"Nächstes Jahr wollen wir eine Million Computer im Bundle verkaufen"

11.04.1999
MÜNCHEN: Fujitsu will bereits Anfang nächsten Jahres europaweit PCs im Bundle mit Telefondiensten unter die Leute bringen. Als heißer Kandidat wird immer wieder AOL genannt. Die Konkurrenz ist skeptisch.

Bisher gibt es trotz vieler Ankündigungen und einiger weniger Vorreiter noch keinen Free-PC-Boom in Deutschland. Diese Situation könnte sich jedoch bald ändern. AOL steht laut eigenen Angaben mit mehreren Herstellern im Gespräch. Erst kürzlich ist der amerikanische Telefonanbieter mit fünf Prozent beim PC-Hersteller Gateway eingestiegen (siehe ComputerPartner 38/99, Seite 10). Für weitere 800 Millionen Dollar, die in den nächsten zwei Jahren fließen sollen, wird Gateway den eigenen Kunden künftig AOL-Online-Dienste anbieten. Das Abkommen gilt bisher allerdings nur für den amerikanischen Markt. "Für Europa ist noch alles offen", bekundet AOL-Unternehmenssprecher Alexander Adler.

TREND GEHT ZUM ZWEIT-PC

Daß demnächst tatsächlich Bewegung in den europäischen Markt für Bundles von PCs und TK-Diensten kommen könnte, legen auch die Verhandlungen von Fujitsu Siemens mit zahlreichen TK-Anbietern nahe. Der Europachef von Fujitsu Siemens, Winfried Hoffmann, bestätigte ComputerPartner, daß der Großkonzern unter anderem mit British Telecom, France Telecom, T-Online und AOL in dieser Richtung Gespräche führt. "Eigentlich wollten wir schon früher in diesen Markt einsteigen, müssen das Ganze jetzt allerdings wegen der Verknappung von Speicherbausteinen nach hinten drücken. Der High-End-Markt ist aufgrund unserer Motherboard-Produktion in Augsburg und der Lagerkapazitäten in Holland zur Zeit attraktiver", erläutert Hoffmann. So bald sich die Lage entspanne, wolle Fujitsu Siemens aber mit Nachdruck auch Billig-PCs im Paket mit Internet-Diensten verkaufen. "Wir werden mit mehreren Partnern operieren. Allein für das nächste Jahr sind europaweit eine Million PCs für dieses Segment eingeplant." Hoffmann begründet die Offensive damit, daß der Trend zu Zweit- und Dritt-PCs gehe. Für die Zukunft habe er deshalb die Vision, weitere Produkte im Bundle anzubieten: "Auch Mobile-Computer mit Telefonanschluß werden wir im Programm haben."

VORTEIL KUNDEN-AKQUISITION

Der Internet-Service-Provider Gigabell ist ebenfalls optimistisch. Das Unternehmen bietet neuerdings unter anderem bei Promarkt, Metro, Karstadt und Interfunk einen Internet-Zugang im Verbund mit einem PC der Firma IPC/Archtec an. Die angebotenen Computer sind ausgestattet mit einem 400-MHz-Intel-Celeron-Prozessor, einem 64-MB-Arbeitsspeicher, einer 8,4-GB großen Festplatte, Disketten- und CD-Rom-Laufwerken, einem 56K-Modem sowie "Red Hat 6.0" von Linux. Der Monitor ist nicht im Preis inbegriffen. Der PC kann symbolisch für eine Mark erworben werden. Der Leiter der Abteilung Preselection, Hassan Farhadi, erklärt jedoch, daß die Finanzierung dieses Bundles an anderer Stelle aufgebracht wird. Der PC selbst wird demnach vom Kunden entweder über eine Laufzeit von drei Jahren mit monatlich 29,90 Mark abgestottert oder er wird direkt bezahlt. Gleichzeitig müsse der Kunde 100 "Freiminuten" für monatlich 4,90 Mark kaufen. Laut Farhadi erwartet sich das Unternehmen auf diese Weise Vorteile bei der Kundenakquisition.

SKEPSIS BEI PROVIDERN

Wie bei AOL die Zahlungsmodalitäten für den Kunden letztendlich aussehen werden, ist nach eigenen Angaben noch nicht geklärt. Andere Internet-Service-Provider bleiben in puncto Gratis-PC generell skeptisch. Bei 1&1 weiß man, daß "ein Computer immer Geld kostet". Sei er nun durch Kundenbindung, eigene Gelder, Herstellerrabatte oder Werbung finanziert. Das Unternehmen will deshalb seine Bemühungen in diesem Markt vorerst nicht forcieren, da man auch ohne Bundles "gutes Geld" verdiene. Bei T-Online heißt es lapidar: "AOL hat doch bisher nur geredet. Wir wollen erst mal sehen, ob sowas in Deutschland überhaupt kommt." (gg)

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