Neue Soft-Research-Führung setzt auf konfliktträchtiges Partnermodell

09.08.2001
Die holländische Mutter Exact verstärkt ihren Einfluss bei Soft Research: Mit dem neuen Geschäftsführer kommen neue Produkte, ein umgekrempelter Vertrieb und ein neues Partnerkonzept.

Mein Job ist es, Soft Research und Exact stärker zusammenzuführen", be-schreibt Thomas Lünenborg seine zusätzliche Aufgabe als Geschäftsführer der Münchener Soft Research GmbH. Der 36-Jährige lenkt seit Mai die Geschäfte bei Soft Research und ist daneben nach wie vor Geschäftsführer der Exact GmbH in Köln.

Hatte die Münchner Exact-Tochter sich bislang weitgehend unberührt von der Konzernmutter ausschließlich auf den Vertrieb der Lohnsoftware "XL/XXL" konzentriert, will Lünenborg jetzt frischen Wind in die Geschäfte bringen: Der Vertrieb wurde bereits umgekrempelt und eine "offensive Art des Verkaufens" angeordnet.

Im zweiten Schritt wird gerade die Händlerschaft - bestehend aus rund 1.600 Wiederverkäufern - organisiert: Bereits angelaufen ist die Einstufung der Händler in "Premium Partner" und "Solution Partner". Erstere erhalten intensivste Betreuung durch Soft Reserarch, laut Lünenborg kümmert sich ein Vertriebsmitarbeiter um fünf Premium Partner. Außerdem sind sie berechtigt, auf eigene Rechnung die Implementierung sowie Wartungsarbeiten durchzuführen.

Die Arbeit der Solution Partner beschränkt sich auf den Vertrieb der Lizenzen und Wartungsverträge und wird von Exact als Einstiegsvariante gesehen. Implementierung, Wartung und Support übernimmt für "Lohn XL/XXL" die Firma Soft Research, für das neue Produkt "E-Synergy" ist die Kölner Exact-Mannschaft zuständig.

Die Partner sind gefordert

Als Aufräumaktion will Lünenborg das Partnerprogramm nicht verstanden wissen: "Es sollen keine Händler rausfliegen. Neben den zwei Händlergruppen sind uns auch Wiederverkäufer willkommen, die nur ab und zu was verkaufen." Dass die Partner sich allerdings anstrengen müssen, daran lässt Lünenborg keinen Zweifel aufkommen: "Wir erwarten von unseren Händlern, dass sie ihre Kunden selbst akquirieren", legt er die Anforderungen fest. Denn anders als bei "Lohn XL/XXL", das ausschließlich indirekt verkauft wird, läuft der Vertrieb des neuen Produktes "E-Synergy" zweigleisig nach dem Motto: "Wer die Adresse hat, macht den Deal."

Für Vertrauen soll das Händlerportal sorgen, in dem die Wiederverkäufer die Vorgänge ihrer Kunden nachverfolgen können. "Die Händler brauchen keine Angst zu haben, dass wir ihnen Aufträge wegschnappen", versucht Lünenborg einen heiklen Punkt des Modells aus der Welt zu schaffen, "die Händler können alle unsere Telefonate, Briefe und E-Mails mit ihren Kunden aus dem Händlerportal ersehen".

Abenteuer E-Business-Software

Nach dem Willen des neuen Geschäftsführers sollen die frisch zertifizierten Händler ihr Verkaufstalent unter Beweis stellen, wenn das neue Flaggschiff "E-Synergy" im September auf den Markt kommt.

Dabei handelt es sich um ein web-basiertes Front-Office-Produkt, das Dokumentenmanagement, Controlling, Personalmanagement, CRM, Logistik und Procurement miteinander verbindet.

Per XML-Schnittstelle können Gehaltsabrechnungen, Finanzbuchhaltung und ein Fakturierungsprogramm angebunden werden - die Idealvorstellung des Herstellers ist, dass es zusammen mit Backoffice-Produkten wie der hauseigenen Lohn- und Gehaltsbuchhaltung oder Fibu-Software verkauft wird.

Als Zielgruppe peilt Soft Research Firmen mit 100 bis 2.000 Mitarbeitern an. Die Basisversion kostet 5.000 Euro, pro Lizenz werden jährlich 350 Euro berechnet. Derzeit wird E-Synergy bei 100 Firmen, vorwiegend IT- und Consulting-Unternehmen, im Testlauf eingesetzt. Das Vertriebsproblem, das E-Synergy hat, deutet Thomas Lünenborg mit der einzigen Prognose "Ein paar Tausend bis zum Jahresende wären schön" bereits an.

Noch läuft die Suche nach potenziellen Kundenkreisen und Branchen. Dass für den erfolgreiche Verkauf der Software jede Menge gründlicher Überzeugungsarbeit nötig ist, weiß Lünenborg: "E-Synergy ist kein Programm, das ein Unternehmen dringend braucht, es macht sich aber dadurch bezahlt, dass es Kosten spart". Um das Produkt bei den potenziellen Käufern vorzustellen, hat sich die Marketingabteilung in Köln schon mal zweierlei einfallen lassen: Ausgewählten Geschäftsführern will man im Rahmen eines GolfEvents die Vorteile der Software schmackhaft machen, mit Präsentationen auf der diesjährigen Systems sollen es breitere Kundenkreise kennenlernen.

ComputerPartner-Meinung:

Es riecht nach Chaos: Ein Geschäftsführer, der auf zwei Hochzeiten tanzt. Dazu zwei Niederlassungen, die gleichzeitig ein Produkt mit unklarem Potenzial vermarkten sollen. Und dann sind da noch die Händler, die mehrgleisige Vertriebsstrategien erfahrungs-gemäß gar nicht lieben. Konflikte scheinen vorprogrammiert. (st)

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