Multifunktionsgeräte: Verschläft der Fachhandel den lukrativen Trend?

25.09.2003
Der Druckermarkt zeigt positive Tendenzen: Ein Plus von 2,3 Prozent verzeichnen die Analysten im zweiten Quartal. Allerdings hat man dieses Wachstum vor allem der Einstiegsklasse der All-in-Ones zu verdanken. Der Absatz der reinen Drucker ist hingegen um weitere zehn Prozent gesunken.

Nach einer langen Durststrecke geht es endlich auch im Druckermarkt wieder aufwärts: Laut IDC wurden im zweiten Quartal 2003 in Deutschland mehr als 1,2 Millionen Geräte verkauft, das sind 2,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Allerdings dürfen sich nicht alle Händler und Hersteller über diese Entwicklung freuen, denn das Wachstum im Markt hat man ausschließlich den trendigen und günstigen Kombigeräten zu verdanken. Die so genannten All-in-Ones und die leistungsfähigeren MFPs haben mit einem Absatz von 298.000 Stück ein Wachstum von mehr als 90 Prozent hingelegt. Bei "normalen" Druckern sieht es hingegen nach wie vor ziemlich düster aus: Hier fiel der Absatz von 1,03 Millionen im Vorjahresquartal auf aktuell 915.000 Stück. Das ist ein Minus von 11,3 Prozent.

Kombigeräte erobern allmählich auch die Büros

Die seit langem prognostizierte Verlagerung von Druckern in Richtung Multis scheint nun tatsächlich einzutreffen. Dies zeigt sich auch in den technologischen Anteilen des Marktes: Im zweiten Quartal 2002 machten Drucker noch 87 Prozent des Marktes aus. Ihr Anteil ist jetzt auf 75 Prozent gesunken. Die Multis konnten ihren Anteil hingegen von 13 auf 25 Prozent fast verdoppeln - Tendenz weiter steigend. "Unsere Umsatzzahlen im MFP-Bereich sind derzeit durch Produktionskapazitäten und nicht durch das Kundeninteresse begrenzt", bestätigt Jörg Klinkhammer, Vertriebsleiter Retail bei Lexmark, den Boom.

Der Hersteller teilt sich den lukrativen Markt derzeit mit HP. Lexmark bringt es laut IDC bei den Multis derzeit auf einen Marktanteil von 33,7 Prozent, HP liegt bei 46 Prozent und damit auch hier an erster Stelle. Der Dritte unter den Top Five, Brother, schafft nur noch fünf Prozent, gefolgt von Canon mit 4,1 und Epson mit 3,7 Prozent. Der Rest spielt keine entscheidende Rolle mehr.

Der Fachhandel reagiert nicht auf den Trend

"Insbesondere die Einstiegsklassen im Ink-Jet-Bereich sind Senkrechtstarter", sagt Udo Schlauch, Direktor SMB&Channel bei Lexmark. Händler, die sich Geräte von HP oder Lexmark in den Laden stellen, können also eigentlich nichts mehr falsch machen, oder? Doch sie tun es nicht, wie der Manager resignierend feststellt. "Erstaunlich, dass sich der Business-Kanal von diesem Geschäft nicht eine Scheibe abschneidet."

Denn - leider, leider - werde der Wachstumsmarkt derzeit hauptsächlich vom Retail-Kanal getragen, beim Fachhandel rege sich hingegen wenig, sagt Schlauch: "Die Multis kommen bei den Kunden hervorragend an. Der Retail-Kanal hat sofort reagiert. Und was macht der Fachhandel? Nichts." Man wundere sich sehr über das mangelnde Interesse der Fachhandelspartner, sagt der Manager. So biete Lexmark dem Handel bewusst alle Optionen, um mit der Konkurrenz von Media-Markt und Co. mithalten zu können: "Unsere Partner haben die Möglichkeit, die Geräte zum gleichen Preis wie der Retail-Kanal anzubieten. Speziell für den Business-Bereich haben wir außerdem Produkte im Angebot, die der Kunde nur über den Fachhandel beziehen kann. Diese Geräte sind leistungsfähiger, haben ein größeres Tintenvolumen und kosten nur unwesentlich mehr als die Consumer-Geräte. Gerade für Geschäftskunden sind die Total Cost of Ownership sehr wichtig. Der Fachhandel hat also alle Argumente in der Hand. Doch er gibt das Geschäft kampflos an die Retailer ab."

