Nach der Diät: Von elf Geschäftsfeldern sind vier geblieben

23.01.2003
Beim Schweizer Lösungsanbieter Ascom gab es zum neuen Jahr einen Wechsel an der Führungsspitze. Die Ablösung von Urs Fischer durch Juhani Antilla als Präsident des Verwaltungsrates ist eine konsequente Fortsetzung der massiven Umstrukturierungen im Unternehmen.

Wie viele andere Unternehmen auch, musste der Schweizer TK-Konzern Ascom 2002 mit einer Schlankheitskur beginnen. Nachdem die Umsätze eingebrochen waren und das Unternehmen Verluste schrieb, hatte der Verwaltungsrat beschlossen, die elf Säulen, aus denen Ascom damals bestand, auf vier Kernbereiche zu reduzieren. Außerdem wurde dem Unternehmen ein massiver Verkauf von Immobilien und der Abbau der Nettoverschuldung verordnet. Mit Erfolg, wie es scheint, denn die kreditgebundenen Banken haben sich bereit erklärt, die Umstrukturierung mitzutragen - nicht zuletzt deswegen, weil es dem Verwaltungsrat gelungen ist, die Nettoverschuldung bis Mitte 2002 um 34 Prozent zurückzuschrauben.

Nun präsentiert sich Ascom als "internationaler Lösungsanbieter für sichere und hochverfügbare Sprach- und Datenübertragung". Übrig geblieben sind die Geschäftsfelder Integrated Services, New Technologies, Enterprise Communications und Energy Systems. Mit ihnen wollen die Schweizer die Märkte Network Integration, Security Solutions, Transport Revenue und Wireless Solutions adressieren. Hinter den Begriffen steckt nicht das, was im Allgemeinen da-runter verstanden wird. Ascom verwendet die Titel vielmehr für sehr genau abgesteckte Betätigungsfelder wie zum Beispiel den sicheren Verkehr im Gotthard-Tunnel, der in den Bereich Security Solutions fällt. Diese Nischen haben nach Meinung der Führungsriege von Ascom ein hohes Wachstums- und Gewinnpotenzial. "Wir adressieren jetzt Märkte, in denen wir entweder unter den ersten Drei sind oder die absolute Nischen sind", erklärt Ingmar Rath, Geschäftsführer Ascom Deutschland gegenüber ComputerPartner.

Doch die Neuordnung bei der Unternehmensgruppe ist noch nicht beendet. Denn in den vier Geschäftsbereichen gibt es noch einige Felder, für die das Unternehmen Partner, Käufer oder Investoren sucht. Dazu gehört beispielsweise auch der Markt Enterprise Communications. Unter diesem Titel hat Ascom PBX angesiedelt, also den Vertrieb der kleinen und mittleren TK-Anlagen. Nachdem die Entscheidung Mitte 2002 gefallen war, sich mehr auf das Dienstleistungs- und Servicegeschäft zu konzentrieren, sucht Ascom nun nach einem "starken Partner" für die "Devestition" dieser Division. Bislang hat sich allerdings noch niemand gefunden, der bereit gewesen wäre, genug zu investieren.

Enterprise Communications ist auch die Division, in der Ascom sehr stark mit Partnern zusammenarbeitet. Vor allem die Produktlinie "Ascotel Intelligate" wird über Sys-temhäuser und Systemintegratoren vertrieben. Adressiert werden mit den Anlagen mittelständische Unternehmen. Bislang wurden in Deutschland rund 14.000 Anlagen mit einer halben Million Ports ins-talliert. Damit gehört laut Aussage von Ascom die Ascotel-Intelligate-Linie zu den fünf großen Telekommunikationsausrüstern in Europa, bezogen auf den Anlagenbereich bis 100 Nebenstellen. "Wir arbeiten derzeit mit etwa 72 Partnern zusammen, die hauptsächlich TK-orientiert sind oder aus Verbänden im Bereich Elektro kommen," sagt Rath. Im ersten Halbjahr 2003 soll eine neue Variante der Anlage, die Ascotel Intelligate 16, verfügbar sein, die den Ausbau auf bis zu 400 Teilnehmer erlaubt. Der zweite Bestandteil der Division "Enterprise Communications" ist Wireless Solutions. Hier legt Ascom den Vertriebsschwerpunkt auf industrielle Lösungen und Health Care. Zielgruppe sind Kliniken und Seniorenheime sowie Justizvollzugsanstalten und Kraftwerke, die durch die Ascom-Lösungen ihre Sicherheit erhöhen sollen.

Ascom hat sich vorgenommen, die Profitabilität der einzelnen Geschäftsfelder, in denen der Konzern keine Käufer oder Investoren sucht, bis zum Jahr 2005 zu steigern. So sollen beispielsweise die Wireless Solutions ein Ebitda von 15 Prozent abwerfen. Derzeit liegt das Ebitda in diesem Bereich bei 13 Prozent. Für 2003 erwartet der Ascom-Geschäftsführer noch keine Impulse. "Im Jahr 2004 wird es aber eine Belebung der TK-Märkte geben", vermutet Rath.

www.ascom.com

ComputerPartner-Meinung:

Die Struktur von Ascom ist durch den Umbau schlanker geworden. Verständlicher ist sie allerdings nicht. Man hat teilweise den Eindruck, die Mitarbeiter von Ascom sind sich selbst nicht klar darüber, was denn nun der anvisierte Nischenmarkt oder Geschäftsbereich ist. Auch nach der Umstrukturierung hat Ascom viel zu viele Eisen im Feuer, als dass der Konzern transparent wäre. Die eigensinnige Bezeichnung der Märkte macht die Sache nicht einfacher - weder für potenzielle Investoren noch für Kunden. Man kann dem neuen Chef von Ascom, Juhani Antilla, nur wünschen, dass er einen Weg findet, das Konzept seines Konzerns auch der Öffentlichkeit begreiflich zu machen. Sonst dürfte es zum Beispiel auch weiterhin schwer sein, die so genannten "Devestitionen" in die Tat umzusetzen. (gn)

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