Neue Positionierungen der Halbleiterhersteller

12.03.1998

MÜNCHEN: Die drei großen Hersteller von Mikroprozessoren, Intel, AMD und National Semiconductor, sind sich ausnahmsweise einmal einig: Die Chips werden in Zukunft weniger Gemeinsamkeiten aufweisen.Die Architekturen der großen Drei - Intel, AMD und National Semiconductor - driften langsam auseinander. Es wird zwar auch weiterhin einige Gemeinsamkeiten geben, die auf der x86-Struktur aufbauen (etwa Intels geplanter Prozessor Katmai, der AMD K7 von Advanced Micro Devices sowie der neue Jalapeno - "Pfefferschote" - von Cyrix). Doch 1999 könnte als das Jahr in die Geschichte der Halbleiterindustrie eingehen, in dem die Unterschiede zwischen den konkurrierenden Mikroprozessoren größer werden als die bisher immer wieder so herausgekehrten Kompatibilitäten.

Der Grund für die stärkere Trennung liegt darin, daß jeder der drei Anbieter sich auf unterschiedliche Märkte konzentrieren will. Bedienten alle bisher fast ausschließlich den PC-Markt, so hat sich seit dem letzten Jahr die Palette der Informationsgeräte stark erweitert. Neben dem PC sind in zunehmendem Maße superleichte Notebooks, Handhelds, Organizer, aber auch die Settop-Boxen für das digitale Fernsehen und den Internet-Zugang in Gebrauch.

Das Komplette Motherboard auf einem Chip

Gerade National Semiconductors (Natsemi) texanisches Tochter-unternehmen Cyrix versucht, seiner "Pfefferschote" viele neue Anwendungen zu erschließen. Natsemi-Chef Brian Halla gilt im Silicon Valley als einer der Pioniere des Konzepts "System-on-a-Chip", bei dem praktisch alle Elemente der Hauptplatine (Motherboard) auf einen einzigen Chip gepackt werden. Trotz der hohen technischen Herausforderung muß ein solches Bauteil besonders preisgünstig sein, schließlich soll es in billigen Geräten der Unterhaltungselektronik - Preisklasse 300 bis 500 Dollar - in großen Stückzahlen eingebaut werden.

Neben einem Instruktionssatz, der auf Intels x86-Architektur basiert, werden auf dem Jalapeno-Chip weitere Funktionen wie 3D-Grafikverarbeitung, ein schnelles Modem, Video-Playback sowie die Unterstützung von Audio-Dateien (Sound und Sprache) integriert sein. Theoretisch wird man mit dem M3 genannten Chip gleichzeitig im Internet surfen und einen digital aufgezeichneten Spielfilm von einer DVD anschauen können. Noch wichtiger aber ist, daß der geplante M3-Chip in der Lage sein soll, Peripheriegeräte wie Drucker, Tastaturen, Scanner oder digitale Kameras direkt zu steuern.

Für Analyst Rob Enderle von der Marktforschungsfirma Giga Information Group aus San Jose ist dieser Trend bei der Entwicklung von Prozessoren Anlaß zur Vorhersage, daß in etwa zwei Jahren der Preis für einen Personalcomputer unter 500 Dollar sinken wird. Natsemi und Cyrix betreiben diese Entwicklung seit zwei Jahren. Bis Ende kommenden Jahres sollen die ersten beiden Prozessoren der neuen Leistungsklasse im neuen Jalapeno-Design auf den Markt kommen.

AMD will im Spitzensegment angreifen

Im Gegensatz zu den Plänen von Cyrix sind die Ziele von Chiphersteller AMD noch wesentlich stärker auf den herkömmlichen Computermarkt ausgerichtet. Chips aus der AMD-K7-Familie (32 Bit Verarbeitungsbreite), die in der ersten Hälfte des kommenden Jahres auf den Markt kommen, sollen den Pentium II Xeon der Intel-Familie verdrängen. Der K7 soll in der Anfangsphase mit einer Taktrate (Verarbeitungsgeschwindigkeit) von 500 Megahertz auf den Markt kommen und in mehreren Schritten eventuell bis zum Gigahertz-Chip mit einer Taktrate von 1.000 Megahertz ausgebaut werden. Der Prozessor soll so konstruiert sein, daß PC-Hersteller auch mehrere Chips in einem Rechner parallel einsetzen können - und zwar nicht nur bei Servern, sondern auch bei Arbeitsplatzmaschinen (Desktops).

AMD versucht mit der K7-Linie, Intel erstmals in einem Segment anzugreifen, das bisher für gute Erträge beim Marktführer sorgte: bei leistungsstarken Unternehmens-PCs. Dabei sollen die Preise in gewohnter AMD-Manier 25 Prozent unter denen vergleichbarer Intel-Prozessoren liegen.

Erstmals bietet auch AMD mit dem K7 Prozessoren an, die sich in bestimmten Funktionsbereichen von Intel-Chips unterscheiden. So wird der K7 im Bereich Multimedia-Funktionen mit 3D now eine andere Technik benutzen als der Katmai-Chip von Intel. Der für Mitte nächsten Jahres geplante Prozessor wird gegenüber der heutigen Pentium-II-Linie allein um etwa 70 Sonderbefehle erweitert, die auf Multimediafunktionen ausgerichtet sind. Nach Ansicht von Marktbeobachtern sind PC-Hersteller und Endkunden jedoch gerade in diesem Marktsegment extrem auf Prozessoren von Intel eingeschworen. AMD werde daher nur ein kurzes Zeitfenster haben, um einen Fuß in diesen lukrativen Markt zu bekommen.

Leicht gekürzter Nachdruck eines Beitrags, der erstmals im Handelsblatt vom 15.10.1998 erschienen ist.

Mit einer aggressiven Preisgestaltung beim K7 will AMD im Bereich der Unternehmensanwendungen Marktführer Intel das Leben schwer machen.

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