Netzwerkertreffen Exponet: Eine Messe übt den Leerlauf

27.11.2003
Für drei Tage sollte die Netzwerkmesse "Exponet" das Mekka der IP- und TK-Anbieter sein. Doch in den Kölner Rheinhallen wollte keine rechte Stimmung aufkommen. Der brutale Wettbewerb ist erschöpfender Branchenalltag geworden, kein Kunde traut Innovationen, und der Messeveranstalter übte sich in Marketinggeplänkel. Von ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder

In den Rheinhallen hätte man sich taub stellen müssen, um die unerfreulichen Begleitgeräusche des nicht nur in der Netzwerkbranche stotternd laufenden Investitionsmotors zu überhören. Bei Kabelspezialist Dätwyler beschrieb man sie so: "Viele ar-beitslose Techniker" seien auf den fürstlich breiten Gängen anzutreffen, die der Starnberger Exponet-Veranstalter DC Congress GmbH als optimistisch stimmende "Highways zum IT-Business" verstanden haben wollte.

Als am späten Donnerstag die deutsche Alcatel SEL die Entlassung von 1.180 vor allem TK-Angestellten bekannt gab, wurde die Messe spotartig von der Wirklichkeit, mit der sie seit zwei Jahren konfrontiert ist, beleuchtet: Nahezu die gesamte Netzwerkbranche geht am Stock.

Qualität der Besucher

Dabei war die Exponet von vielen Herstellern mit großen Erwartungen in Sachen Qualität der Besucher und Leads angegangen worden. "Wir haben viel zu tun", bekundete Arne Christian Meyer, Produktmanager bei D-Link, am Dienstag. Er kündigte an, D-Link werde ab 2004 Workgroup-Switches mit bis zu 72 Ports und Layer-4-Funktionen wie etwa "Load Balancing" verkaufen. Beim Thema, dass D-Link in diesem Segment auf Konkurrenten wie Cisco, das dieses Jahr seinen 500-Quadratmeter-Stand zugunsten mehr versprechender Roadshows eingemottet hat, HP, Fore Systems und andere mehr treffen wird, wiegelte er ab: "Wir haben im letzten Jahr mittels unseres D-Link Services Network genügend Support aufgebaut", sagt er. Im deutschsprachigen Raum zähle das Netz 13 Systemhäuser - "Wir können 24/7-Support anbieten."

Voller Hoffnungen kamen auch kleinere Unternehmen wie Pandatel, der Thin-Client-Spezialist Esesix oder der wiedererstandene Access-Spezialist Bintec GmbH nach Köln. "Es ist hier ausgesprochen ruhig", stellte Esesix-Sprecherin Verena Schlegel jedoch am zweiten Messetag fest. Tags zuvor, am Eröffnungstag, nachdem jedem der allenfalls 690 Haupt- und Unteraussteller deutlich geworden war, dass der vom Veranstalter prognostizierte Besucherzulauf ausgeblieben war, waren manche Hersteller so erregt über "das stundelange Rumstehen des Standpersonals", dass sie Konsequenzen androhten.

"Natürlich steht die Messe jedes Jahr auf dem Prüfstand", sagte Andreas Beierer, International Sales Manager der Microsens GmbH, eines Spezialisten für Fibre-Komponenten und für immer besser verkäufliche Ethernet-Industrie-Switches.

Obwohl die Exponet immer leerer werde, sei er "sehr zufrieden". Man habe viel Zeit, um qualifiziert über Produkte zu sprechen, und es lohne jedes Jahr, Stammkunden, die etwa 60 Prozent seiner Standbesucher ausmachten, einzuladen.

"Networking" in Form persönlicher Kontakte sei in der Branche unverzichtbar. Insofern werde er mit allerhand Messeeindrücken nicht hadern. Etwa mit dem Eindruck, dass die Exponet ihrem Anspruch, auch internationales Publikum anzulocken, nicht gerecht werde. Oder mit dem, es "mit einem Bauchladen" zu tun zu haben.

