Mittelstandsoffensive: IBM erteilt Tech Data Midrange die Kompetenzlizenz

15.05.2003
IBM hat zurzeit seine Mittelstands-Spendierhosen übergestreift und nimmt rund 500 Millionen Dollar in die Hand, um diese Klientel für seine Technologien und Produkte zu begeistern. Dem Channel fällt dabei eine gewichtige Rolle zu - der Mittelstand kauft nun mal seine IT beim Händler ein. Deswegen ergreift Value Added Distributor Tech Data Midrange (TDM) die Initiative und hebt mit Wohlwollen von IBM ein SMB-Kompetenzzentrum aus der Taufe. Der aufgestellte Futtertrog soll IBM-Business-Partner und solche, die es werden wollen, locken.

Auf gute elf Milliarden Euro schätzen Experten das diesjährige IT-Budget mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Mittelstand heißt getreu der IBM-Definition: Firmen, die zwischen 100 und 1.000 Mitarbeiter in Lohn und Brot haben. Dieser Unternehmenstypus gilt vor allem deswegen als potenzieller Kunde, weil Marktforscher insbesondere dort unausgegorene IT-Infrastrukturen ausgemacht haben. Das schenkt den Anbietern den festen Glauben daran, dass dort noch der ein oder andere Euro zu holen ist. Ob das tatsächlich so ist, wird sich noch zeigen müssen, hat doch gerade der viel zitierte Mittelstand andere Sorgen und zeigt sich derzeit eher investitionsresistent.

So mag auch TD Midrange-Geschäftsführer Marcus Adä das soeben im Hause gegründete IBM-SMB-Competence-Center keineswegs als eine Hauruck-Aktion verstanden wissen. "Nur weil wir ein dediziertes SMB-Team aufgestellt haben, heißt das natürlich noch lange nicht, dass ab morgen eine Projektflut auf uns einbricht. Natürlich sehe ich das Competence-Center als eine längerfristige Aktion an. Das Umsatzproblem des Partners im Monat Juni wird damit sicherlich nicht gelöst", so Adä gegenüber ComputerPartner.

Dediziertes IBM-Team greift Händlern unter die Arme

Zwölf Mitarbeiter zählt das ins Leben gerufene Mittelstandsteam, an dessen Spitze Rudi Eder steht. Dieser berichtet an Christian Weinelt, Director IBM bei den Münchenern. Eders Mannschaft kann auf ein erweitertes Portfolio der "Top-Seller"-Produkte von IBM zurückgreifen und besondere Preisnachlässe für bestimmte Geräte einräumen. Im Fokus der Vertriebsstrategie steht jedoch die Range an X-Series-Servern von Big Blue, die bei TDM für die geeignetste Hardware-Plattform für den Zielmarkt gehalten wird. Selbstredend sind die SMB-Mannen angehalten, wenn immer möglich, auf die Softwarepalette des Herstellers, seien es Websphere, Lotus, Tivoli oder DB2, zurückzugreifen. Doch gegenüber "Fremdprodukten" ist man deswegen nicht völlig verschlossen. Geht es beispielsweise um das Thema Serverkonsolidierung, greift der VAD in seine VM-Ware-Schublade, liebäugelt der Kunde hingegen mit Server Based Computing, kommt Citrix ins Spiel. "Wenn man dem Mittelstand Lösungen verkaufen will, gibt es immer Überschneidungen mit Produkten anderer Hersteller. Wenn innerhalb eines Projektes eine Oracle-Datenbank gefordert wird, dann sind wir da völlig schmerzfrei. Und IBM übrigens mittlerweile auch", führt der TDM-Chef aus.

Getragen werden soll die auf den Mittelstand abgestimmte Vertriebstrategie von den drei klassischen Säulen Sales, Marketing und Services: nichts Neues insofern. Allerdings verweisen die Verantwortlichen darauf, dass die Inhalte gegenüber dem herkömmlichen Partnerprogramm stark erweitert wurden. Beispielsweise zeige man sich in Sachen Finanzierung deutlich flexibler, die persönliche Unterstützung sei umfassender, auch sei die Aufbereitung von Leads und Adressen potenziellen Kunden professioneller gestaltet.

Nur die Guten kommen ins Töpfchen

Wie nicht anders zu erwarten, werden die von IBM bereitgestellten Mittel, um den Mittelstand zu beackern, nicht jedem Händler zur Verfügung gestellt. Derzeit kommen etwa 20 handverlesene IBM-Business-Partner in den Genuss der intensiven Betreuung, weitere 20 sollen folgen. Neben der obligatorischen Zertifizierung nach IBM-Maßgabe müssen potenzielle Partner ihre vertriebliche Lösungskompetenz nachweisen. Nicht der reine Hardwareverkäufer wird gesucht, sondern jene Händler, die sich besonders gut darauf verstehen, Softwarelösungen in den Vordergrund ihrer vertrieblichen Aktivitäten zu stellen. Independent Software Vendors haben also gute Chancen. Gefordert werden zudem ein zentraler Ansprechpartner im Unternehmen und eine klare Übereinkunft darüber, die Mittelstandsware ausschließlich bei Tech Data Midrange zu beziehen. Hierzu arbeitet der VAD gerade entsprechende Verträge aus, die vom Partner gegengezeichnet werden müssen. Verlangt wird zudem, dass der Wiederverkäufer seine Bücher öffnet und TDM Einblick gewährt. Der Distributor möchte sicherstellen, dass die Mitglieder des elitären IBM-Mittelstandszirkels finanziell auf sicheren Beinen stehen. Ein gemeinsam aufgestellter Geschäftsplan legt sodann die künftige Marschrichtung und Zusammenarbeit fest.

Adä setzt bei der Rekrutierung der Partner nicht unbedingt darauf, Kunden der TDM-Konkurrenten wie Magirus oder Avnet für sich zu gewinnen. Vielmehr liegt das Augenmerk auf Händlern, die beispielsweise bisher nur mit HP oder FSC Geschäfte machen und sich ein zweites Standbein schaffen wollen. Auch Bull-Händler hat Adä im Visier. Kaum verwunderlich: Zum einen bewegen sich diese seit ehedem im Dunstkreis von Big Blue, und zweitens stand der TDM-Oberste selbst lange genug auf der Gehaltsliste von Bull - Adä hat die Verbindung zu dessen Partnern sicherlich nicht abreißen lassen.

www.techdatamidrange.de

www.ibm.de

ComputerPartner-Meinung

Wie Pilze aus dem Boden schießen derzeit die Mittelstandsprogramme der IT-Hersteller. Während der Erzrivale - die neue HP - offensichtlich noch immer mit sich selbst beschäftigt ist und dessen SMB-Programm nach Expertenmeinung erst gegen Herbst zu erwarten ist, schwört IBM seine Partner bereits seit einiger Zeit explizit auf den Mittelstand ein. Big Blue verteilt die bereitgestellten Mittel für den Channel aber nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern folgt getreu seinem Motto "Skill for Growth". Taschengeld bekommt nur, wer die hoch aufgelegten Hürden nehmen kann. Für Systemhäuser und VARs, die es geschafft haben, sich professionell aufzustellen, bietet sich mit dem IBM-Partnerprogramm eine gute Chance, gemeinsam mit dem Anbieter zu wachsen. (cm)

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