Neuer Fokus bei Psion - Partner fühlen sich im Stich gelassen

20.09.2001
Langjährige deutsche Kunden des britischen Mobile-Computing-Pioniers tappen im Dunkeln. Nach der Zusammenführung der Psion Teklogix und der Psion GmbH heißt der neue Fokus: Industrial- und Enterprise-Business. Vom Consumer-Markt in Verbindung mit dem Partnervertrieb scheint keine Rede mehr zu sein.

Im ersten Quartal dieses Jahres verkündete David Levin, CEO (Chief Executive Officer) der Psion PLC, seinen Mitarbeitern noch zuversichtlich die Pläne für die in diesem Jahr geplanten Blue-tooth-Produkte im Consumer-Bereich. Zwei Monate später sah es plötzlich ganz anders aus. Im Juli dieses Jahres gab der britische Handheld-Hersteller bekannt, seine Unternehmens- und Produktausrichtung zu ändern. Bereits einen Monat später wurden die Psion GmbH und die Psion Teklogix GmbH in einer operativen Gesellschaft zusammengeführt (siehe ComputerPartner 28/01, Seite 16). Der Integrationsprozess, dem insgesamt zirka 250 Arbeitsplätze zum Opfer fallen werden, soll laut Psion noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Unternehmenskennern zufolge wurden in der deutschen Vertriebsmannschaft 20 Mitarbeiter entlassen. Somit bestehe der Channel-Vertrieb aktuell nur noch aus einem Kollegen, der den Abverkauf des Lagers vornimmt. Neuaufträge würden nur noch auf Stückzahl-Anforderung hergestellt und geliefert. "Im Vertrieb und im Marketing hat sich nichts geändert. Wir haben dort zirka 20 Mitarbeiter und sind so besetzt, dass wir jederzeit das Business aufrecht erhalten können", kontert Hans Stadler, Geschäftsführer der Psion GmbH und der Psion Teklogix GmbH.

Es sieht so aus, als sei das bisherige Hauptgeschäft der GmbH, der Consumer-Handheld-Vertrieb, ein Stiefkind. Anzeichen deuten darauf hin, dass es nur noch so lange existiert, bis die Lagerware abverkauft ist. Dies wurde zwar von Psion nicht bestätigt, aber: "Die Signale sind deutlich. Das Unternehmen hat alleine mit dem Modell ,Revo 8MB# zirka 100.000 Mark in den Sand gesetzt", äußerte sich ein Branchenkenner gegenüber ComputerPartner. Und weiter: "Wir haben bislang gute Geschäfte mit Psion gemacht, aber bei uns heißt es im Moment: Augen zu und durch!"

"Man weiß nichts Genaues, aber die Zusammenarbeit ist zur Zeit schwierig", beschreibt ein anderer Partner die Situation.

Räumungsverkauf über Lidl

Eines der ersten Signale, dass nicht nur die Lager der Partner, sondern auch die der Hersteller überquellen, ist die Tatsache, dass Psion den PDA "Revo" seit dem 3. September über die Food-Kette Lidl zu einem Preis von 555 Mark, also 344 Mark unter dem vom Psion-Shop angegebenen Verkaufspreis (899 Mark), an den Mann bringen will. "Lidl ist ja in der Lage, mit homöopathischen Margen zu leben. Dass daran viel verdient wird, kann man sich von der Backe streichen, aber wir hoffen, dass der Deal gut läuft", kommentiert Stadler diese erste Aktion. Auch eine Fortführung solcher Vertriebswege sei nicht ausgeschlossen, solange die Konditionen stimmen.

Die Psion-Partner sind darüber nicht sehr glücklich, zumal sie ihre Einkäufe beim Hersteller bis zuletzt zu den regulären Konditionen tätigen mussten. "Wir machen bei solchen Preisen nicht mit", kommentiert ein größerer Psion-Kunde, der wie viele andere darauf hofft, sein Psion-Lager noch über das bevorstehende Weihnachtsgeschäft leeren zu können.

Gedanken machen sich die Retailer und Distributoren auch darüber, was in Zukunft nach dem Verkauf passieren soll. Während der Reparaturservice wohl wie bisher über externe Partner laufen wird, tappt man, was den künftigen Support betrifft, noch völlig im Dunkeln. Es wird gemunkelt, dass der Support nach Auflösung der Psion GmbH von der Psion Teklogix GmbH gewährleistet werden soll.

Von einer Auflösung der Psion GmbH kann laut Stadler überhaupt nicht die Rede sein. Um das Synergiepotenzial der beiden Firmen zu heben, will man in Zukunft die aktuellen PDAs im Cross-Selling-Vertrieb mit Teklogix-Produkten über den B2B-Channel vertreiben. Alleine bei BMW hat Psion Teklogix laut Stadler 7.000 Geräte mit Applikationen installiert. Wie lange aber die "aktuellen" PDA-Modelle noch an Großkunden verkauft werden können, nachdem sich der Wettbewerb im Gegensatz zu Psion in Richtung Bluetooth und Wireless weiter entwickelt, kann man an fünf Fingern abzählen.

Für den Retail-Bereich sind, so Stadler, keine Weiterentwicklungen der Handhelds geplant. "Unsere Partner leben im Moment mit den erschwerten Bedingungen am Markt. Sie bleiben aber auch weiterhin unsere Partner. Von einigen, die für den Enterprise-Bereich nicht geeignet sind, werden wir uns jedoch trennen müssen", kommentiert Stadler die derzeitige Partnersituation.

www.psion.de

ComputerPartner-Meinung:

Nach der Zusammenführung der Psion GmbH und Psion Teklogix GmbH gibt es einen neuen Unternehmensfokus. Dieser hat allerdings nichts mehr mit der Herstellung von PDAs zu tun. Psion hat seine Partner diesmal nicht mit ins Boot genommen. Retailer und Distributoren hängen in der Luft und befürchten, auf ihren Geräten sitzen zu bleiben. (bw)

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