Motherboards

02.04.1999

MÜNCHEN: Das Allround-Motherboard wird es auch in Zukunft nicht geben. Zu unterschiedlich sind die CPU-Vorgaben und die Anforderungen des Marktes. Qualität ist bei dem großen Angebot aber immer noch das A und O.Wie heißt es so schön: Wer suchet, der findet. Jedoch scheint dies im Motherboard-Markt mit seinem unübersichtlichen Angebot an zum Teil stark differierenden Standards leichter gesagt als getan. So fängt die Qual der Wahl schon damit an, daß die Hauptplatine zu der Art des Gehäuses und der CPU passen muß (siehe Kasten).

Gemeinsamkeiten trotz aller Gegensätze

Einig sind sich die Hersteller nur in zwei Punkten: Nahezu alle Platinen sind heute bereits mit USB-Schnittstelle und 100 MHz Systemtakt ausgestattet, wenngleich dessen Vorzüge auch lange nicht so spektakulär sind wie beim Sprung vom 33-MHz- auf den 66-MHz-Bus bei Einführung des Pentium als neuer Standard. Allerdings können PC-Besitzer den ISA-Bus für Steckkarten bald ebenso vergessen wie EDO bei den Speicherbausteinen. PCI für Karten und SDRAMs müssen es sein, die sich auf den neuen Systemtakt verstehen.

Der Siegeszug des Pentium II

Ein wesentlicher Vorteil der CPUs vom Typ Pentium II ist, daß der Second-Level-Cache sich im Prozessorgehäuse befindet. Somit kann er direkt ohne Umweg über die Hauptplatine auf den Cache zugreifen. Außerdem läuft er mit halber CPU-Taktfrequenz und ist nicht wie bei Sockel-7-Boards an den Systemtakt gebunden. Ferner hat Intel die neue Fassungsvariante für die CPU im Hinblick auf die Strahlungssicherheit laut CE-Norm eingeführt. Böse Zungen behaupten jedoch, daß dies nicht der einzige Grund war. Denn schließlich galt es auch, dem Mitbewerb, so vor allem AMD, ein Bein zu stellen.

Wie dem auch sei, Slot-1-Mainboards mit Intel-BX-Chipssatz und 100-MHz-Frontside-Bus haben sich zur Jahreswende am besten verkauft. Dies bestätigt auch Markus Walter Gabriel, Account-Manager bei Chaintech: "Wir haben ein relativ konstantes Verhältnis von 70 Slot-1- zu 30 Sockel-7-Boards."

Die Herausforderer

Ähnlich verteilt sich die Bedienung des Marktes auch bei Distributoren wie C2000 und Macrotron. "Denn gerade der klassische Assemblierer will nur ein Optimum an Qualität und Geschwindigkeit. Und zur Zeit ist der BX-Chipsatz der beste, den man bekommen kann", so Michael Berg, Absatzmanager für PC-Komponenten bei C2000. Totgesagte leben länger: Dank jüngster Preisoffensiven von AMD und IBM konnte Sockel 7 sich nicht nur am Markt halten, sondern in letzter Zeit sogar ein leichtes Revival erleben. So wird in Taiwan und anderswo entgegen anderslautender Berichte mindestens bis Jahresende munter nach dem "veralteten" Standard weiterproduziert.

Intel gibt den Tekt vor

Bei den CPUs ist Intel eindeutig Marktführer. Und so müssen sich die Boardhersteller auch nach den von dem Chipriesen vorgegebenen Standards richten. Bis vor kurzem war die Marschrichtung ganz klar: Pentium II paßt nur in Slot 1, Pentium und Sockel 7 sind Schnee von gestern. Punkt.

Nun hat sich der diktatgewöhnte Hersteller allerdings doch wieder an die Sockelbauweise erinnert und parellel zum Slot 1 auch Sockel 370 eingeführt. Auf diesen setzt eine neue Generation des preislich attraktiven Celeron mit integriertem Cache auf, der Intel dazu verhelfen sollte, den Low-Cost-Markt zurückzugewinnen.

Diesen bestreiten zur Zeit allen voran AMD sowie Cyrix und IBM mit Sockel-7-Prozessoren, die sich gegenüber Pentium II mit Taktraten bis 400 MHz sogar durchaus sehen lassen können.

Ob Intel sich mit dem Celeron auf Sockel 370 im unteren bis mittleren Marktsegment durchsetzen wird, ist für Hans Grubmüller, Director Mainboards und Grafikkarten bei Macrotron, keine Frage: "Denn Intel ist nun mal Marktführer und baut partout keine Sockel-7-CPUs mehr."

