Mobile-Payment-Verfahren im Vergleich

24.01.2002
Heute wird eine ganze Reihe von Payment-Verfahren angeboten. Mobilfunk- und Internethändler haben die Qual, aus einer Vielzahl unterschiedlicher Systeme das Optimale zu wählen. Hier nun ein Auszug aus dem Buch "Report Mobile Business" von Nils Diezmann*.

Zum optimalen System gehören aus Händlersicht neben einer möglichst einfachen Integration ins Händlersystem und der schnellen, sicheren und kostengünstigen Abwicklung auch eine möglichst breite Akzeptanz beim Kunden. Doch spätestens an diesem Punkt beißt sich die Katze in den Schwanz, denn der Kunde ist nur bereit, sich bei einem Payment-Systembetreiber zu registrieren, der auch eine hohe Zahl von Akzeptanzstellen vorweisen kann. Und das sind Händler, die das gewählte Payment-System auch anbieten.

Die so entstandene Sackgasse wird im Internet zurzeit dadurch aufgeweicht, dass bestimmte Inhalte nur nach Bezahlung über einige wenige Verfahren, wie etwa "Net900" von In Medias Res oder Firstgate "Click&buy", freigegeben werden. Da diese Inhalte attraktiv und noch relativ günstig sind, nimmt der Kunde den sanften Druck, nur eines der Zahlverfahren zu verwenden, in Kauf. Bei Kleinstbeträgen, neudeutsch Micropayments, richtet sich der Kunde zurzeit also nach dem Angebot der Händler. Allerdings muss er sich bei beiden Verfahren registrieren lassen und bei Net900 auch noch Software auf seinem PC installieren.

Will sich der Kunde nicht registrieren lassen, so finden hier auch Payment-Verfahren für die gelegentliche Nutzung Anwendung, wie beispielsweise Infin Micropayments. Hierbei wählt der Kunde die für den gewünschten Inhalt angegebene 0190er-Nummer und erhält dort eine Transaktionsnummer (TAN). Diese TAN wird dann auf der entsprechenden Internetseite eingegeben, woraufhin dem Kunden der gewünschte digitale Inhalt übermittelt wird. Die Bezahlung erfolgt dabei über die Belastung der Telefonrechnung für das 0190er-Gespräch.

Bei höheren Beträgen hat ganz klar die Nachfrageseite, also der Kunde, die besseren Karten, dort wird meist der Kauf auf Rechnung gewünscht. Internethändler, die diese Form des Bezahlens nicht anbieten, haben in Deutschland mit deutlich geringerer Nachfrage zu rechnen.

Die meisten im Internet zur Verfügung stehenden Payment-Verfahren bieten nun auch schon mobile Varianten des Bezahlens an. Bei einigen von ihnen ist das Mobiltelefon sogar integraler Bestandteil des Payment-Verfahrens, zum Beispiel bei "Paybox", "Payitmobile" oder "Streetcash". Alle angebotenen mobilen Payment-Verfahren verwenden unterschiedliche technologische Bausteine einzeln oder in Kombination. Je nach verwendeter Technologie ergeben sich damit deutliche Unterschiede bezüglich des Sicherheitsniveaus, im Handling für den Betreiber sowie in der Benutzerfreundlichkeit.

Vorreiter mobiler Payment-Verfahren in Deutschland ist Paybox von der Paybox.net AG in Raunheim. Nach Herstellerangaben akzeptieren schon rund 4.000 mobile Dienstleister wie Taxis und Pizzadienste sowie etwa 1.000 Internetshops das Zahlverfahren. Zurzeit führt das Unternehmen zirka 260.000 registrierte Nutzer; wie viele davon Paybox regelmäßig nutzen, ist allerdings nicht bekannt.

Beim Bezahlvorgang nutzt Paybox das Voice-Verfahren: Der Kunde teilt dem (Internet-)Händler oder Taxifahrer seine Mobilfunknummer mit. Möchte er seine Handynummer nicht weitergeben, so kann er eine feste anonyme Alias-Nummer, also eine fiktive Handynummer, von Paybox erhalten. Der Händler initiiert den Bezahlvorgang und übermittelt seine Paybox-Nummer, die Nummer des Kunden sowie die Höhe des zu zahlenden Betrages. Der Kunde wird dann von Paybox auf seinem Handy angerufen, erhält die Kenndaten der Zahlung und bestätigt diese mit seiner vierstelligen persönlichen Paybox-PIN.

