Nach Ausbleiben der Aussteller nun auch Besucherschwund

09.03.1998

HANNOVER: Der zweite Versuch, die Cebit Home in Hannover als Alternative zur Internationalen Funkausstellung in Berlin zu etablieren, ging erneut daneben. Nach Angaben der Deutschen Messe AG kamen rund 180.000 Menschen vom 26. bis 30. August auf das Messegelände in Hannover, 35.000 weniger als bei der Erstauflage vor zwei Jahren. Die Prognosen für die Zukunft der Messe fallen eher düster aus.Zumindest der termingestreßte Fachbesucher konnte der Messe durchaus positive Aspekte abgewinnen: Staufreie Autobahnen, mehr Taxis als Fahrgäste und menschenleere Gänge, welche die Wegstrecke von A nach B erleichterten.

Offenbar hat nicht nur die Unterhaltungselektronikindustrie (UE) der Cebit Home den Rücken gekehrt (siehe auch ComputerPartner 18/98, Seite 14), auch die Besucher sind zu Hause geblieben. Zwar konnte die Messeleitung einen Anstieg der Fachbesucher verzeichnen. Zielgruppe Nummer eins, der Privatbesucher, zeigte jedoch deutlich geringeres Interesse als noch vor zwei Jahren.

Belagerungszustände gab es zwischendurch einzig an den Ständen der Spielehersteller. Erstmals gab es in der Halle 3 den Angebotsschwerpunkt "Digital Entertainment". Auf über 7.200 Quadratmetern präsentierte sich die Computer- und Videospieleindustrie von ihrer buntesten und auch lautesten Seite.

Die Begründungen der Messeleitung für den Besucherschwund klingen eher hilflos: Schuld seien unter anderem die Schulferien in Norddeutschland. Die geringere Zahl der Aussteller führte Messevorstand Hubert Lange darauf zurück, daß zahlreiche Vertreter der Audio- und Videobranche die Internationale Funkausstellung in Berlin oder die Photokina in Köln der Cebit Home vorzögen.

Vielfalt der Messen zwingt Hersteller zur Auswahl

Tatsächlich stellen sich praktisch alle Aussteller die Frage, auf welchen Hochzeiten sie in Zukunft tanzen wollen. Durch das Zusammenwachsen von Computer- und Unterhaltungselektronik, eröffnet sich besonders für Hersteller mit einer breit gefächerten Produktlinie wie etwa Fujitsu, IBM oder Sony alljährlich eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich auf Messen dem Endkunden und Fachbesuchern zu präsentieren. Für viele Firmen ist dies eine Kostenfrage. Besonders die gebeutelten UE-Hersteller können sich kaum mehrere größere Messeauftritte pro Jahr leisten. Was die Zukunft der Cebit Home angeht, geben sich die meisten Aussteller eher pessimistisch: "Die Messe hat einen schwierigen Stand", erklärt Hansjörg Frey, Leiter des Consumer-Bereiches bei der IBM. "Wir mußten dieses Jahr auf der Cebit Home präsent sein, da wir zurück ins Consumer-Geschäft wollen. Für die Veranstaltung in zwei Jahren haben wir jedoch noch keine Entscheidung getroffen." Ähnliche Worte findet Olaf Bock, Marketing Manager bei Network Associates: "Wir wollten in Hannover Präsenz zeigen, jedoch ist für uns die bevorstehende Systems wesentlich wichtiger. Der Termin der Cebit Home so kurz vor der Messe in München ist ungeschickt gewählt."

Bitter war die Cebit Home auch für die Kooperationsspezialisten der Electronic Partner. In Hannover wurde die neue Fachhandelslinie "EP: Multimedia" vorgestellt. Der Zuspruch war für die Düsseldorfer aber eher mager. "Wir hatten einen höheren Anspruch an die Messe", klagt Ulrich Eising, Produktmanager Multimedia bei EP. "Wir hatten uns mehr Frequenz erhofft - die Veranstaltung stellt sich für uns eher als Kids- und Spielemesse dar."

Compaq gehört zu den großen Namen der PC-Branche, welche durch Abwesenheit glänzten. "Für uns war es die richtige Entscheidung, nicht auszustellen", erklärt Compaq-Produktmanager Klaus-Peter Brück, der Gast auf dem Microsoft-Stand war. "Wir sehen die Cebit Home als reine Regionalmesse - ich bin gespannt, ob sie überleben wird."

Produkt-Highlights waren die Ausnahme

Eines der wenigen Highlights der Messe war die Neuausrichtung von Sony im Markt der zusammenwachsenden technologischen Welten von PC- und Unterhaltungselektronik. Mit den "Vaio"-Notebooks wagen sich die Japaner erstmals in den PC-Markt. Um im umkämpften Markt der portablen Computer nicht unterzugehen, wurde die Firmenstrategie komplett überarbeitet. "Video-audio-integrated-operation" (Vaio) heißt das neue Konzept. Damit will der Konzern seine IT-Produkte nicht als isolierte Produktschiene anbieten, sondern die Geräte in die Welt von Audio und Video einbinden. So beherrschen die Notebooks bereits ab Werk die Kommunikation mit den Digital-Camcordern und Mini-Disc-Geräten aus eigenem Hause per "i.Link"-(IEEE 1394)-Schnittstelle. Als einer der wenigen Hersteller zeigte sich das Unternehmen mit dem Verlauf der Cebit Home zufrieden. "Für uns ist die Messe eine gute Möglichkeit zum Kontakt mit dem Endkunden", äußerte sich Susanne Crefeld, Marketingmanagerin bei Sony in Köln. Eine Entscheidung pro oder contra einer Teilnahme an der dritten Auflage der Messe in zwei Jahren wird allerdings frühestens nach einer genauen Auswertung des Auftrittes in Hannover getroffen.

Im Jahr 2000 muß die Multimedia-Messe wegen der Expo nach Leipzig ausweichen. Ob sich das Messekonzept in Zukunft allein auf den Zuspruch vereinzelter Großhersteller und auf das neue Standbein Spiele stützen kann, wird sich dort zeigen. (akl)

Zum zweiten Mal nach 1996 öffnete die Cebit Home in Hannover ihre Tore.

Eines der wenigen Produkt-Highlights auf der Cebit Home stellten die

Vaio-Notebooks von Sony dar.

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