Musik liegt in der Luft

23.11.2006
Hausvernetzung ist heute ein Top-Thema. Die einen glauben, es reicht eine Universalfern- bedienung, andere plädieren für Bus-Systeme zur Haussteuerung. Unsere Schwesterzeitschrift "Digital World" hat sich erst einmal das Wohnzimmer vorgenommen.

Von Thomas Papadhimas,

Digital World

Die Mehrzahl der deutschen Haushalte verfügt über PCs, Digitalkameras, MP3-Player sowie Fernseher, Stereoanlagen und Videoabspielgeräte. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung von Fotos, MP3-Songs und Videos will der Anwender diese Unterhaltungsschätze am liebsten immer und überall nutzen. Vor allem in der Entertainment-Hochburg Wohnzimmer. Das aber am besten mit möglichst wenig Umbauten und Zusatzkosten.

Also muss das richtige Netzwerk her, das quasi als Kitt zwischen PC und Wohnzimmer dienen kann. Hier eignet sich zum Beispiel UPnP (Universal Plug and Play).

Das Protokoll UPnP ermöglicht es beliebigen Endgeräten, auf einen zentralen Rechner zuzugreifen, auf dem - im speziellen Wohnzimmer-Fall - Filme, Fotos und Musik liegen. Dafür muss auf dem PC eine Serversoftware installiert werden - schon können alle UPnP-Geräte ihn ansprechen. Dafür ist nicht einmal ein Kabel notwendig, alles funktioniert auch über WLAN. Daten werden nur einmal gespeichert und müssen nicht mühsam mit jedem Client synchronisiert werden.

Heimvernetzung mit UPnP

Universal Plug and Play setzt auf standardisierte Netzwerkprotokolle und Dateiformate. Alle Geräte, die UPnP verstehen, können über Standardnetzwerkprotokolle, etwa TCP/IP, Bilder, Musik sowie Videos empfangen und wiedergeben. UPnP lässt sich mit jedem IP-fähigen Betriebssystem nutzen und ist somit plattformunabhängig. Dadurch kann es nicht nur auf PCs, sondern auch auf kleinen Geräten wie Sat-Receivern, NAS oder Konsolen laufen. Dem UPnP-Konsortium gehören bis heute 799 Unternehmen an. Darunter sind die treibenden Größen Intel und Microsoft.

Welche Formate man streamen kann, hängt in erster Linie von der Serversoftware ab. Die meisten Programme bieten die Formate an, die durch die UPnP-Vorgaben fest definiert sind. Die Software von Nero geht einen Schritt weiter: Sie wandelt nicht kompatible Formate um, bevor sie übers Netz laufen. Diese Umrechnung muss jedoch schnell gehen und erfordert entsprechende Hardware.

Minimum sind eine aktuelle CPU, am besten ein schnelles Dual-Core-Modell, und mindestens ein Gigabyte Speicher. Nur das gewährleistet einen kontinuierlichen Datenstrom. Wer diese Aufgabe von einem alten, ausgemusterten Rechner ausführen lässt, muss damit rechnen, dass die Wiedergabe stark ruckelt oder ganz aussetzt.

Grundsätzlich lassen sich alle gängigen Audio-, Video und Fotoformate streamen. Wer mit einer Digicam fotografiert, speichert seine Fotos sowieso im JPEG-Format, und Musik ist als MP3-, WMA-, AAC- oder M4A-Datei käuflich.

Probleme gibt es bei kopiergeschütztem Material. Sowohl Client als auch Server müssen DRM (Digital Rights Management) unterstützen, ansonsten laufen gekaufte Songs aus Online-Musik-Shops nicht übers Netz. Das gilt sowohl für Stücke im WMA-Format als auch für Lieder aus iTunes. Letztere können nur wenige Media-Server im Haus verteilen, WMA ist in dieser Hinsicht das wesentlich besser etablierte Format.

Nicht nur gekaufte Musik lässt sich im Haus verteilen, auch Web-Radio kann man überall hören. Die Auswahl an Online-Sendern ist riesig. Da viele Stationen nicht kommerziell arbeiten, haben die Anbieter bei der Song-Auswahl freie Hand - viele Sender kommen sogar ohne Werbung zur Refinanzierung aus. Außerdem ist hier nicht nur langweiliges Pop-Gedudel angesagt. Es gibt für jede Sparte eigene Sender, egal ob Heavy Metal, türkische oder religiöse Programme. Im Internet kommt jeder auf seinen Geschmack. Damit verschiedene Sender parallel im Haus empfangen werden können, ist eine breitbandige Internetanbindung nötig.

Geschwindigkeit ist alles

Je nach Geschwindigkeit des Internetanschlusses können mehrere Sender gleichzeitig gehört werden. Mit einem ISDN-Anschluss kann man maximal einen Stream deutlich unter 64 Kbit anhören - da gibt es aber nur sehr wenige Sender.

Die meisten Stationen liefern mit 128 Kbit aus; ein DSL-1.000-Anschluss schafft dementsprechend etwa eine Handvoll Sender unter optimalen Bedingungen. Auch die Geschwindigkeit des Netzwerks ist wichtig. WLAN nach 802.11g reicht zwar für fast alles, aber nur solange dieser Datentransfer der einzige im Netz ist. Für Videodateien sollte es eher ein 100-Mbit-Netzwerk sein. Bei mehreren Teilnehmern kommt man schnell in den Bereich, wo nur noch Gigabit-Ethernet lästige Ruckler beseitigen kann.

Bei einem WLAN ist die Installation kein Problem, bei kabelgebundenen Netzwerken wird der Heimwerker betriebsam: Hier müssen Kabel verlegt, Löcher gebohrt und Stockwerke überwunden werden.

