Wertlose Zertifikate

Muss die Bank Kunden über Provisionen aufklären?

09.08.2012
Der Bundesgerichtshof hat erneut zu Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern entschieden.
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Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in vier weiteren, in wesentlichen Punkten parallel gelagerten Verfahren erneut mit Schadensersatzklagen von Anlegern im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. befasst.

Darauf verweist der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Hünlein von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis die Mitteilung desBundesgerichtshofs (BGH) vom 26.06.2012 zu seinen Urteilen vom gleichen Tage, Az.: XI ZR 259/11, XI ZR 316/11, XI ZR 355/10 und XI ZR 356/10.

In allen vier verhandelten Sachen erwarben die Anleger im Februar 2007 von derselben beklagten Bank für Anlagebeträge in unterschiedlicher Höhe - die investierten Summen lagen zwischen 17.145,01 € und 300.000 € - jeweils "Global Champion Zertifikate". Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger in Höhe von 8,75 % des angelegten Betrages sollten nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen von der Wertentwicklung dreier Aktienindizes (Dow Jones EuroSTOXX 50, Standard & Poor´s 500 sowie Nikkei 225) abhängig sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war. In allen vier Fällen erhielt die Beklagte von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5 %, die sie den Anlegern nicht offenbarte.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages (abzüglich vor der Insolvenz der Emittentin erfolgter Bonuszahlungen) gerichteten Klagen hatten in den Vorinstanzen jeweils weit überwiegenden Erfolg. In den Verfahren XI ZR 259/11 und XI ZR 316/11 hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte schulde den Anlegern unabhängig davon Schadensersatz, ob diese die Zertifikate im Wege eines Festpreisgeschäfts, d. h. eines Kaufvertrags, von der Beklagten erworben hätten oder ob Letztere aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages für die Anleger gehandelt habe. Im Falle eines Kommissionsvertrages sei die Bank nach den Rechtsprechungsgrundsätzen über Aufklärungspflichten bei Rückvergütungen zur Aufklärung der Anleger über die Höhe der von der Emittentin erhaltenen Vertriebsprovision verpflichtet gewesen. Bei einem Festpreisgeschäft habe die Bank auf ihre Verkäuferstellung und einen daraus folgenden Interessenkonflikt hinweisen müssen.

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