Neue Richtlinie zur Entsorgung von "Elektroschrott" in der EU

14.01.1999

BRÜSSEL: Der It-Branche könnte das Thema Umweltschutz bald teuer zu stehen kommen: Im Rahmen einer Richtlinie fordert die Europäische Kommission eine Umlage der Entsorgungskosten für elektronische Altgeräte auf den sogenannten "Erstinverkehrsbringer". Dies könnte in der Praxis eine Verteuerung von PCs, Druckern und Zubehör um bis zu 15 Prozent bedeuten.1998 wurden in der EU 19 Millionen PCs, 17,5 Millionen Drucker und 1,3 Millionen Kopierer verkauft. PCs werden im Durchschnitt nach sechs Jahren stillgelegt, Drucker und Kopierer sind etwa zehn Jahre im Einsatz, berichtet der Fachverband für Informationstechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau. Bislang war das für die Abfallentsorger kaum ein Problem: Viele Altgeräte werden noch auf Speichern und in Kellern zwischengelagert. Doch in den nächsten Jahren wird ein massiver Rücklauf befürchtet.

Die Europäische Kommission will nun die Entsorgung von "Elektroschrott" europaweit einheitlich regeln. Eine neue Richtlinie soll alle elektrischen und elektronischen Geräte - von der Tiefkühltruhe bis zum Game-Boy - erfassen und die umweltgerechte Entsorgung garantieren. Die verschlingt aktuell bereits bis zu neun Milliarden Mark jährlich.

Im zweiten internen Richtlinien-Entwurf "Waste from Electrical and Electronic Equipment" schlägt die Europäische Kommission deshalb vor, die Kosten künftig dem Hersteller aufzuerlegen beziehungsweise auf den Verkaufspreis aufzuschlagen. Desweiteren sollen die Mitgliedsstaaten dafür sorgen, daß die Hersteller bis zum Jahr 2004 auf umweltschädliche Stoffe größtenteils verzichten. Dem Kunden soll beim Kauf eines PCs die kostenlose Rücknahme eines Altgerätes angeboten werden.

Das selbstgesteckte Ziel lautet, zumindest eine getrennte Sammlung von durchschnittlich vier Kilogramm elektrischer und elektronischer Altgeräte pro Einwohner eines privaten Haushalts zu erreichen. Für die Verwertung der Geräte sollen in jedem Staat entsprechende Systeme eingeführt werden. Der Bundesrat will sich der Umsetzung schon im Februar annehmen.

Für Bernhard Rohleder, Geschäftsführer des Fachverbandes Informationstechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) und Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI), ist diese Richtlinie allerdings eine "ökologisch und ökonomisch unsinnige Lösung".

Mit der Richtlinie soll nämlich nicht nur die Entsorgung der neuen Geräte, sondern auch derer, die vor Inkrafttreten der Richtlinie auf den Markt waren, finanziert werden. Der entsprechende Betrag richtet sich nach dem Marktanteil des Herstellers zum Zeitpunkt der Zahlung. Rohleder:

"Wer zukünftig einen PC kauft, zahlt auch die Entsorgung von Geräten, die in deutschen Kellern zwischenlagern oder deren Hersteller längst aus dem Markt verschwunden sind." In der Praxis hätte dies seiner Meinung nach eine Verteuerung der Geräte um bis zu 15 Prozent zur Folge.

Rohleder befürchtet bei der Umsetzung eine zweite "Duales-System-Deutschland-Problematik". Er glaubt, daß hier ineffiziente Entsorgungsstrukturen bezuschußt werden, statt die bewährten auszubauen. Die Richtlinie schieße weit über das Ziel hinaus:

"Mit einer flexiblen Rahmenvereinbarung läßt sich eine ebenso hochwertige und umweltverträgliche Entsorgung um bis zu 50 Prozent kostengünstiger realisieren." Deutsche IT-Anbieter hätten im Rahmen der Arbeitsgemeinshaft "CYCLE" bereits vor drei Jahren Lösungsvorschläge erarbeitet und warten seitdem ergebnislos auf grünes Licht für die Umsetzung. Stattdessen würde man der Branche die EU-Richtlinie vorsetzen. Die beinhaltet nach Ansicht Rohleders Forderungen, die gar nicht machbar sind. Beispielsweise das Verbot von Blei, das beim Löten von Leiterplatten verwendet wird. Rohleder betont, daß die Branche umweltfreundlichen Lösungen zwar positiv gegenüberstehe, aber: "es gibt bislang keine technisch ausgereifte Alternative". Zudem wären die absehbaren Techniken nicht in allen Bereichen einsetzbar und deutlich teurer als die derzeitigen. "Mit den vorhandenen Verwertungsverfahren könnten die Stoffkreisläufe ebenso geschlossen und die Umwelt somit zuverlässig vor Schadstoffen geschützt werden". Ein Stoffverbot würde die Mittel nur an der falschen Stelle binden: "Und sicher will niemand, daß wir wieder Röhren in die Rechner schrauben." (mf)

"Elektroschrott wird in den nächsten Jahren zum kostspieligen Problem"

Zur Startseite