Zumal, wenn sie wie im Fall der zum 13. Mal stattfindenden Netzwerkmesse, mit Manövern wie der Meldung von 800 Ausstellern eine Größe und Bedeutung suggerieren, die sie nicht hat. "Man sollte sich als Veranstalter überlegen, ob nicht ein Discount auf die Standpreise angemessen ist", forderte Foundry-Manager Dieter Höderle. Der von keinerlei Konzept getrübten Verteilung der Hersteller über die Hallen kann ein anderer Hersteller zumindest so viel abgewinnen, dass "sonst in manchen Bereichen kaum jemand wäre, in anderen dagegen "es zu Staus" käme. "Nein", lachte er dann, "Staus gibt es auf der Exponet höchstens bei den paar Standpartys." Auf die in größerer Standbesetzung in Köln vertretene HP trotz Ankündigung dann doch verzichtete.

Für Thomas von Barros, Geschäftsführer der Bintec GmbH, lohnte dagegen die Messe "auf jeden Fall". "Wir zeigen, dass wir wieder zurück sind", sagte er. Die nach ihrem tiefen Fall im Dezember 2002 wieder 50 Mitarbeiter beschäftigende Nürnberger Firma, seit 1. Mai 2003 Tochter der Funkwerk AG, sei "auf Kurs", versicherte er. Und das werde ihr in Köln bestätigt - durch regen Zuspruch, zumindest am zweiten Tag. Insofern spart er mit kritischen Anmerkungen zur Exponet. Lieber freut er sich über den Wiedereinstieg Bintecs in den professionellen Markt für "ausfallsichere" Access-Router. "In diesem Markt kommen Sie an uns nicht vorbei - trotz Cisco", so von Barros. "Sie werden sehen."

Margenverfall - durch Services kompensierbar?

Auch bei der Hamburger Pandatel, einem Spezialisten für optische Multiplexer und Verbindungslösungen (Modems und Konverter), hat sich einiges getan. "Die alte Liaison mit Distributor Pandacom", so Marketier Markus Michael Müller, werde zwar gepflegt, doch erweitert. Neben den Distributoren suche man "Partner, die bei Finanzanbietern Kunden haben", und Integratoren. "Wir wollen unsere Geschäfte umstellen, von direkt auf indirekt." Und bis zur Cebit 2004 mit "komplett" neuen Produkten, etwa mit IP-/SDH-Konvertern, sich "eine neue Position" erarbeiten. "Margenstabilität" sei ein Ziel, um den Druck von den Entwicklern zu nehmen.

Damit hat er ein, wenn nicht das zentrales Exponet-Them berührt. 3Coms Sales-Manager Enterprise Solutions Michael Leidel fasste so zusammen: "Hersteller und Partner haben ein Margenproblem." Dem werde 3Com, das sich dank der gerade begonnenen Zusammenarbeit mit dem chinesischen TK- und Netzwerkspezialisten Huawei wieder als Cisco-Alternative im Enterprise-Markt präsentieren könne, entgegensteuern. Unter anderem sollen "preiswertere und höhermargige Produkte" die Partner erfreuen. "Wer in 3Com investiert, soll gute Margen und Spaß haben", so Leidel. Allerdings: Der Wiedereintritt in den Enterprise-Markt werde "wenige, vielleicht zehn Partner betreffen".

Ob 3Com damit den Stein der Weisen gefunden hat, sei dahingestellt. Doch nachdem auch Ernst Glaeser, neuer Azlan-Chef, das Heil des unter anderem 3Com, HP und Cisco anbietenden Distributors im Ausbau der Margen durch Services und den Ausbau professioneller Services sieht, ist klar: Die Exponet hatte dieses Jahr ein handfestes Thema, aber keine Lösung dafür.

Meinung des Redakteurs

Wie viele Aussteller wirklich auf der Exponet waren? Auf dem Messeplan sind bestimmt nicht mehr als 230 Aussteller eingezeichnet. Und wie viele Besucher? Der Veranstalter kommt auf zirka 70.000 - aufgrund welcher Zählweise? Dennoch: Die Netzwerker schätzen ihre Messe. Man ist unter sich, man trifft sich, und auf den Ständen werden Kunden wie gern Getroffene behandelt. So bleibt als Eindruck: Die Messe lebt, doch sie ist weit davon entfernt, mehr zu sein als ein gern besuchter Treffpunkt.

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