Nach der Ingram-Panne: Brauchen Händler ein eigenes Lager?

06.10.2006

Datom GmbH

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Herrn Daniel Mangatter

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München, 09.10.2006

Sehr geehrter Herr Mangatter,

in einer E-Mail an die Geschäftsführung der Ingram Micro Deutschland GmbH haben Sie Ende September Ihrem Unmut über die Lieferschwierigkeiten des Distributors Ausdruck verliehen. Sie schreiben unter anderem:

"Ingram scheint in keinster Weise bewusst zu sein, welchen Schaden kleinen Unternehmen wie uns im Moment zugefügt wird. (...) Dem Kunden an der Basis ist es egal, ob Lieferverzögerungen durch einen Distributor wie Ingram zustande kommen; er nimmt hier nur unsere Unfähigkeit wahr, ihm seine Ware günstig und schnell zu organisieren. (...) Ingram hat nun einmal durch seine Marktführerstellung im deutschen Markt auch eine besondere Verantwortung und sollte sich dessen auch bewusst sein."

Ihre Verärgerung kann man verstehen, vermutlich tun dies sogar die Ingram-Manager. Aber klar ist auch: Solche Sachen passieren. Es ist ja nicht so, dass Ingram Micro mit böser Absicht die Lieferpanne herbeigeführt hat, um den eigenen Kunden zu schaden. Das Unternehmen, welches am meisten unter der Situation leidet, ist Ingram Micro selbst. Marktkenner vermuten, dass Ingram durch die Lieferschwierigkeiten ungefähr 60 bis 70 Millionen Euro Umsatz eingebüßt hat.

Wie kann man sich als Kunden gegen solche unvorhersehbaren Ereignisse wappnen? Das Wichtigste ist sicherlich, dass man immer noch mindestens eine zweite Quelle hat. Das haben fast alle Händler. Man kann also ausweichen. Daher haben sich Ingram-Konkurrenten über den unerwarteten Umsatzzuwachs gefreut; er hätte den Stimmen von Actebis, Tech Data und Also zufolge aber ruhig noch etwas größer ausfallen dürfen.

Daneben tauchte - zumindest in den Redaktionsgesprächen - die Frage wieder auf, ob die eigene Lagerhaltung nicht doch zur Kernkompetenz des Handels gehört. Früher war das mal so. Doch seit Jahren predigen die großen Broadliner - mit zunehmendem Erfolg -, dass der Handel kein eigenes Lager mehr benötige, sondern den Distributor seines Vertrauens als sein ausgelagertes Lager nutzen sollte. Die Kritiker dieser Outsourcing-Strategie fühlen sich jetzt bestätigt: Händler mit einem eigenen Lager wären weitaus weniger von den Lieferschwierigkeiten Ingrams betroffen als diejenigen ohne Lager, sagen sie.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, sehr geehrter Herr Mangatter, aber mich überzeugt diese Argumentation nicht. Soll der Handel nur aus dem Grunde ein teures Lager finanzieren, weil eventuell einmal für eine gewisse Zeitspanne ein bestimmter Distributor nicht oder nicht termingerecht liefern kann? Nein, das wäre völlig unangemessen. Oder halten Sie sich im Garten Ihr eigenes Hausschwein aus Angst, dass Ihr Metzger mal kein Schnitzel mehr für Sie übrig hat?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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