Kommentar von CP-Chefreporter Armin Weiler

Nach der Cebit die Sintflut

Kommentar  30.11.2018
Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Die Gründe für den Niedergang der Cebit liegen nicht nur in der veränderten IT-Welt und inhaltlichen Fehlern. Auch der Umgang mit den Ausstellern trug dazu bei, meint CP-Kommentator Armin Weiler.

Die Reaktionen auf das nun verkündete Cebit-Aus, die Fülle an Kommentaren (darunter dieser hier) und das allgemeine Presse-Echo zeigen, wie sehr das Sterben der Cebit die Branche bewegt.

Ein knapper Abschiedsgruß der Cebit unter www.cebit.de.
Ein knapper Abschiedsgruß der Cebit unter www.cebit.de.

Gut - gefühlte 90 Prozent der Reaktionen sind von Sentimentalität getrieben und drehen sich um Dinge wie "als wir uns gegenseitig unter den Messestand gesoffen haben", "als wir in den zweieinhalb angesagten Hannoverschen Clubs das Marketing-Budget des kompletten Jahres verpulvert haben" oder "ich musste im viel zu kurzen Kinderbett schlafen".

Es wird aber auch Ursachenforschung betrieben, für die Cebit allerdings Jahre zu spät. Aber vielleicht kann ja der eine oder andere Messe- oder Event-Ausrichter etwas daraus lernen. Klar, bei der Ausrichtung der Messe und bei der der Themensetzung wurden sicher Fehler gemacht. Doch ein wesentlicher Punkt findet weniger Beachtung, da ehemalige und aktuelle Aussteller eher ungern darüber reden. Wir haben uns im Channel umgehört und mit vielen Markteilnehmern zum Cebit-Aus gesprochen. Jenseits der offiziellen Verlautbarungen war doch sehr große Unzufriedenheit mit dem Umgang seitens der Messeverantwortlichen herauszuhören.

Nicht Aussteller sondern Bittsteller

Immer wieder wurden Kunden vor den Kopf gestoßen und mancher Ärger wurzelt tief. Die Firmen waren nicht Aussteller sondern Bittsteller. Der Katalog mit drastischen Strafen für Fehlverhalten wie eine um ein paar Minuten überzogene Standparty war fast dicker als der mit den Serviceleistungen der Messe. Redet man mit ehemaligen Cebit-Ausstellern fallen Worte wie "unflexibel", "Gängelung" oder gar "Arroganz".

Mit der Schließung der Halle 1 gingen schon 2007 viele Aussteller verloren und das setzte sich mit ständig wechselnden Hallenkonzepten und Platzierungs-Frust fort. Kleinere Unternehmen fühlten sich gegenüber den Dickschiffen der Branche nicht ausreichend eingebunden. Immer mehr Aussteller blieben der Cebit fern. Damit wurde die Schau für Besucher weniger attraktiv und das führte wiederum dazu, dass Aussteller für die überschaubare Anzahl an Kundenkontakten und Leads sich nicht mehr die teure Messepräsenz leisten wollten - ein Teufelskreis, aus dem die Cebit nicht mehr heraus kam.

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Man muss den Messemachern zugestehen, dass sie immerhin versucht haben, das Ruder herum zu reißen - egal wie man zu der Neuausrichtung der Cebit 2018 steht. Doch auch dieser Versuch endet nun in der für die Cebit typischen Halbherzigkeit. Einen etwas längeren Atem hätten die letzten treuen Aussteller schon verdient gehabt. Sie, die in diesem Jahr mit der Cebit den Neuanfang gewagt haben, fühlen sich nun veräppelt. Noch letzte Woche wurde ihnen von den Cebit-Verkäufern in höchsten Tönen das Loblied auf die Messe gesungen. Manch einer hat auch schon Geld, Zeit und Mühe investiert und muss das jetzt alles in den Wind schreiben.

Ganz nach dem Motto "Nach der Cebit die Sintflut" hat die Messegesellschaft nun die Reißleine gezogen. Am Ende blieb die Deutsche Messe zumindest einer Tradition treu: Die Aussteller wurden nicht gefragt.

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