Paybox zieht anschließend über das Lastschriftverfahren den bestätigten Betrag vom Bankkonto des Kunden ein und überweist ihn auf das Konto des Händlers. Dazu müssen allerdings sowohl der Händler als auch der Kunde bei Paybox mit ihrer Bankverbindung registriert sein. Die Registrierung wird über die Paybox-Website mit Hilfe einer gesicherten SSL-Sitzung durchgeführt. Über das Mobilfunknetz beziehungsweise das Internet werden beim Bezahlvorgang selbst keine sensiblen Daten, wie etwa die Bankverbindung, übermittelt. Als Extra-Service bietet Paybox seinen registrierten Kunden auch eine Überweisung direkt auf ein Bankkonto per Paybox an.

Hinter Paybox stehen starke Partner. Die Deutsche Bank hält 50 Prozent und Debitel 4,8 Prozent, der Rest befindet sich in den Händen der Mitarbeiter und des Managements. Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs erfolgt über die Deutsche Bank, das Paybox-Processing wird über das Rechenzentrum von Lufthansa Systems durchgeführt.

An Kosten kommen auf den E-Shopper fünf Euro Jahresgebühr zu, die - so der derzeitige Stand - im ersten Jahr erst einmal entfällt. Für den Händler ergibt sich eine einmalige Einrichtungsgebühr in Höhe von einigen hundert bis einigen tausend Euro, eine monatliche Pauschalgebühr sowie eine Provision in Höhe von drei Prozent. Damit sind die Kosten für den Händler ähnlich hoch wie bei Kreditkartenzahlungen, allerdings noch ohne Übernahme einer Zahlungsgarantie durch Paybox selbst.

Als First Mover hat Paybox zumindest einen deutlichen Bekanntheitsvorsprung vor seinen Wettbewerbern und kann auf eine beachtliche Zahl von registrierten Kunden und Akzeptanzstellen verweisen. Ob dies allerdings für den langfristigen Erfolg ausreichend ist, hängt stark von der weiteren Marktdurchdringung und dem langen Atem der Investoren ab.

Ein Hauptwettbewerber, der von der Marktaufbereitung durch Paybox profitieren möchte, ist Payitmobile. An dem Unternehmen sind der Mobilfunkanbieter E-Plus, die Gesellschaft für Zahlungssystem(GZS) mit 33,33 Prozent, die Materna und die Unternehmungsberatung Accenture beteiligt. Payitmobile bietet neben der Abwicklung über das Lastschriftverfahren auch die Bezahlung über Kreditkarte und EC-Karte an. Als spezielles Sicherheitsplus wird von Payitmobile eine Bonitätsabfrage des Kunden über die GZS herausgestellt. Anders als bei Paybox sind konkrete Zahlen der registrierten Kunden und Händler nicht veröffentlicht. Nach anfänglicher Euphorie zur Cebit 2001 ist es in letzter Zeit relativ still um Payitmobile geworden.

Dieses Bezahlverfahren ist dem von Paybox verwendeten ziemlich ähnlich, anstelle einer Bestätigung durch Voice wird SMS verwendet. Der Kunde erhält eine SMS mit Nennung der Zahlungsdaten und bestätigt diese durch Beantwortung der SMS mit Eingabe seiner PIN. Eine Zahlungsgarantie für den Händler gibt es auch hier nicht, der Händler erhält aber im Streitfall die Adressdaten des Kunden.

Ebenfalls auf SMS beruht das mobile Payment-Verfahren "Streetcash" der Leipziger Firma Inatec. Es ist in der Funktionsweise dem Verfahren von Payitmobile sehr ähnlich. Streetcash versucht aber eher die jüngere Generation anzusprechen. Auch ist im Gegensatz zu Paybox und Payitmobile der Geschäftsschwerpunkt von Inatec eher die Vermarktung und Integration seiner Multi-Payment-Hosting-Plattform "Powercash21", die eine komplette Outsourcing-Lösung zur Abwicklung von mobilen und elektronischen Zahlungen für E-Business-Lösungsanbieter und Online-Händler ermöglicht.

Dabei kann powercash21 eine Vielzahl von Bezahlverfahren integrieren. Inatec kooperiert dabei auch mit der GZS im Bereich der SET-Abwicklung über Powercash21. Die Abrechnung von Streetcash erfolgt über Kreditkarte oder das Lastschriftverfahren. Streetcash ist somit eher die mobile Variante einer ganzen Palette von Bezahlverfahren einer Multi-Payment-Plattform denn ein allein tragenden Payment-Verfahren.

Damit verfolgt Inatec einen ähnlichen Ansatz wie Brokat mit seiner "Suite Payment Works Mobile", Atos-Origin mit der Produktfamilie "Poseidon" oder Trintechs Lösung "M-Wallet" auf Basis von "Payware M-Access". Diese Unternehmen, die als Lösungslieferanten für E-Banking- und E-Payment-Systeme schon mit unterschiedlichen E-Payment-Modulen am Markt etabliert sind, sehen ihre Chance mehr in der Realisierung ihrer Lösungen in Kooperation mit starken Partnern als im Betreiben nur eines einzelnen elektronischen Zahlungssystems.

