mühsamer Kleinarbeit organisierte es seine Produktion um. Neue Verfahren wurden eingeführt und die Prozesse neu strukturiert - um die Durchlaufzeiten zu verkürzen und die Fehlerquote zu senken. Neugierig beugt sich denn auch der Produktionsleiter jede Woche über die aktuellen Zahlen und ist zunehmend enttäuscht, weil diese sich nicht verbessern. Denn die Mitarbeiter arbeiten weiter wie gewohnt.
Solche Pannen registriert man oft, wenn Unternehmen neue Strategien, Verfahren oder Technologien einführen. Dann verfliegt die Anfangseuphorie oft schnell, weil die erhoffte Wirkung ausbleibt. Nicht weil die "Lösung" an sich schlecht wäre, sondern weil die Personen, für die diese entwickelt wurde oder die mit ihr arbeiten sollen, ihren Nutzen nicht erkennen und ihr Verhalten nicht ändern.
Fiktion: Das klappt von allein
Viele Unternehmen hegen die Illusion: Wenn wir Neuerungen einführen - seien diese technischer, struktureller oder strategischer Art - dann entfalten diese von allein die erhoffte Wirkung. Das Gegenteil ist oft der Fall. Weil für die Mitarbeiter der Umgang zum Beispiel mit der neuen technischen Lösung noch ungewohnt ist, erscheint ihnen diese zunächst schwieriger und umständlicher. Entsprechend schnell fällen sie das Urteil "Das taugt nichts" - wenn sie nicht die nötige Unterstützung beim Um- oder Neulernen erfahren.
Ähnlich verhält es sich, wenn Betriebe ihre Struktur oder Strategie ändern. Auch dann müssen die Mitarbeiter neue Denk- und Verhaltensmuster entwickeln - also Umlernen. Das beachten viele Unternehmen nicht. Denn ihnen ist nicht ausreichend bewusst: Wie erfolgreich die Einführung einer neuen Strategie, Struktur oder (Problem-)Lösung ist, hängt stark davon ab, inwieweit deren "Usern" die Kompetenz vermittelt wurde, diese mit Leben zu füllen.
- Das richtige Schulen von Verkäufern
Firmenchefs und Vertriebsleiter sollten die folgenden zehn Praxistipps beim Schulen ihrer Verkäufer beachten (Quelle: Rhetorik- und Verkaufstrainer Ingo Vogel, www.ingovogel.de). - Tipp 1
"Aus einem Ackergaul kann man kein Rennpferd machen." So lautet ein Sprichwort. Dasselbe gilt für Verkäufer. Achten Sie also bei der Personalauswahl darauf, ob ein neuer Mitarbeiter das Potenzial zum Top-Verkäufer hat. Das reduziert den Trainingsbedarf. - Tipp 2
Fehlendes Fachwissen kann man Verkäufern recht einfach vermitteln. Anders sieht es bei der Lust am Umgang und Gespräch mit anderen Menschen aus. Ebenso verhält es sich mit der persönlichen Ausstrahlung, die nötig ist, um als Verkäufer Menschen für sich zu gewinnen. Achten Sie also bei der Personalauswahl vor allem darauf. - Tipp 3
Analysieren Sie genau, wofür Ihr Geschäft oder Unternehmen steht. Ist es zum Beispiel ein Premiumanbieter? Ist Ihnen eher der schnelle Umsatz oder eine langfristige Kundenbeziehung wichtig? Aus solchen und anderen Faktoren können Sie ableiten, was Ihnen im Kontakt Verkäufer-Kunde besonders wichtig ist und welche Fähigkeiten und Eigenschaften Ihre Verkäufer folglich haben sollten. - Tipp 4
Checken Sie anschließend, über welche fachlichen, verkäuferischen und persönlichen Kompetenzen Ihre Verkäufer bereits verfügen – und wie ausgeprägt diese sind. Dann wird schnell klar, wo noch Trainingsbedarf besteht. - Tipp 5
Bedenken Sie, dass nicht alle Eigenschaften, die einen Top-Verkäufer auszeichnen, für den Verkaufserfolg gleich wichtig sind. So verzeihen Kunden einem Verkäufer zum Beispiel meist kleine Schwächen bei der Produkt- oder Lösungspräsentation, wenn er ihnen sympathisch ist und sie das Gefühl haben: Diesem Verkäufer kann ich vertrauen. Fokussieren Sie deshalb die Trainings auf die "Knackpunkte". - Tipp 6
Verkäufer müssen Kunden für ihre Produkte/Leistungen begeistern. Dasselbe sollten Sie tun, wenn Sie Ihre Mitarbeiter für ein Lernen motivieren und begeistern möchten. Zeigen Sie Ihnen an konkreten Beispielen bildhaft auf, warum es sich für sie (und Ihr Unternehmen) lohnt, an ihrer Kompetenz und Ausstrahlung als Verkäufer zu arbeiten. - Tipp 7
Verkäufer sind meist Macher. Das heißt, langatmiges, "theoretisches" Geschwätz langweilt sie. Sie wollen konkrete Tipps und rasch umsetzbare Hilfestellungen für ihren Arbeitsalltag haben. Achten Sie darauf, dass der von Ihnen engagierte Trainer die Sprache Ihrer Verkäufer spricht. Außerdem sollte er ein Mann (beziehungsweise eine Frau) der Praxis sein. - Tipp 8
Ihre Verkäufer sollen die Kunden zum Träumen bringen, damit diese gegen Ende des Verkaufsgesprächs sagen: "Ja, das will ich haben." Achten Sie darauf, dass auch der von Ihnen engagierte Trainer außer dem Verstand auch das Herz, also die Emotionen Ihrer Mitarbeiter anspricht. Schließlich soll er diese zu einer Einstellungs- und Verhaltensänderung bewegen. - Tipp 9
Denken Sie beim Planen Ihrer Trainings daran: Wissen bedeutet nicht Können. Achten Sie also darauf, dass in Ihren Verkaufsschulungen das angestrebte Verhalten Ihrer Verkäufer auch ausreichend trainiert wird. Und sorgen Sie im Geschäfts-/Vertriebsalltag dafür, dass das Gelernte nicht in Vergessenheit gerät. - Tipp 10
Gestandene Profis – zum Beispiel im Fußballbereich – wissen: Wahre Champions fallen nicht vom Himmel. Sie entwickeln sich durch regelmäßiges Üben, Üben und nochmals Üben – auch im Trainingslager. Gönnen Sie auch Ihren Verkäufern solche Trainingslager – zum Beispiel, wenn die neue Frühjahrskollektion eintrifft, oder wenn Sie ein neues Produkt einführen, oder wenn Sie eine Vertriebsoffensive starten.
Dabei gilt: Die Zeitspanne, in der ein Unternehmen den "Anwendern" die nötigen Skills vermitteln kann, ist oft kurz. Zuweilen beträgt sie nur wenige Tage. So zum Beispiel, wenn ein Unternehmen eine neue Serviceplattform für seine Handelspartner einführt. Haben diese bei ihren ersten Versuchen den Eindruck "Das Ding funktioniert nicht", ist oft das gesamte Projekt ein Flop. Ähnlich verhält es sich, wenn für die Kundenbetreuer eine neue Beratungssoftware eingeführt wird. Auch dann ist das "Window of Opportunities" oft nur wenige Wochen offen. Das heißt: In dieser Zeit entscheidet es sich, ob die Kundenbetreuer die Software aktiv und effektiv nutzen oder in das System nur irgendwelche Daten eintragen, um formal die Vorgaben zu erfüllen.