Neue Durchbrüche auf dem Gebiet der Transistortechnologie

12.02.1999
BERKELEY: Seit geraumer Zeit warnen Experten, daß die Chiptechnologie auf Siliziumbasis bald an ihre Grenzen stoßen könnte. Doch jetzt haben unabhängig voneinander Wissenschaftler in Amerika Transistoren entwickelt, die ein Vielfaches kleiner sind als herkömmliche Transistoren.

Heute übliche Transistoren sind etwa 180 Nanometer (Milliardstel beziehungsweise 10-9 Meter) groß. Und damit wäre das Ende der Fahnenstange schon fast erreicht. Denn auf diesen herkömmlichen Transistoren sind die Gates - die Steuerelektroden, wenn man so will - horizontal angeordnet und mit Leiterbahnen verbunden. Außerdem können die Gates konventioneller Transistoren (Bipolartechnik) den Stromfluß nur in einer Richtung steuern. Hier setzen beide Neuentwicklungen an.

WIE EINE ADER, DIE BLUTET

Chenming Hu, Professor für Elektrotechnik und Computertechnologie an der University of California in Berkeley, will in Kürze einen Transistor-Prototypen namens "Finfet" vorstellen.

Das Grundprinzip des Transistors besteht darin, daß der Stromfluß durch zwei gabelartige Forken gesteuert werden kann. Diese unterbrechen nach dem Feldeffektprinzip den Stromkreis von beiden Seiten beziehungsweise lassen ihn passieren. "Man muß sich das so vorstellen wie eine Ader, die blutet. Am besten kann man die Blutung stoppen, wenn man die Ader von zwei Seiten abklemmt", erklärt Hu die neue Technologie, die eine sehr viel kleinere Bauweise der Transistoren ermöglichen soll. Der Finfet soll eine Gate-Länge von nur 18 Nanometern haben, was der Breite von 100 Siliziumatomen entspricht. Hu denkt, daß diese Länge in Zukunft noch einmal halbiert werden könnte. Als Ergebnis des vom US-Verteidigungsministeriums unterstützten Projekts soll die Erfindung bewußt nicht patentiert werden, um ihr als Transistortechnologie der Zukunft möglichst schnell und auf breiter Basis zum Durchbruch zu verhelfen.

VERTIKAL STATT HORIZONTAL

Wissenschaftler der Bell Labs in New Jersey gehen einen anderen Weg. Sie haben einen Transistor entwickelt, dessen Gate 50 Nanometer mißt, was ungefähr einem 2000stel der Dicke eines Haares entspricht. In diesem Transistor werden die Komponenten nicht wie üblich horizontal nebeneinander angeordnet, sondern vertikal in die Tiefe eines Siliziumhalbleiters geschichtet. Man spricht hier von einem vertikalen Transistor, da der Strom in den Halbleiterschichten des Transistors nicht wie bisher horizontal, sondern vertikal fließt. Bei der herkömmlichen Chipproduktion werden die Leiterbahnen und die Transistorstruktur nämlich im Lithographieverfahren in den Wafer aufgebracht. Das Problem ist aber, daß die Wellenlänge des Lichtes bei zunehmender Minituarisierung eine immer größere Rolle spielt. Zum anderen muß auch bei den geforderten kleinen Strukturen die Isolationsschicht zwischen Wafer und den aktiven Elementen immer dünner werden. Dadurch sinken aber gleichzeitig ihre Isolationseigenschaften. Die Folge: Elektronen können entweichen, was zu Interferenzen, einem höheren Strombedarf und einer unerwünschten Wärmeentwicklung führt.

Der Vertikaltransistor verspricht eine Lösung dieser Probleme. Denn bei ihm werden alle Komponenten in extrem dünnen und genau bemessenen Schichten auf den Wafer aufgetragen. Außerdem hat der Vertikal-Transistor statt einem Gate zwei, wodurch sich die Arbeitsgeschwindigkeit nahezu verdoppeln kann. Bell-Lab-Forschungsexperte Jack Hergenrother vergleicht das Prinzip der vertikalen Transistorbauweise folgendermaßen: "Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Eimer Farbe sowie einen dicken Pinsel und werden vor die Aufgabe gestellt, einen extrem dünnen Strich zu malen. Mit der Hand wäre das wie (das bei der herkömmlichen Lithografie benutze) Licht. Bemalt man jedoch eine glatte Fläche und schneidet sie vertikal, dann sieht man einen Strich, der so dünn ist wie die Farbschicht." Hergenrother und seine Kollegen gehen davon aus, auf diese Weise die Transistorengröße auf 30 Nanometer verkleinern zu können. (kh)

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