Netzwerker baut Händlerkanal um

18.06.1998

MÜNCHEN: Netzwerker 3Com ist erneut beim Channel-Umbau. Davon sind nach ComputerPartner-Informationen auch die Prunkstücke des indirekten Kanals, die "Advanced Solution Partner" (ASP), betroffen. So will 3Com deren Zahl verringern. "3Com soll sich um seine Partner endlich kümmern", halten Partner der Münchener Netzwerker dagegen.Die Münchener 3Com-Zentrale ist derzeit sehr beschäftigt. Denn sie muß die Umsatzzahlen für das Geschäftsjahr 1997/98 (Stichtag: 31. Mai 1998) aufbereiten und die dritte Reorganisation binnen eine Jahres ihren Partnern und Endkunden schmackhaft machen.

Die Gesamtbilanz dürfte kaum positiv ausfallen. Denn die bisherigen drei Quartale mit einem Gesamtverlust von 33,4 Millionen Dollar waren deutlich vom Preisverfall im Netzwerkmarkt geprägt. Vor allem solange "die Kistenschieber das Sagen haben", wie ein 3Com-Partner wenig respektvoll vermutet.

"Kistenschieber" haben im klassischen Volumenmarkt momentan den Wind gegen sich: Es fallen nur minimale Margen ab. Das gilt nicht nur für den Low-end-Bereich. Auch beim bisherigen Umsatzbringer Projekte beziehungsweise "Enterprise" berichten Systemhäuser von "Rabatten bis zu 70 ProzentË. "Für mittelständische Häuser ist das tödlich, denn diese Preise können wir nicht bieten", klagt der Geschäftsführer eines schwäbischen 3Com-Partners.

Weshalb ihn die wahrscheinliche ASP-Reduzierung um zirka ein Drittel weniger interessiert als die Aussicht, mit den Münchener Netzwerkern endlich wieder "vernünftige Geschäfte machen zu können". Dazu zählt er "eindeutige AnsprechpartnerË. "In den letzten zwei Jahren haben wir acht oder neun verschiedene Ansprechpartner gehabt", blickt er zurück. "Das ist selbst in der fluktuationsstarken Netzwerkbranche selten."

Als zweiten Punkt enthält sein Forderungskatalog: "3Com Deutschland muß vor Ort, also regional, seine Partner bei der Kundengewinnung mehr unterstützen. Projekte flattern nicht ins Haus; man muß zu den Kunden gehen, und wenn es sein muß, sich ihnen auf den Schoß setzen." Außerdem fordert er mehr "aktive technische und beratende Unterstützung bei Ausschreibungen". "Wofür gibt es die Leute in den Regionalbüros, wenn nicht dafür?"

Ihm pflichtet ein ASP-Partner bei: "3Com hat andere Probleme, als die Zahl der ASP-Partner zu reduzieren. Wir gehen sowieso gezielt "Shopping", wenn wir einkaufen", verrät er unter Anspielung auf die in Partnerkreisen kursierenden Gerüchte, die Zahl der momentan 18 deutschen ASP-Partner werde um zirka ein Drittel verringert. "3Com ist seit einem Jahr mit sich selbst beschäftigt. Sie vergessen vollkommen, daß das Geld von den Endkunden kommt und den Partnern", kommentiert er zornig die ASP-Gerüchte. Diese werden von 3Com-Sprecher Oliver Schwartz mit einem "Ich halte sie für nicht richtig" weder klargestellt noch dementiert. Allerdings erklärt er: "Wir denken natürlich über unsere Händlerprogramme nach."

"Es wäre besser", findet ein bayerischer ASP, "sie würden uns bei der Abwicklung von Bestellungen unterstützen. Etwa dadurch, daß unsere Order über England zügig abgewickelt werden. Im Moment kostet die Bestellung viel Zeit und Nerven, und man hat den Eindruck, nicht wir, sondern 3Com in England bestimmt, welche Order ausgeführt werden."

Margen zwischen sechs und acht Prozent

Der ASP meint überhaupt, daß 3Com "endlich zu vernünftigen Entscheidungen zurückfinden sollte". Eine hat er schon ausgemacht: Die im Sommer 1997 verkündete Dreiteilung der Business-Einheiten "Enterprise Systems", mit Ex-Bay-Networks-Geschäftsführer Uwe Witt an der Spitze, "Carrier Systems" (Harald Schnupfhagn) und "Client Access Systems" (Manfred Hasseler) wurde anläßlich der Cebit 98 wieder zugunsten einer Zweiteilung "Systems" (Witt) und "Client Access" (Hasseler) rückgängig gemacht. "Die Dreiteilung hat den Partnern stark geschadet", erinnert er sich.

Von der wahrscheinlichen 3Com-Neustrukturierung - beispielsweise leitet Witt jetzt wieder die "Telco"-Abteilung - hält er wenig. "Die Situation ist so: Die Kunden fragen zuerst nach Cisco und erst dann nach anderen. Also muß 3Com uns praktisch unter die Arme greifen. Dazu gehört eine schlagkräftige Administration, schnelle technische Unterstützung und Präsenz vor Ort. Erst wenn das geschehen ist, rentiert sich das Geschäft wieder. Bei Margen zwischen sechs und acht Prozent kann ich mein Geld auch bei der Bank verzinsen. (wl))

Die Partner von 3Com-Geschäftsführer Manfred Hasseler warten auf deutlich bessere Unterstützung.

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