Nach Vobis-Übernahme: Partner und Wettbewerber nehmen Stellung

06.04.1999

MÜNCHEN: So lange die Verhandlungen um den Vobis-Verkauf dauerten, lagen die Geschäfte der Filialen größtenteils auf Eis. Erholt sich der ehemalige Marktgigant unter der Leitung des neuen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Rakow wieder - oder ist nach so langer Zeit die Luft raus?Mit Jürgen Rakow führt jetzt bei Vobis ein Manager das Zepter, der den Markt und die Fachhandelsszene in Deutschland in- und auswendig kennt. Da stellt sich die Frage, wie Freund und Feind den neuen Mann an der Unternehmensspitze beurteilen und wie sie sich jeweils auf die neuen Gegebenheiten durch den Wiedereintritt von Vobis ins Computerfilialgeschäft einstellen. ComputerPartner befragte führende Manager von Wettbewerbern (Comtech und PC-Spezialist), Geschäftspartnern (Computer 2000 und Mit-Franchisenehmer SNC) und Handelkooperationen (Akcent und Comteam) nach ihren Prognosen für das Unternehmen. Einig zeigten sich alle in einem Punkt: Jürgen Rakow ist ein guter Mann für den Job. Doch bei der Frage nach der Chance von Vobis, zu alter Spitzenform zurückzugelangen, scheiden sich die Geister.

Die Fragen:

1. Beglückwünschen Sie Herrn Dr. Rakow zur Vobis-Übernahme? Oder steht ihm ein Spießrutenlauf im Markt bevor?

2. Ihre Meinung: Wird Vobis im Retail-Markt zu alten Glanz zurückfinden?

3. Was bedeutet für Ihr Unternehmen konkret der Wiedereintritt von Vobis in den Markt?

Die Antworten:

Theo Lieven, Gründer und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Vobis AG in Würselen

Ich habe mir in "meiner Zeit" von selbsternannten Kommentatoren auch nicht viel sagen lassen. Warum also sollte ich jetzt Herrn Rakow Ratschläge geben? Natürlich steckt in Vobis mehr, als man es zur Zeit vermuten könnte. Nach den künstlichen Aufgeregtheiten der letzten Monate wünsche ich Vobis und vor allem dem deutschen PC-Markt nur eines: Ruhe und Gelassenheit.

Winfried End, Mitgeschäftsführer der Comtech GmbH

1. Für einen echten Entrepreneur ist dies natürlich eine Aufgabe, die man nicht jeden Tag bekommt. Insofern beglückwünschen wir Herrn Dr. Rakow zu einem Job, der alles bietet, was ein Unternehmerherz begehrt. Daß seine Mission nicht ohne Risiko ist und die anderen Marktteilenehmer ihm nicht gerade die Steigbügel halten werden, ist aber klar. Er und sein Team werden Glückwünsche also gut gebrauchen können.

2. Prophetische Fähigkeiten zählen leider nicht zu meinen Eigenschaften. Aber sagen wir mal so: Es bedarf sicher einer sehr durchdachten Strategie, um die derzeitige Stellung von Vobis im Markt auszubauen.

3. Zunächst einmal sehen wir in der Übernahme von Vobis auch ein Signal an all jene, die der Gattung PC-Filialist schon die letzte Ölung verabreichen wollten. Herr Rakow scheint in seiner Einschätzung des Marktpotentials im wesentlichen mit der unseren übereinzustimmen. Ob und inwieweit die Vobis-Übernahme konkrete Auswirkungen auf unser Unternehmen hat, kann nur die Zukunft zeigen. Gegen gesunden Wettbewerb haben wir nichts, im Gegenteil. Allerdings weiß heute noch niemand, in welcher Geschwindigkeit, Konstellation und Ausrichtung Vobis zurückkehren wird.

