"Nächstes Jahr schreiben wir schwarze Zahlen"

24.02.2000
Trotz aller Unkenrufe und Hindernisse, die das PC-Geschäft momentan mit sich bringt, lässt sich Vorstandschef Jürgen Rakow nicht beirren und zieht gemeinsam mit seinem Partner Jürgen Bochmann die Umstrukturierungen bei der Vobis Microcomputer AG wie geplant durch.

Jürgen Rakow ist zuversichtlich: "Wir werden alle Restrukturierungsmaßnahmen noch in diesem Jahr abschließen und 2001 erstmals wieder schwarze Zahlen schreiben."

Mit seinem Vorstandsvorsitz und dem Anteil von 25 Prozent (gemeinsam mit Jürgen Bochmann) hat sich Rakow im Mai letzten Jahres einen ordentlichen Klotz ans Bein gebunden. Etwa 40 Millionen Mark Nettoverlust standen im vergangenen Geschäftsjahr unterm Strich. Darin sind Kosten für die Sortimentsbereinigung von 8.000 auf etwa 2.500 Artikel, Personalrekrutierung, eine neue EDV-Struktur und natürlich für die Standortüberprüfungen enthalten. Bis zum Abschluss der Restrukturierung rechnet Rakow mit Gesamtkosten von 120 Millionen Mark und liegt damit deutlich unter Plan, denn die ursprüngliche Kalkulation sah sogar 150 Millionen vor.

Umsatzseitig erwirtschaftete Vobis 1999 1,1 Milliarden Mark wovon 730 Millionen auf den stationären Handel entfallen. Die restlichen 370 Millionen ergaben sich aus Telesales-Verkäufen und Internet-Geschäften mit Endkunden sowie durch mit 300 Millionen nicht unbeträchtliche Posten-Direktgeschäfte. Für das Jahr 2000 ist eine leichte Umsatzsteigerung auf 1,2 Milliarden Mark geplant. Zu Stückzahlen will Rakow nichts Genaueres verraten, die Marktforscher bei IDC sprechen jedoch von gut 497.000 verkauften PCs in Europa.

Um das Vobis-Modell auf ein neues Fundament zu stellen, hat Rakow allen Franchise-Nehmern die Verträge gekündigt und in Vertriebspartnerverträge und neue Franchiseverträge umgewandelt. Die Franchiser müssen Ware nun ganz normal mit einem Zahlungsziel von 40 Tagen ordern, erhalten aber ein umfangreiches Rückgaberecht (außer für PCs und Notebooks). Als Standortgebühr werden monatlich pauschal 3.000 Mark fällig. Dazu kommen dann noch die Gebühren für die Ware, die bei der Zentrale zu besonders günstigen Konditionen eingekauft wird.

Etwa 50 der bisherigen Partnerschaften wurden wie geplant nicht mehr erneuert. Rakow hatte bei seinem Antritt verkündet, dass jeder einzelne Shop auf den Prüfstand kommt (siehe ComputerPartner 19/99, Seite 9). Sein Ziel ist eine Zahl von ungefähr 200 Standorten. "Es gibt Städte, in denen haben wir nicht einen vernünftigen Standort. Das heißt aber nicht, dass wir diese Standorte aufgeben. Vielmehr werden wir innerhalb dieser Städte Umzüge vornehmen."

Hat sich Vobis in der Vor-Rakow-Ära noch oft auf Scharmützel mit den großen Retailketten wie etwa Media Markt und Pro Markt eingelassen, will der Berliner Unternehmer weg aus dieser Konkurrenzsituation: "Unsere Kunden sind anders als die der großen Electronic Stores - sie wollen Beratung und Service". Gelingen soll das Unterfangen mit einem ganzen Strauß von neuen Produkten und Dienstleistungen. So bietet das Unternehmen ab der Cebit seinen Kunden unter der Überschrift "Fixx" ein Servicepaket mit Beratung, Reparatur, Wartung, Aufrüstung oder Systemcheck an. Dazu wurden in den Geschäften offen gestaltete Wartungsbereiche eingerichtet, in denen der Kunde dem Servicetechniker bei der Arbeit über die Schulter schauen kann. Zusätzlich gibt es Finanzierungsangebote sowie Unterstützung per Hotline und Internet. Dazu stellen die Aachener neue Produktlinien der Eigenmarke "Highscreen", Linux-Rechner und eigene Serversysteme sowie High-End-PCs mit dem Namen "Highpaq" vor. Vor allem mit den letzten Beiden sollen verstärkt anspruchsvolle Anwender und Unternehmenskunden gewonnen werden.

Auf die Kritik, dass ein Spagat zwischen Hersteller und Verkäufer schwierig ist, entgegnet Rakow: "Für uns ist es wichtig, eine Eigenmarke zu haben, um unabhängig zu sein. Nicht zuletzt deshalb haben wir nun auch in Taiwan ein eigenes Einkaufsbüro eröffnet, um an den wichtigen Produzenten noch näher dran zu sein."

Doch kurz vor dem Ziel des Abschlusses der Restrukturierung lehnen sich Jürgen Rakow und sein Team noch nicht zurück. An einem neuen Produktkonzept namens "Cybis" wird bereits gefeilt, und auch die eigene PC-Produktion soll weiter ausgebaut werden. (akl)

www.vobis.de

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