Kombigeräte lösen herkömmliche Drucker ab

Auch andere Hersteller bestätigen den Trend: "All-in-Ones und MFPs werden den Druckermarkt bald dominieren. Geräte, die nur noch drucken können, werden zwar nicht verschwinden, aber bald nur noch ein Nischenmarkt sein", so die Prognose. Dass die meisten Umsätze im Retail-Kanal eingefahren werden und sich der Fachhandel hier - ähnlich wie bei den margenträchtigen Verbrauchsmaterialien - noch in einem Dämmerzustand befindet, wird von den Wettbewerbern ebenfalls bestätigt.

Beim Marktführer Hewlett-Packard sieht man es allerdings nicht ganz so dramatisch wie bei Lexmark, auch wenn man sich tatsächlich mehr Engagement der Fachhändler wünscht. Das wird noch kommen, ist sich HP-Sprecherin Barbara Wollny sicher: "Die Einstiegsklassen laufen tatsächlich zum Großteil über Retail. Die leistungsfähigeren und laserbasierenden MFPs, für die der Fachhandel prädestiniert ist, stehen hingegen noch am Anfang."

Die seien schließlich beratungsintensiv, und der Kunde sei nicht unbedingt sofort bereit, den Abteilungsdrucker gegen einen netzwerkfähigen MFP zu tauschen. Auch eine Frage des Preises, wie Wollny meint: "Diese Geräte kosten immerhin um die 800 Euro, die höcherwertigen All-in-Ones auf Tintenbasis gibt es für durchschnittlich 200 Euro." Die großen Wachstumsraten gebe es derzeit daher nur im Consumer-Umfeld, der Preisverfall und der Trend zur Farbe würden aber auch den Fachhändlern bald das Geschäft mit den Business-Kunden erleichtern: "Das Potenzial ist riesig."

Lexmark will Marktführer werden

Und so hält Udo Schlauch die Predigt weiterhin alleine: "Der multifunktionale Bereich, Laser wie Tinte, wird weiter deutlich zulegen - eine Marktchance für aktive Fachhändler." Er fordert, dass die Fachhändler ihre Chance frühzeitig erkennen, und bläst bezüglich der Marktentwicklung ins gleiche Horn wie die Wettbewerber: "Wer sich dem weiterhin verschließt, wird in zwei Jahren nur noch einen Nischenmarkt bedienen." Lexmark selbst werde sich jedenfalls weiterhin auf den Wachstumsmarkt konzentrieren: "Wenn Märkte umbrechen, ist das für uns auch eine Chance, Marktanteile neu zu definieren." Man strebe sogar Platz eins bei den Multis an, sagt Schlauch. Er hofft, dass die Fachhandelspartner mitziehen: "Sonst sind wir eines Tages Marktführer, und jeder weiß es - nur der Fachhandel nicht."

www.lexmark.de, www.hewlett-packard.de

ComputerPartner-Meinung

Das Geschäft mit den kleinen Geräten lohnt sich nicht, meinen offenbar viele Händler. Aber es lohnt sich doch, den Kunden - beispielsweise mit einem Bundle aus All-in-One und Digitalkamera - in den Laden zu locken: Denn wenn er auf den Geschmack gekommen ist, wird er wiederkommen und dann vielleicht nicht nur Verbrauchsmaterial, sondern auch ein professionelleres Gerät kaufen. Und seinen Händler dann vermutlich auch weiterempfehlen. (mf)

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