Frank Roebers, Vorstand der PC-Spezialist Franchise AG

1. Wir haben sehr große Achtung vor der Entscheidung des Herrn Dr. Rakow. Wir begrüßen es sehr, daß die große Unsicherheit über die Zukunft der Vobis somit ein vorläufiges Ende gefunden hat. Der Niedergang unserer Wettbewerber, wie beispielsweise Escom oder Schadt, hat einen großen Vertrauensschaden für unsere Branche bedeutet. Es ist hierdurch der Eindruck entstanden, diese Unternehmen wären in einem ruinösen Markt tätig. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir alle arbeiten in einem phantastischen Markt mit stetig steigender Nachfrage. Sättigung ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Kein anderer Kunde scheint so leidensfähig wie der PC-Käufer. Jeder Anbieter, der auch nur ansatzweise die Bedürfnisse seiner Kunden erkennt und bedient, hat unglaubliche Umsatzchancen. Vobis gehörte einmal zu den Unternehmen, die sehr erfolgreich am Markt tätig waren.

2. Wir hoffen, daß es Herrn Dr. Rakow gelingen wird, Vobis wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Interessant wird sein, welche Entscheidung bezüglich der Vertriebsform gewählt wird. Herr Dr. Rakow kennt sowohl die Filialstruktur als auch die Vorzüge des Franchise. Franchise ist unserer Meinung nach die Betriebsform, die kundenorientierter ist als andere.

3. Unsere strategischen Entscheidungen werden durch die Übernahme nicht beeinflußt. Wir werden weiter unsere Stores optimieren, weiter wachsen und unseren Vorsprung bei der Kundenbegeisterung ausbauen.

Rüdiger Sievers, Geschäftsführer der SNC in Mainz und selbst Vobis-Franchisenehmer:

1. Begückwünschen? Ja! Herr Dr. Rakow ist als erfahrenener Kaufmann in unserem Markt anerkannt und kennt als Franchisenehmer und Berater der Vobis die Probleme von beiden Seiten. Wenn es Herrn Dr. Rakow gelingt, die richtige Führungsmannschaft mit einem vertretbaren Kostenblock in die Zentrale zu holen, wird er dem Markt zeigen können, daß man mit neuen Ideen bestehen kann - vorausgesetzt, das Kapital reicht aus, die Maßnahmen zu finanzieren, um das neue Konzept bis zum Jahresendgeschäft in Gang zu bringen und die alten Strukturen auf einen neuen Kurs einzustimmen.

2. Nein, nicht so wie früher. Der Markt hat sich in den letzten eineinhalb Jahren für die Vobis verändert. Die Preisführerschaft ist von anderen übernommen worden, und die aufgrund der Technologieführerschaft höheren Preise werden von den Verbrauchern nicht akzeptiert. Die Vobis kann in ihrer jetzigen Struktur nicht der Billiganbieter werden, sondern wird durch vielfache Leistung um das Produkt Computer und Software neue Nutzen für eine neue Zielgruppe entwickeln müssen. An erster Stelle stehen hier Service, Know-how, Warenverfügbarkeit sowie ein klar definiertes und überschaubares Sortiment. Ziel sollte es sein, dem Kunden 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr mit Know-how und Dienstleistung zur Verfügung zu stehen. Dann wird es der Vobis gelingen - sicherlich geschrumpft - mit neuer Ausrichtung wieder zu einer Führungsrolle in unserem Markt zu kommen.

3. Wir müssen unsere Mitarbeiter für die neuen Ziele motivieren, ihnen über die noch kommende Durststrecke hinweghelfen, die Standorte unserer zwölf Filialen unter der neuen Ausrichtung und dem neuen Produktsortiment auf Profitabilität überprüfen und unsere Zielgruppe ohne große Streuverluste richtig ansprechen. Zudem ist es wichtig, daß das Miteinander zwischen den Vobis-eigenen Filialen und den Superstores harmonischer wird. Außerdem wünschen wir uns, stärker in die Entscheidungen der Zentrale einbezogen zu werden.

Werner Hollik, Vertriebsdirektor bei Distributor Computer 2000 GmbH

1. Natürlich habe ich ihn beglückwünscht! Als Vobis-Franchisenehmer weiß er, wovon er spricht; er kennt die Interna wie kein anderer und weiß, was er ändern beziehungsweise weiterführen muß, um erfolgreich zu sein.