David tritt gegen Goliath an

Während Intel für dieses Frühjahr den Pentium III angekündigt hat, will David AMD dem Goliath vorauseilen und nach dem Erfolg von K6-2 den K6-3 auf den Markt bringen. Laut Branchenintimus Tom's Hardware Guide soll dieser in der 450-MHz-Klasse dem von Intel erwarteten Pentium III 500 bei einigen Benchmarks sogar überlegen sein. Der Kampf geht aber noch weiter. Denn schon schickt sich AMD an, dem "Xeon" im High-End-Markt einen "K7" genannten Prozessor mit 200-MHz-Systemtakt entgegenzusetzen. Das dürfte für Intel eine harte Nuß sein, da der Riese sich durch die Ankündigung eines Systemtakts von 133 MHz einen Vorsprung erhofft hat. Allerdings brauchen die von Intel und AMD angekündigten Systeme auch neue Speicherbausteine, die diese Taktraten verarbeiten können.

Beide neuen CPUs, der Xeon von Intel und der K7 von AMD, setzen darüber hinaus auf neue Fassungen auf. Mit Intels Hochleistungsprozessor kam auf die Boardhersteller Slot 2 zu, und AMD wird für den K7 Slot A einführen.

Entscheidend ist die Qualität

Nicht genug, daß der Käufer es mit einer Vielzahl von Standards zu tun hat und haben wird. Hinzu kommt, daß es weltweit hunderte von Herstellern gibt, von denen allein in Deutschland an die 50 mit mehr oder weniger großem Erfolg ihre Mainboards anbieten. Die zum Teil sehr großen Preisunterschiede bei gleichem Leistungsumfang sind allerdings kein Indiz für die Qualität der Produkte und Service-Leistungen der Hersteller. Asus und Gigabyte beherrschen zum Beispiel über 50 Prozent des deutschen Marktes. Ihr guter Name rechtfertigt sicherlich auch höhere Preise. Jedoch gehe gerade Marktführer Asus mit seiner Preispolitik völlig am Retail vorbei und biete außerdem überhaupt keinen Marketingsupport, wie verschiedene Verantwortliche aus der Distribution bedauernd feststellen.

Womit wir beim Preis wären: Gemessen an den großen Schwankungen, die sich bei Prozessoren und Speicherbausteinen in den letzten Jahren abgezeichnet haben, bewegt sich der Motherboard-Markt eher im seichten Gewässer. So halten sich die Slot-1-Boards mit BX-Chipsatz auf einem relativ konstanten Preisniveau, während Platinen mit identischen Chipsätzen anderer Hersteller wie VIA, SIS und Apollo 20 bis 25 Mark darunter liegen. Für Sockel 7 gibt der Chaintech-Mann Gabriel eine moderate Preissenkung von maximal ein bis zweieinhalb Prozent an.

All-in-One oder offen für alles?

Die Preise für PC-Systemplatinen fangen bei unter 100 Mark an und gehen je nach Hersteller und Ausstattung hoch bis weit über 1.000 Mark. Auch wenn dies Puristen widerstrebt, bieten einige Boards schon volle Grafik-, Sound- und in Zukunft sogar Modem-Funktionalität. "Im OEM- und Retail-Bereich ist dies der Trend, wohin der Markt geht", sagt Peter Brickwede, Produktmanager für die Eigenmarke Macom bei Macrotron. "Assemblierer wollen Lösungen, die soviel wie möglich an Bord haben," pflichtet ihm Gabriel bei. Denn bei Standardanwendungen seien zu getrennten Komponenten keine gravierenden Unterschiede zu erkennen. Einschränkend sollte man jedoch hinzufügen, daß All-In-One-Lösungen in der Regel spezielle Gehäuse erfordern.

"Fachhändler und Endkunden, die auf Erweiterbarkeit setzen, werden aber Mainboards bevorzugen, die möglichst viele Steckplätze bieten und problemlos zu installieren sind", führt Gabriel aus. Hier geht der Weg mehr und mehr zur jumperlosen Einstellung über das Bios. Ob dies angesichts der Gefahr leichtfertiger Veränderungen jedoch im Sinne des Erfinders ist, darüber streiten sich die Geister noch. (kh)

Sockel-7-Boards gelten zwar als überholt, doch die Intel-Herausforderer AMD & Co. scheint das wenig zu kümmern. Denn moderne Sockel-7-Hauptplatinen warten ebenfalls mit einem Systemtakt von 100 MHz auf.

Mit Slot 1 und Pentium II konnte sich Intel erfolgreich durchsetzen. Den preiswerten Celeron gibt es jetzt allerdings auch wieder mit einer Sockelfassung, Sockel 370 genannt. Diese sieht Sockel 7 ziemlich ähnlich, ist aber zu dem älteren Standard nicht kompatibel.

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