MMS-Nachrichten: Bilder sagen mehr als Worte

17.10.2002
Fast jedes Kind weiß heutzutage, was eine SMS-Nachricht ist. Und wenn man der Werbung glaubt, sollen auch MMS-Nachrichten bald in aller Munde sein. Aber wenn es um das Wie und das Warum der SMS-Nachfolger geht, herrscht im Markt noch großer Nachholbedarf.

Milliarden von SMS-Nachrichten (Short Messaging Service) gehen jedes Jahr in Deutschland über den Äther. Eine Entwicklung, die vor wenigen Jahren selbst die kühnsten Opti-misten nicht für möglich gehalten hatten. Und die Nachfolger von SMS sind schon aus den Startlöchern gekommen: EMS (Enhanced Messaging Service) und MMS (Multimedia Messaging Service) heißen die neuen Zauberworte. Netzbetreiber und Handyhersteller sind überzeugt, dass vor allem MMS-Nachrichten die Zukunft gehören wird - jedenfalls dann, wenn die Technik die Bedürfnisse der Kunden erfüllen kann.

Momentan zeichnet sich ab, dass der EMS-Dienst - im Jahr 2001 erstmalig angeboten - als Entwicklungsstufe "übersprungen" wird, noch bevor er eine halbwegs breite Akzeptanz erfährt. EMS setzt sich vor allem deshalb nicht durch, weil Nokia nicht mitmacht: Die Finnen unterstützen seit 1997 ihren hauseigenen Standard Smart Messaging, der EMS sehr ähnlich ist.

Der EMS-Dienst setzt auf dem SMS-Standard auf. Die Textnachrichten können hierbei länger als 160 Zeichen sein und vom Anwender formatiert werden. Zum Beispiel lassen sich verschiedene Schreibtypen auswählen, Absätze einfügen und Wörter fetten. EMS ermöglichte es dem Nutzer erstmals, seine Kurznachrichten mit Tönen, Grafikbildern und Animationen zu schmücken. Allerdings kann er dabei nicht selbst kreativ sein, sondern muss sich mit vorgegebenen Elementen seines Handys zufrieden geben.

WAP-Browser als Trägertechnologie

Der MMS-Dienst basiert dagegen auf einem anderen Prinzip und verspricht dem Anwender "multimedialere" Funktionen als EMS. Die Multimedia-Nachrichten funktionieren nur mit WAP-Browsern als Trägertechnologie - genauer gesagt mit dem Wireless Session Protocol - und werden durch das WAP-Forum und dem "3rd Generation Partnership Project" (3GPP) als offener Industriestandard an-geboten. WAP bietet dabei den Vorteil der "Push"-Funktionalität, das heißt die Nachrichten werden automatisch zugestellt, eine aktive Einwahl durch den Empfänger ist nicht erforderlich. MMS ist von der Übertragungsart unabhängig und damit nicht beschränkt auf GSM-, GPRS- oder auf UMTS-Mobilfunknetze.

Für den Verbraucher selbst besteht der größte Unterschied zwischen MMS und EMS darin, dass er bei einer MMS-Nachricht die Töne, Bilder oder Videos größtenteils selbst erstellen kann - vorausgesetzt, sein Handy besitzt die dafür notwendige Technik. Ideal wäre es, wenn das MMS-fähige Handy mit einer integrierten Kamera ausgestattet ist, um einen Schnappschuss gleich mit dem Telefon zu machen. Andernfalls muss das mit einer Digitalkamera aufgenommene Bild irgendwie ins Handy gelangen. Ansteckmodul, Kabel, Infrarot, Bluetooth oder WLAN sind als Datenträger denkbar.

Gleiches gilt für einen Camcorder im Falle einer bewegten Aufnahme. Bis allerdings Mobiltelefone eine akzeptable Videoaufnahmefunktion besitzen, dürfte noch etwas Zeit vergehen. Und wenn das Handy nicht über eine Sprachmemofunktion verfügt, mit dem man zum Beispiel ein paar Grüße versenden will, falls der Angerufene nicht abnimmt, muss auch der Ton erst aus einem Diktiergerät zum Handy kommen.

Praktisch undenkbar ist es, dass es eines Tages MMS-fähige Handys gibt, die kein Farbdisplay besitzen. Dadurch würde die Attraktivität eines empfangenen Fotos oder einer Aufnahme deutlich sinken. Zwar ist es technisch möglich, Farbbilder auch auf monochromen Displays anzuzeigen, die Darstellungsqualität leidet jedoch sehr darunter.

Bilder und Töne sind keine Anhängsel

Zu beachten ist, dass Töne, Bilder und Videos als Teile einer einzelnen MMS-Mitteilung anzusehen sind. Anders als bei E-Mails handelt es sich nicht um angehängte Dateien (Attachments). Und künftig muss man sich auch nicht auf die 160 von der SMS-Nachricht gewohnten Zeichen beschränken: Der MMS-Standard wird keine Maximalgröße für MMS-Mitteilungen festlegen. Aus all diesen Gründen wird eine MMS-Nachricht einen größeren Speicherumfang aufweisen, als man dies von SMS- oder EMS-Botschaften kennt. Auf eine Kapazität von 30 bis 100 Kilobyte schätzen Handyhersteller und Netzbetreiber die MMS-Mitteilungen in der ersten Phase der Markteinführung.

Und wie sieht es mit der Dauer einer Übertragung aus? Die Übertragungsgeschwindigkeit hängt in ers-ter Linie von der Größe der Nachricht und dem verwendeten Trägerdienst ab. Beispielsweise würde eine 30 KB große MMS-Nachricht über einen GPRS-Träger mit einer Nettokapazität von 10 Kbit/s vom Absender bis zum Empfänger 48 Sekunden benötigen. Der Empfänger erfährt jedoch erst nach dem vollständigen Erhalt der MMS-Mitteilung von deren Existenz. Daher wird er nicht unterscheiden können, ob dieser oder jener Provider beziehungsweise dieses oder jenes Handy MMS-Botschaften schneller oder langsamer übermittelt.

ComputerPartner-Meinung:

Dass die relativ einfach gestrickten SMS-Mitteilungen nicht die höchste Stufe des Nachrichtendienstes bei Handys sind, dürfte jedem klar sein. Statt seinem Gesprächspartner am Telefon das Gesehene immer nur mit Worten zu beschreiben - wie viel mehr Aussagekraft hätte doch ein mitgeschicktes Bild! Daher zweifelt keiner daran, dass für MMS-Mitteilungen ein großer Markt vorhanden ist. Dazu müssen aber die Handy- sowie die Versandpreise sinken, das Versenden der Nachrichten in andere Netze möglich werden, und die Vorteile des neuen Dienstes müssen sich he-rumsprechen. Eine größere Anzahl an Marktteilnehmern, besonders auf Seiten der Netzbetreiber, wäre dazu wünschenswert. Doch selbst dann werden MMS-Nachrichten niemals an die Größenordnung des SMS-Dienstes mit derzeit mo-natlich etwa zwei Milliarden verschickten Messages in Deutschland herankommen. Sie werden beide nebeneinander existieren, und fürs Erste wird eine MMS-Mitteilung die Luxusvariante einer SMS-Botschaft sein. (tö)

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