Für den größten deutschen Betreiber elektronischen Zahlungsverkehres beim Händler vor Ort - am Point of Sale (POS) - Telecash stellt die Abwicklung mobilen Payments die logische Erweiterung des Produktportfolios im Kerngeschäft dar. Daher verwunderte die Ankündigung zur Cebit 2001 nicht, ein eigenes mobiles Payment-Verfahren anzubieten. Allerdings wurde die Marktbearbeitung im mobilen Bereich seit diesem Zeitpunkt von Telecash nicht so vehement wvorangetrieben wie erwartet. Der Status des Mobile-Payments bei Telecash ist deshalb im Moment nicht klar, es bleibt abzuwarten, ob und mit welchen Partnerschaften Telecash die Ankündigung auf der Cebit in der Breite umsetzen wird.

Anonym Bezahlen per Prepaid-Karte

Altbewährte Zahlungsverfahren ziehen hierzulande für das Internet und den Mobilfunk in neuem Gewande ein. Die Prepaid-Karte "Paysafecard" dient als vorbezahlte Guthabenkarte sowohl für das feste als auch für das mobile Internet. Die Idee, im Festnetz über den Kauf einer vorbezahlten Wertkarte im Festnetz günstig vom Ausland aus in die Heimat zu telefonieren, ist in den USA schon relativ alt und beruht wohl auf der Verwendung von Lebensmittelkarten in Krisenzeiten. Das generelle Prinzip "Wertcoupon gegen Geld" ist also schon recht bekannt und leicht verständlich. Umso verwunderlicher ist, dass die Übertragung des Wertkartenprinzips auf Einkäufe im Internet erst jetzt langsam Einzug in Deutschland hält. Denn gerade die Prepaid-GSM-Karte hat zu den hohen Nutzerzahlen des heutigen GSM-Mobilfunksystems in Deutschland geführt.

Die in Österreich schon recht bekannte "Paysafecard" funktioniert dabei wie die amerikanischen Festnetzwertkarten: Auf der Rückseite der Karte befindet sich verdeckt ein 16-stelliger PIN-Code. Dieser wird freigerubbelt, falls gewünscht, mit einem zusätzlichen Passwort gesichert und auf der Seite der zu kaufenden Ware unter der Zahlungsoption Paysafecard eingegeben. Das Paysafecard-Guthaben der Wertkarte wird daraufhin um den entsprechenden Betrag reduziert, und die Ware wird ausgeliefert.

Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass der Kunde beim Einkauf anonym bleiben kann und der Händler auch sicher sein Geld erhält. Der Kunde muss dieses allerdings erst einmal vorstrecken. Die Paysafecard kann im stationären Handel sowie bei einigen Banken, Kiosken oder Tankstellen bezogen werden. Das stationäre Netz befindet sich aber noch im Aufbau und ist zurzeit noch recht weitmaschig.

Ein weiteres, wesentlich größeres Hemmnis stellen die bei der Paysafecard recht hohen Kosten dar. Bei dem Vertrieb über stationäre Partner wollen diese natürlich auch mit verdienen, was bei der Paysafecard zu teilweise sehr hohen Aufschlägen führt.

Für die Mobilfunknetzbetreiber bietet sich mit der Einführung paketvermittelter Dienste, wie sie über GRPS und UMTS möglich sind, die Chance, über entsprechende Verfahren selbst mobile Inhalte entsprechend ihrem jeweiligen Wert dem Kunden in Rechnung zu stellen. Dabei kann entweder über die Telefonrechnung monatlich, also postpaid, abgerechnet werden oder über vorbezahlte mobile Telefonwertkarten, also Prepaid-SIM-Karten.

Schaut man in die Zukunft, so lassen sich die vorhandenen mobilen Payment-Verfahren aus jetziger Sicht nicht linear und vollständig nach den zu erwartenden Erfolgsaussichten ordnen. Doch hat sich das vor einigen Monaten noch recht unübersichtliche Dickicht deutlich gelichtet. Es ist zu erwarten, dass sich mehrere mobile Zahlverfahren dauerhaft etablieren werden. Nach dem Auftauchen weiterer Varianten unter Beteiligung von Netzbetreibern und Banken ist eine deutliche Konsolidierung zu erwarten.

www.symposion.de/mobile-business

*Der Autor Nils Diezmann arbeitet als Customer-Management-Consultant bei der Mummert + Partner Unternehmensberatung.

Das Buch "Report Mobile Business" (ISBN 3-933814-67-7) ist im Verlag Symposion Publishing erschienen und kostet 59 Euro.

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