Microsofts weltweite Partnerkonferenz 2014

Neue Realitäten

Axel Oppermann beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Social Enterprise, Cloud Computing und Microsoft hineinfällt. Axel schreibt auf Computerwoche als Experte zu den Themen Enterprise Cloud, Digital Enterprise und dem IT-Lieferanten Microsoft. Als IT-Analyst berät er Anwender bei der Planung und Umsetzung ihrer IT-Strategien. Axel ist Geschäftsführer des Beratungs- und Analystenhaus Avispador aus Kassel. Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE
Inzwischen scheinen die Interessen von Microsoft und den Vertriebspartnern auseinanderzudriften. Während sich der Hersteller veränderten Umweltbedingungen anpasst, zögern viele Partner noch, ob sie „Fisch oder Fleisch“ sein wollen.
Die weltweite Partnerkonferenz findet in diesem Jahr von 13. bis 17. Juli in Washington D.C. statt.
Die weltweite Partnerkonferenz findet in diesem Jahr von 13. bis 17. Juli in Washington D.C. statt.
Foto: Microsoft

Hypothetisch gesehen, könnte alles so einfach sein, würde Microsoft sagen: "Hey! - wir sind gemeinsam super erfolgreich, machen gute Geschäfte - verdienen gutes Geld. Wir haben für nahezu alle Wachstumsbereiche gute Produkte und Services. Und unsere Partner bekommen ein Vielfaches von dem zurück, was sie investieren. Also liebe Partner, baut Lösungen, schult eure Mitarbeiter und erobert zusammen mit uns neue Märkte!". Doch ganz so einfach ist es eben nicht. Denn; Microsoft macht es sich nun mal nicht einfach. Aber der Reihe nach:

Anlässlich der weltweiten Microsoft Partnerkonferenz (WPC) vergangenen Montag in Washington D.C. wurde schnell klar, wohin die Reise geht: Sie geht in Richtung neuer Märkte. Die Formel für den Erfolg lautet dabei "Mobile first - Cloud first". Bei der "Mobile First, Cloud First"-Strategie geht es um die plattformübergreifende Mobilisierung von Geschäftsprozessen und privaten Aktivitäten auf Grundlage von Cloud-Technologie. Ziel ist es, Microsoft-Dienste unabhängig von der Plattform nutzbar zu machen. Partner sollen Anwendungen (Apps) entwickeln, die auf nahezu jedem Endgerät funktionieren, und ihre Intelligenz aus der Microsoft-Cloud beziehen. Partner sollen beispielsweise Lösungen produzieren, die durch Big Data und Social Computing bessere Produktivität ermöglichen, usw.

Neue Märkte und Rückbesinnung zu alter Stärke

Microsoft zielt bei seinen Aktivitäten für das Fiskaljahr 2015 klar auf Unternehmenskunden ab, ohne dabei den Konsumenten zu vernachlässigen. So hat Microsoft, ebenso wie Google, Appel - oder Disney - erkannt, dass Kinder und Bildung nicht nur ein lukratives Segment, sondern auch der Grundstein für zukünftigen Erfolg im Produktivumfeld sind. Auch deshalb sind Xbox, PC-Spiele oder Fitnessarmbänder von so besonderer Bedeutung.

Microsoft strebt im gerade gestarteten wie schon im zurückliegenden Geschäftsjahr, die Bereiche Social, Cloud, Mobile und Big Data an. Hinzu kommt der Bereich Security. Besonderes Augenmerk wird auf die Produkte Azure, CRMonline und Office 365 gelegt. Ein starkes Wachstumsfeld und Kundenbindungsinstrument, wird das Thema Identity Management. Hierfür hat Microsoft unter anderem mit Azure-AD-Premium ein hervorragendes Konzept. Hoffnungsträger für einen Markterfolg ist die Enterprise Mobility Suite. Mit der Enterprise-Mobility-Suite (EMS) bietet Microsoft eine Assemblage für Mobile-Access-Management (MAM), Mobile-Device-Management (MDM), Identity- und Zugangs-Management sowie Datenschutz. Durch die Markteinführung der EMS versucht Microsoft mit der Bündelung klassischer MDM-Lösungen sowie einer Enterprise- Identitätsverwaltung und eines Enterprise-Rechtemanagements Marktanteile zu gewinnen.

Als ein neuer Markt wird auch das "Internet of Things" bewertet. Hier kann Microsoft gemeinsam mit seinen Partnern, beruhend auf etablierten Produkten und neuen Services, Mehrwerte schaffen und Wachstum generieren. Zentral werden hierbei die Cloud-Lösungen wie Azure Intelligent Systems Service oder auch Azure ML sein.