2. Die Herausforderung liegt meiner Meinung nach darin, ob er als Hersteller oder aber als Handelshaus seine Kernkompetenz sieht. Beides

miteinander zu verknüpfen, ist wohl nicht gelungen; die Kompetenzen

divergieren doch sehr stark - der

Bäcker baut ja auch nicht seine Back-Maschinen selbst. Folglich sehe

ich eine sehr gute Chance, einen

gesunden Absatzkanal für den Consumer-Endkunden zu etablieren,

aber nicht für einen weiteren

PC-Hersteller.

3. Konkreten Handlungsbedarf sehe ich nicht. Vobis war Kunde und wird es hoffentlich auch bleiben.

Karl Ulrich Schönemeyer, Geschäftsführer der Fachhandelskooperation Comteam GmbH in Lilienthal

1. Ich beglückwünsche Dr. Rakow zur Übernahme von Vobis. Ein Spießrutenlauf wird ihm nicht bevorstehen. Die PC-Fachhändler dürften erleichtert darüber sein, daß Vobis nicht mehr konzerngeführt wird, sondern von einem Mann aus ihrer Mitte. Die Hersteller werden es begrüßen, daß der Retail-Markt nicht um einen wichtigen Abnehmer ärmer wird und sie nicht in größere Abhängigkeit von einigen wenigen geraten. Schließlich werden die Vobis-Franchisenehmer und -Mitarbeiter froh über diesen Wechsel sein, weil ihre geschäftliche und berufliche Zukunft eine neue Perspektive erhält.

2. Ich bin sehr zuversichtlich, daß Dr. Rakow mit neuen Ideen und Konzepten die Rückkehr der Vobis zu altem Glanz möglich sein wird. Die Gegenfrage wäre, wer außer ihm könnte den Turnaround schaffen? Als größter Franchisenehmer von Vobis mit über 30 Geschäften und als langjähriger Vorsitzender des Franchisenehmer-Beirates der Vobis AG kennt er das Unternehmen und den Markt hervorragend und wird sehr wohl in der Lage sein, die bevorstehenden Herausforderungen zu bewältigen.

3. Wir von Comteam sehen keinerlei Veranlassung, irgendwelche Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Im Gegenteil, wir sind sehr froh über diese Übernahme. Wie Sie wissen, ist Dr. Rakow seit Jahren Kommanditist und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Comteam GmbH & Co. KG. Es wird zwischen Comteam und Vobis eine Vielzahl von Synergieeffekten entstehen, die wir auf beiden Seiten nutzen werden. Ein Teil unserer Mitgliedsbetriebe ist zwar vom Betriebstyp PC-Shop, der Wettbewerb zwischen ihnen und den Vobis-Shops wird aber nicht stärker werden als in der Vergangenheit.

Frank Garrelts, Vorstandsvorsitzender der Fachhandelskooperation Akcent Computer in Lilienthal:

1. Herzlichen Glückwunsch Herr Dr. Rakow. Die Übernahme eines maßgeblichen Anteils an der Vobis AG ist ein konsequenter Schritt, Ihre aufgebaute Franchisektte weter zu entwicklen beziehungsweise deren Zukunft zu sichern. Wenn ich 33 Läden unter einem Markenbegriff aufgabut hätte und diese Marke zum Verkauf stünde, würde ich ebenso handeln.

2. Mir ist Dr. Rakow als ein Unternehmer bekannt, der erst denkt und dann handelt. Wenn er plant, Vobis zu einem systemhausähnlichen Filialunternehmen umzubauen, hat er

sich bestimmt im Vorfeld seine Gedanken zu dieser Thematik gemacht. Mit Ärmel hochkrempeln allein wird der Vobis-Kurs nicht leicht zu

korrigieren sein. 237 Standorte, 1.018 Mitarbeiter und allein 43 Superstores - es wird nicht einfach, Herr Dr. Rakow.

3. Was die Ausrichtung unserer eigenen Aktivitäten betrifft, so werden wir den Wandlungsprozeß bei Vobis sehr genau beobachten. (du)

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