Netscape Communications GmbH, Herrn Karl Klarmann, Ludwigstr. 45, 85399 Hallbergmoos, München, 12.08.1996

16.08.1996
Sehr geehrter Herr Klarmann,schade, daß wir seit der Eröffnung der deutschen Vertriebsniederlassung im letzten Jahr samt Ihrem ersten öffentlichen Auftritt als dortiger Geschäftsführer keine Gelegenheit mehr zu einem ausführlichen Gespräch hatten.

Sehr geehrter Herr Klarmann,schade, daß wir seit der Eröffnung der deutschen Vertriebsniederlassung im letzten Jahr samt Ihrem ersten öffentlichen Auftritt als dortiger Geschäftsführer keine Gelegenheit mehr zu einem ausführlichen Gespräch hatten.

Sicherlich haben Sie der Aufbau der hiesigen Dependance und der schier überschwengliche Rummel um das amerikanische Mutterhaus zeitlich sehr stark in Anspruch genommen. Ich hoffe, daß Sie nunmehr aus dem Gröbsten heraus sind und Zeit finden, mir ein paar brennende Fragen zu beantworten. Vor allem die, wie Netscape-Partner mit Ihrer Software Geld verdienen können.

Der Hintergrund ist folgender: Immer wieder wird mir von verschiedenen Seiten versichert, daß in den beiden Bereichen Inter- und Intranet sehr viel Geld zu verdienen sei. Auch dem IT-Handel würden sich hier lukrative, neue Geschäftsfelder eröffnen, von der Installation von Web-Servern ist hierbei viel die Rede. In diesem Zusammenhang sorgt der Softwaregigant aus Redmond derzeit für Furore. So ist seine Web-Server-Software kostenlos über das Internet erhältlich. Weiter noch: Sie ist integraler Bestandteil der in Kürze erscheinenden Version 4.0 von Windows NT. Doch selbst wer Microsoft links liegen läßt und statt dessen auf das Netzwerkbetriebssystem von Novell setzt, wird damit künftig einen WWW-Server betreiben können. Es wirft sich damit unweigerlich die Frage auf, warum Netscape für seine Software Geld verlangt. Mir scheint, als entwickle sich die unentgeltliche Verteilung von Internet-Software jeglicher Gattung zu einem gängigen Vermarktungskonzept. Wie das funktioniert, haben Sie bei der Browser-Software Ihren Mitbewerbern ja auch geradezu exemplarisch vor Augen geführt.

Könnte es aber sein, daß sich dieser anfänglich so genial erscheinende Schachzug nunmehr als Boomerang für Netscape erweist? Kurzum: Warum soll der IT-Handel künftig auf Netscape-Produkte setzen? Was sind Ihre Argumente dafür, daß sich Wiederverkäufer Ihre Produkte ins Regal stellen? Und mit welchen Argumenten sollen Händler ihre Kunden überzeugen, Geld in zusätzliche Software zu investieren, die sie teils kostenlos, teils über das eingesetzte Betriebssystem erhalten?

Über ein offenes Wort zu dieser Angelegenheit sowie über Ihre weiteren Plänen im Zusammenspiel von Netscape und dem IT-Handel würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Meyer

Stellv. Chefredakteur

Computerwoche Verlag GmbH

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