Eine Alternative sind Power-LAN-Adapter. Diese übermitteln die Daten über das hausinterne Stromnetz. Dabei wird lediglich ein Adapter in die Steckdose gesteckt und über ein Ethernet-Kabel mit dem Gerät verbunden. Nominell sind bis 200 Mbit/s möglich.

Die richtige Software ist entscheidend

Nur wenn eine Serversoftware läuft, sind alle Daten im Netzwerk verfügbar. Je besser diese programmiert wurde, desto reibungsloser ist der Betrieb. Ein gutes Programm sollte schnell neue Dateien indizieren, umfangreiche Einschränkungen bieten, aber nicht zu verspielt sein. Bei den Serverprogrammen hat der Anwender derzeit die Wahl zwischen drei Kaufprogrammen von Ahead, Twonkyvision und On2Share sowie einem kostenlosen Tool von Microsoft. Zudem liefern die Hersteller der Netzwerkspieler in der Regel ein eigenes Programm mit. Windows Media Connect ist ein kleines Tool, das sich unauffällig in die Windows-Oberfläche integriert. Die Bedienung ist kinderleicht und erfordert fast keine Vorkenntnisse. Nach der Installation kann der Anwender sogar einzelnen Clients den Zugriff erlauben oder verbieten. Windows Media Connect funktioniert auch mit der Xbox 360. Steht die Konsole im Wohnzimmer, kann man diese einfach als Media-Receiver nutzen. Ein Nachteil: Windows Media Connect spielt nicht so viele Dateiformate wie die anderen Lösungen ab, es ignoriert zum Beispiel VOB-Dateien.

Twonkyvisions Serverprogramm Twonkymedia gibt es als Music- und als Media-Variante unter www.twonkyvision.de. Erstere ist kostenlos, verbreitet aber nur Audiodateien im Netzwerk. Die Media-Variante ist auch für Fotos, Internetradio und Videos zuständig. Der Server lässt sich komplett über ein Web-Interface steuern, somit kann ihn jeder Rechner im Haus konfigurieren oder abschalten. Die Software erlaubt umfangreiche Einstellungen und berücksichtigt sogar kleine Hardwarefehler aktueller Geräte. Beispielsweise ermöglicht Twonkyvision das Abspielen von Divx auf einem Netgear MP115. Besonders für große Installationen mit mehreren Teilnehmern empfiehlt sich Twonkyvision wegen der hohen Geschwindigkeit.

Die Serversoftware Nero Mediahome von Ahead ist im Programmpaket von Nero enthalten. Sie erlaubt vielfältige Einstellungen, ist aber auch etwas speicherhungrig. Dafür kann Mediahome Audio- und Videodateien direkt in ein bestimmtes Format decodieren, um etwa einem Streaming-Client genau das Format anzuliefern, das er am besten decodieren kann. Die Indizierung bei Nero ist aufwändig und dauert ziemlich lange. Bei vielen Dateien ist die Software vergleichsweise langsam.

Wer einen Wohnzimmer-PC mit der Windows Media Center Edition nutzt, kann damit ebenfalls auf einen UPnP-Server zugreifen. One2-Share bietet ein Plug-in für den Windows Media Player. Das macht jeden MCE-PC zu einem UPnP-Client. Auch die nötige Server-Software gibt es unter www.one2share.com.

Um Daten zu streamen, gibt es noch das VLC-Media-Plug-in. Es kann jedoch nur in Echtzeit streamen und bietet keine Serverfunktionen. In Verbindung mit einer Dream-Box kann VLC sogar das aktuelle Fernsehprogramm über das Netzwerk bringen.

Die Rechte sind entscheidend

Durch eine Netzwerkverbindung allein kann man jedoch nicht auf die Dateien und Ressourcen der anderen Rechner zugreifen. In beiden Fällen wird generell zwischen Lese- und Schreibzugriff unterschieden.

Bei der Benutzerfreigabe ist es möglich, dass Benutzer 1 den Inhalt nur lesen darf, während Benutzer 2 lesen, schreiben und löschen darf. Ordner oder ganze Festplatten können jedoch auch für alle Benutzer freigegeben werden.

Das ist schnell und effektiv, erlaubt allerdings weniger Feinheiten in den Einschränkungen. Bei einem UPnP-Server ist meist nur eine ordnerbezogene Freigabe möglich, die einzelnen Clients zählen also nicht als Benutzer.

Fazit

Dank des UPnP-Standards sind keine tief greifenden Netzwerkeinstellungen und Expertenkenntnisse notwendig.

UPnP-Geräte werden einfach über Kabel oder WLAN in ein Netzwerk integriert und kommunizieren automatisch miteinander, um sich abzustimmen. Sobald ein UPnP-Gerät eine gültige Netzwerkadresse besitzt, meldet es sich bei den anderen Netzwerkteilnehmern an und gibt die eigenen Eckdaten und Hardwareeigenschaften weiter.

Der UPnP-Server, auch Kontrollpunkt genannt, kann diese Informationen verarbeiten und mit bestimmten Kommandos sogar Geräte steuern. So wäre es theoretisch möglich, mit dem Lichtschalter seine kompletten Netzgeräte hochfahren zu lassen, denn UPnP beschränkt sich nicht nur auf Audio- und Video-Streaming, sondern hat auch Ansätze für eine komplette Haussteuerung.

Damit die Geräte reibungslos zusammenarbeiten, kann der Server auch bestimmte Statusinformationen der vorhandenen Clients abonnieren. So erfährt der Server in Sekundenschnelle, welche Geräte im Netz ihren Status ändern. GO

Zur Startseite