Neue Märkte bedeutet aber auch eine neue geografische Ausrichtung. So wurde in der Keynote mehrmals verstärkt auf China als Markt der Begierde hingewiesen. Wachstumsmärkte wie China, aber auch weitere asiatische, südamerikanische Länder sowie afrikanische Regionen stehen im Fokus. Für solche Märkte werden Produkte entwickelt, werden Lizenzbestimmungen angepasst und werden Marketinggelder bereitgestellt.

Doch auch dies wurde in der Keynote ziemlich klar: Leistungen von Partnern, die vor drei oder fünf Jahren durch Microsoft hoch entlohnt und wertgeschätzt wurden, haben strategisch gesehen quasi keine Bedeutung mehr. Sie sind zwar noch notwendig, um die Maschine am Laufen zu halten - jedoch nicht mehr und nicht weniger.

Die deutsche Brille

Spreche ich mit Partnern aus Deutschland, kommen regelmäßig ganz andere Probleme und Themen zur Sprache, als sie Microsoft seit längerem und aktuell auf der WPC, in den Mittelpunkt redet. In Wahrheit ist es immer noch die Migration von Windows XP was Sorgen macht. Im Bereich Office-Produktivitätslösungen geht es hingegen mehr um die Einführung der nächsten (On-premises) Version und einheitliche Prozesse, als um Social oder "Predictive". Auch kommt das Thema App-Entwicklung (für einzelne Prozesse), und damit neue Bereitstellungs- und Erlösmodelle hierzulande erst langsam auf. Andererseits sind Fragen zur Roadmap und Halbwertzeit von SharePoint oder die "richtigen" Migrationspfade - Vertriebsstrategie - weg von Windows Server 2003 (Stichtag für das Ablaufdatum des Extended Support ist der 14.07.2015) Tagesgespräch.

Für den deutschen Markt scheint es also beinahe so, als ob die beteiligten Parteien nicht auf derselben Ebene der jeweils realen Probleme des anderen denken und handeln.

Was bleibt

Microsoft schafft neue Realitäten. Das Unternehmen will die Mentalität eines Provokateurs- eines Angreifers - um neue Märkte zu erschließen. Man sieht sich nicht als Verlierer im PC-Markt, sondern als Herausforderer im "gesamten Gerätemarkt" der Connected Devices - respektive im Segment der Personal Computing Devices.

Das Unternehmen will mit Volldampf neue geografische Regionen und Produktmärkte erschließen. Hierzu wurden in den letzten Jahren mit Hochdruck neue Services und Produkte wie die umfangreichen Azure-Services oder Managementlösungen wie EMS entwickelt, die jetzt, zum Start des Fiskaljahrs 2015, zusammenkommen und ein ganzheitliches Bild darstellen. Der Tipping-Point, also der qualitative Umschwung, ist erreicht. Dass die einzelnen Fäden so zusammenlaufen, war für viele (Partner und Kunden) lange nicht sichtbar.

Mobile ist angesagt - das eigene Cloud-Portfolio der Trumpf: Als Microsoft vor etwa vier bis sechs Jahren in die Breitenansprache mit dem Thema "Cloud" ging, empfanden dies Partner, Kunden - und sicherlich auch viele Mitarbeiter - in etwa so, als wenn man in ein Flugzeug steigt, startet und hofft, dass die Landebahn zum Zeitpunkt der Landung fertig ist.

Die Landebahn ist fertig. Dennoch fühlen sich viele (deutsche) Partner am falschen Ziel, weil die Ist-Situation in Deutschland oft abweichend von der weltweiten Microsoft-Ausrichtung ist. Das Trugbild der eigenen Relevanz, welches sich die Partner in den letzten Jahren aufgebaut haben, zerbricht nun endgültig.

Nur wenige Partner in Deutschland profitieren nachhaltig von den Entwicklungen einer Microsoft. Viele Partner sind aber auch sehr zufrieden mit ihrem Tagesgeschäft. Für Microsoft bedeutet dies, dass die Fokussierung auf bestimmte Partner forciert und neue gefunden werden müssen. Microsoft Partner, die den "gewünschten" Weg nicht mitgehen wollen, sollten sich dann außerhalb des herstellergeführten Partnernetzwerks stärker organisieren. Auf dieser Basis lassen sich entsprechende Marktangänge und Strategien entwickeln. (bw)

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