Netware 6 wird doch nicht verschenkt

24.05.2002
Dieses Jahr fand die europäische Ausgabe der Brainshare nicht mehr in Nizza, sondern in Barcelona statt. Und der Umzug hat sich für Novell gelohnt.

Etwa 1.500 Teilnehmer konnte dieses Jahr Novell auf seiner europäischen Kunden- und Partnerveranstaltung Brainshare in Barcelona begrüßen. In der katalanischen Hauptstadt gab sich die Netzwerk-Company zuversichtlich, was ihre Zukunft betrifft. In der Eröffnungsrede verkündete der CEO Jack Messman, den Umsatz im kommenden Jahr um zehn Prozent steigern zu wollen. Nachdem die Company im ersten Quartal dieses Geschäftsjahres 271 Millionen Dollar umgesetzt hatte, würde dies bedeuten, dass man 2003 den Umsatz deutlich über eine Milliarde steigern möchte.

Sowohl Messman als auch sein Stellvertreter Chris Stone gingen auf das Thema "Web-Services" ein: Keinesfalls hätte man diesen Trend versäumt, hieß es. Vielmehr verfolge man mit den eigenen "Net-Services" diesen Ansatz bereits seit vier Jahren. Was hingegen Microsoft oder IBM heute als Web-Services verkauft, seien laut Messman nur Grunddienste. Erst die "Extended Services" würden demnach einen echten Mehrwert erbringen. Darunter versteht der Novell-Präsident eine Weiterentwicklung der eigenen Net-Services. Innerhalb des Unternehmensnetzwerkes würden diese dann EAI-Projekte obsolet machen; über die Firewall hinweg gäbe es damit endlich "wahre" Business-zu-Business-Applikationen.

Novells Vize-Chef Chris Stone gab die Verfügbarkeit neuer Produkte bekannt. So wird noch in diesem Monat die Betaphase von "Zenworks 4.0 for Desktops" starten, bis schließlich im Juli die endgültige Version des Desktop-Management-Werkzeugs in den Handel gelangen soll. Voraussichtliche Lizenz- kosten der Software: 49 Dollar pro Client.

Außerdem gibt es wieder mal eine Namensänderung: NIMS (Novell Internet Messaging System) heißt ab sofort "Net-Mail". Deren Version 3.1 wird Ende Juni auf den Markt kommen. Die webbasierte Messaging-Plattform ist unter Windows NT/2000, Solaris, Linux und natürlich Netware lauffähig. Voraussichtlicher Endkundenpreis der Software: 15 Dollar pro Anwender.

Aber auch zu den Geschäftszahlen konnte die Unternehmensleitung Klärendes beitragen: Derzeit macht Novell nur etwa ein Drittel seines weltweiten Umsatzes in Europa. Vor vier Jahren war es aber noch die Hälfte. "In Europa haben wir in den vergangenen Jahren den Channel vernachlässigt und versucht, mit eigenen Kräften den Vertrieb zu steigern", gab der CEO Jack Messman zu. Das soll nun anders werden; die vor einem halben Jahr in Kraft getretene Channel-Initiative müsse nun endlich greifen. Solution Provider, Independent Software Vendors (ISV), Hard- und Software-OEMs sowie Systemintegratoren würden für Novell wieder eine wichtige Rolle spielen. "The channel is back", heißt es nun in der Unternehmensführung.

Das Produkt, mit dem Novell groß geworden ist, nämlich Netware, soll wieder strategische Bedeutung erlangen. Das Gedankenspiel von Chris Stone, die Version 6.0 des Novellschen Netzwerkbetriebssystems in näherer Zukunft an bestehende Kunden kostenlos zur Verfügung zu stellen, hat sich aber zerschlagen. Laut der Preisliste vom 13. Mai wird es lediglich ein spezielles Upgrade-Programm für Netware-3-Anwender geben.

So gibt es für diese ab sofort die Möglichkeit, für Netware 6 eine Fünf-User-Lizenz für 530 Dollar, eine Zehn-User-Version für 760 Dollar und eine 25-Anwender-Lizenz für 1.460 Dollar zu erwerben. Dieses spezielle Angebot ist aber nur vom 30. Mai bis zum 15. Oktober dieses Jahres gültig.

Partner demonstrieren Optimismus

Die Teilnehmer der Brainshare zeigten sich mit der Veranstaltung größtenteils zufrieden. "Es gab heuer deutlich mehr technische Vorträge als im Vorjahr", stellte etwa Christoph Riedmer, Vertriebsleiter der Netsgo AG, fest. Der Novell Business Expert Partner ist ein Stammgast bei der Brainshare, und er konnte gegenüber dem Vorjahr signifikante Verbesserungen beobachten. "Das ganze war diesmal weniger von Marketing-Sprüchen geprägt und mehr auf die Teilnehmer ausgerichtet", so Riedmer. Das sind für ihn Geschäftsführer und DV-Leiter der Novell-Kunden.

Auch das neue Channel-Programm der Netzwerker hat es dem Münchner angetan. "Die kümmern sich wirklich um uns. Mindestens zwei Mal pro Jahr sind Vertreter des Unternehmens bei uns im Haus". Von derartiger Unterstützung seitens seines zweiten großen Lieferanten, Microsoft, kann Netsgos Vertriebsleiter nur träumen: "Da sind wir nur ein Partner unter Tausenden."

Demgegenüber bietet Novell seinen Businesspartnern kostenlose Schulungen bei neuen Produkten: "Bei größeren Projekten erstellen wir gemeinsam einen Businessplan, damit können wir auch größere Kundenvorhaben in die Tat umsetzen", so Riedmer weiter. Ferner sieht er einen Vorteil darin, dass Novells Kundenbetreuer auch für die Unterstützung der Partner zuständig sind, damit gäbe es seiner Meinung nach keine Channel-Konflikte mehr.

Besonders erfreut sich der Vertriebsleiter über die Tatsache, dass Chris Stone wieder zurück im Unternehmen ist: "Der tut viel für den Channel, und auch technologisch bringt er die Firma sicherlich weiter."

www.novell.de; www.netsgo.de

ComputerPartner-Meinung:

Wenn ich in meinem Bekanntenkreis, der durchaus auch etwas von IT versteht, das Thema Novell anspreche, gucken die mich verwundert an und fragen: "Was, die gibt es noch?" In der Tat, an die Marketingmaschinerie von Microsoft, IBM und Sun kommt Novell selbstredend nicht an, diesen Makel wird man in Utah auch so schnell nicht los. Doch seit der Rückkehr von Chris Stone ist Novell wieder verstärkt im Fokus der Branche. Auch wenn die Ankündigung, Netware 6 an Altkunden verschenken zu wollen, sich als nicht ganz haltbar erwies, kam man zumindest so zurück ins Rampenlicht. Und vielleicht ist die Entscheidung, Netware 6 nicht zu verschenken, doch nicht so verkehrt. Denn, "was nix kostet, ist auch nix wert" sagt bekanntlich der Volksmund. (rw)

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