Nächster Transformationsschritt

Mitel geht für 2 Milliarden Dollar an Investoren

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Käufer sind Searchlight Capital Partners und mit ihm verbundene Investoren. Sie bezahlen einen Aufpreis von 24 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen 90 Tage. Indem Mitel von der Börse genommen wird, wollen die neuen Besitzer mehr Handlungsspielraum für die Umsetzung der Cloud-Strategie gewinnen.

Searchlight Capital Partners und weitere Investoren bezahlen rund 2 Milliarden Dollar für Mitel. Sie übernehmen damit den kanadischen Anbieter von Telekommunikationsanlagen und Unified-Communications-Produkten komplett. Pro Mitel-Aktie bezahlen sie 11,15 Dollar. Der Kaufpreis liegt damit 24 Prozent über dem gemittelten Kurs der vergangenen 90 Tage.

Nach Abschluss der Transaktion wird die bisher an der Nasdaq (MITL) und der Börse in Toronto (MNW) notierte Mitel-Aktie von der Börse genommen und soll Mitel als private Firma weitergeführt werden. Die Begründung dafür ist ähnlich wie beim Delisting von Dell: Die neuen Besitzer erhoffen sich von dem Schritt mehr Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Strategie. Im Fall von Mitel ist das die Verlagerung des Geschäfts in die Cloud.

Christian Fron war bis zum Frühjahr Chef von Mitel Deutschland. Dann wurde er nach dem Verkauf von DeTeWe an die Ostertag Holding Geschäftsführer von DeTeWe.
Christian Fron war bis zum Frühjahr Chef von Mitel Deutschland. Dann wurde er nach dem Verkauf von DeTeWe an die Ostertag Holding Geschäftsführer von DeTeWe.
Foto: Mitel

Das Board of Directors von Mitel hat den Schritt einstimmig befürwortet. Er sei sowohl für das Unternehmen als auch die Anteilseigner die derzeit beste Möglichkeit. Es wird der Aktionärsversammlung empfohlen, das Angebot anzunehmen.

"Als Privatunternehmen und mit der strategischen und finanziellen Unterstützung durch Searchlight werden wir die Umgestaltung in unserem Markt flexibler gestalten und unsere Strategie schneller umsetzen können sowie die nächste Erfolgsstufe für unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter erreichen können", erklärt Mitel-CEO Rich McBee in einer Pressemitteilung.

Die Transaktion soll im Laufe des Jahres 2018 abgeschlossen werden und unterliegt neben der Zustimmung der Aktionäre auch der von Aufsichtsbehörden. Außerdem können andere interessierte Parteien noch bis 7. Juni höhere Gebote unterbreiten. Die werden aber auf alle Fälle abwarten, welche Zahlen das Unternehmen am 3. Mai für sein erstes Quartal 2018 vorlegt.

Auch wenn Mitel den beabsichtigten Verkauf an Searchlight als weiteren Schritt in einer geradlinigen Entwicklung darstellt, ist er doch vielmehr der vorläufige Abschluss einer in den vergangenen Jahren unternommenen Reise durch unruhiges Fahrwasser und mit wechselndem Kurs. Das liegt auch daran, dass sich der gesamte Markt, in dem sich Mitel bewegt, in einem grundlegenden Umbruch befindet, der auch andere Traditionsanbieter stark in Mitleidenschaft gezogen hat. So musste zum Beispiel der Mitbewerber Avaya im vergangenen Jahr erst einmal Gläubigerschutz beantragen, um sich von einigen Geschäftsbereiche trennen und neu aufstellen zu können.

Lesetipp: Avaya stellt sich im Channel neu auf

Mitel hatte im März, wohl schon als Vorbereitung auf die nun erfolgte Privatisierung, in Deutschland alle Aktivitäten, Mitarbeiter und Kundenverträge des ITK-Systemintegrators DeTeWe an die Ostertag Holding verkauft. Die will sich nach der Übernahme nun als während "einer der führenden ITK-Systemintegratoren in Deutschland" positionieren. Verstärken konnte sich Mitel dagegen im Sommer 2017 durch die Übernahme von ShoreTel. Für rund eine halbe Milliarde Dollar. Der Anbieter und seine Technologie dürfte in der künftigen Cloud-Strategie eine wichtige Rolle spielen. Interesse hatte Mitel schon 2014 an ihm. Allerdings konnte es sich mit ihm damals nicht endgültig einigen und zog sein Gebot dann zurück.

Auf der Mitel Next Konferenz im März wurde den Teilnehmern das aktualisierte Partnerprogramm vorgestellt.
Auf der Mitel Next Konferenz im März wurde den Teilnehmern das aktualisierte Partnerprogramm vorgestellt.
Foto: Mitel

Ein anderer Versuch, die Bedeutung im Markt zu erhalten und auszubauen, war das Übernahmeangebot für Polycom im April 2016. Für den Video- und Audio-Konferenzspezialisten hatte Mitel 1,96 Milliarden Dollar geboten. Das war den Besitzern jedoch zu wenig, die Transaktion kam nicht zustande. Ende März 2018 gab dann Plantronics ein Gebot in Höhe von 2 Milliarden Dollar für Polycom ab, das der Besitzer Siris Capital annahm. Die Übernahme soll im dritten Quartal 2018 abgeschlossen werden.

Unklar ist angesichts der neuesten Entwicklung nun, inwieweit die Neuaufstellung von Mitel im Channelwie geplant umgesetzt werden kann. Weltweit hat Mitel aktuell rund 10.000 Partner, darunter Value Added Reseller (VARs), Distributoren, Service Provider, Consultants und andere Business-Partner. In Deutschland arbeitet das Unternehen mit etwa 800 Partnern zusammen. Dazu gehören neben Ostertag auch Damovo, Telecat und Secom. Hierzulande gibt es fünf Platin-, 22 Gold- und 85 Silber-Partner. Ihnen empfahl Manuel Ferre-Hernandez, Sales Director bei Mitel Deutschland, im März im Gespräch mit ChannelPartner, sich verstärkt auf "eine noch engere Verzahnung von Hardware und Softwarelösungen zu konzentrieren."

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