Neuer Vorstand bei der COS AG: Wird jetzt alles anders?

11.07.2002
Seit dem 1. Juli ist der neue Vorstand der COS Distributions AG offiziell komplett. Anke Kugies steht gemeinsam mit dem ebenfalls erst seit kurzem im Amt befindlichen Finanzvorstand Jochen Strack am Ruder. Eine Vielzahl von Restrukturierungsmaßnahmen und Unternehmensinvestitionen steht dem Lindener Disti in der nächsten Zeit bevor.

Knall auf Fall wurde Natalie Kremer Anfang Mai dieses Jahres ihres Vorstandspos-tens bei COS enthoben und musste das Unternehmen verlassen. Als Interims-Vorstand rückte Anke Kugies, bisherige Marketing- und Einkaufsleiterin, nach. "Ich wurde aus dem Urlaub zurückgeholt und zu diesem Zeitpunkt sagte man mir bereits, dass ich diesen Posten erst interimsweise und dann fest übernehmen soll", erzählt Kugies die Vorgeschichte. In Distributionskreisen wurde gemunkelt, ob es Sinn mache, erneut eine Frau in diese Position zu benennen. Andere Branchenkenner waren der Meinung, eine weitere Frau hätte bestimmt kein leichtes Los. Doch die neue Chefin selbst sieht sich auf dem COS-Vorstandssessel der Verantwortung für das operative Geschäft durchaus gewachsen. Dies begründet sie mit ihrer siebenjährigen Erfahrung in der Branche und auch mit dem Vertrauen, das ihr der gesamte Aufsichtsrat der COS-Gruppe ausgesprochen habe. Der Konzernleiter für die Distribution, Roland Apelt, sei "jederzeit Ansprechpartner, wenn Fragen auftauchen", fügt Kugies hinzu.

Zeichen setzen und neue Wege gehen

Unter die Vergangenheit will die Managerin jetzt einen Schlussstrich ziehen: "Dieses Thema wurde heiß genug gekocht und sollte jetzt einmal zu Ende sein. Ich möchte jetzt abschließen und nach vorne schauen", sagt sie zuversichtlich. "Ich habe zum Beispiel eine Unmenge neuer Pflanzen und Bilder gekauft, um auch für die Mitarbeiter ein Zeichen zu setzen", erzählt Kugies. Mit solchen Maßnahmen versuche das neue Vorstandsteam die Stimmung der Mitarbeiter nach den Turbulenzen der vergangenen Monate wieder zu heben.

Seitens der Mitbewerber, Kunden und Lieferanten habe die neue COS-Chefin auf ihre Ernennung nur positive Resonanzen erhalten. Dieses Feedback habe ihr auch geholfen, ihre Entscheidung als die richtige anzusehen. Dass nun Taten folgen müssen, darüber ist sie sich im Klaren: "Man wird zwar in den Vorstand berufen, aber das heißt nicht, dass man schon einer ist. Jetzt muss ich das natürlich noch beweisen." Inputs zu Verbesserungen kämen plötzlich aus vielen Abteilungen. Ob gut oder schlecht, sei für die COS-Chefin primär nicht so wichtig, denn sie steht auf dem Standpunkt: "Wenn man Jemanden laufen lässt, dann darf er auch stolpern dürfen."

Ihre bisherigen Aufgaben in Marketing und Einkauf sollen in Zukunft von zwei Personen übernommen werden. Genügend Potenzial für diese Aufgaben sieht COS im eigenen Haus. Sie will noch im August die Namen des neuen Einkaufsleiters und des Marketingleiters bekannt geben. Dann will sich Kugies gemeinsam mit ihrem Vorstandskollegen Strack voll und ganz den neuen Aufgaben widmen. Dass ihr, im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin, ein Finanzvorstand zur Seite steht, sieht sie als großen Vorteil an.

Noch im laufenden Kalenderjahr sollen neue Strukturen im Unternehmen entstehen. Zum Beispiel wurde bereits eine Projektplanungsgruppe für abteilungsübergreifende Projekte ins Leben gerufen. Unter anderem soll auch das Controlling neu aufgestellt werden. Entlassungen seien in diesem Zusammenhang aber nicht geplant. "Solange wir so auf Plan laufen, werden wir uns nicht von Personal trennen", sagt Kugies.

Für 2003 ist Umstieg auf SAP geplant

Für das kommende Kalenderjahr plant COS den Bau eines automatischen Kleinteilelagers (AKL). Außerdem soll das bisherige eigenprogrammierte Warenwirtschaftssystem in der gesamten COS-Distributionsgruppe auf SAP umgestellt werden.

Dass die Lindener ihre Pläne in die Tat umsetzen können, darüber ist sich Kugies sicher und schwärmt: "Ich glaube, wir machen hier ein paar Dinge richtig gut. Und ich glaube, wir werden aufgrund dieser Dinge in den nächsten Jahren erfolgreich ist." Dazu zählt die Managerin, dass COS nicht im Retail vertreten ist. Diese Konzentration auf nur ein Kundensegment Fachhandel wolle COS auch in Zukunft beibehalten. Außerdem sei dadurch die Umsatzverteilung des Unternehmens breit gestreut. COS mache nicht 80 Prozent des Umsatzes mit 20 Prozent seiner Kunden, sondern die Einnahmen verteilten sich auf viele kleine bis mittlere Kunden. Auch im Portfolio setzt COS auf Beständigkeit. "Wir haben rund 85 direkte Lieferanten. Diese Zahl bleibt im Allgemeinen immer gleich. Und bei fast allen dieser Lieferanten sind wir unter den Top-Drei-Kunden", sagt Kugies. Einen weiteren Vorteil sieht sie auch im Telesales, der noch weiter aufgerüstet werden soll. Die Kunden sollten selbst entscheiden dürfen, ob sie online bestellen oder sich persönlich von einem Mitarbeiter beraten lassen wollen.

Die vergangenen Monate waren in der Distribution alles andere als rosig. Auch COS habe sehr gekämpft und sich fast täglich Aktionen einfallen lassen, um das Geschäft anzukurbeln. Abschließen konnte sie bisher jeden Monat "mit einer 100-prozentigen Punktlandung". Die Ziele habe sie erfüllt, und "auch der Juli fängt schon ganz gut an. Wir liegen über Budget", so Kugies. Für das zweite Halbjahr sieht Kugies zwar kein exorbitantes Weihnachtsgeschäft, dennoch glaubt sie nur an ein kleines Wachstum. Bis Ende des Jahres sieht die COS-Chefin die Erreichung der Ziele mit einem Wachstum von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahresergebnis.

Zu diesem Ergebnis soll auch weiterhin die Eigenmarke "Topedo" ihren Teil beitragen. Während im vergangenen Jahr die Zahlen in diesem Bereich nach unten gingen, "läuft es seit drei Monaten wieder gut", erzählt Kugies. Es wurde ein Mitarbeiter eingestellt, der sich hauptsächlich um das Topedo-Geschäft kümmert. Seitdem seien die Topedo-Marktzahlen wieder steigend. Aufgrund dieser Entwicklung spielt der Disti nicht mit dem Gedanken, das Eigengeschäft einzustellen.

www.cosag.de

ComputerPartner-Meinung:

Ob sich die Zusammensetzung des neuen Vorstandes bewährt, wird sich innerhalb der nächsten Monate herausstellen. Positiv ist, dass der Aufsichtsrat wohl inzwischen bemerkt hat, dass es sehr wohl Sinn machen könnte, die Verantwortung für die Bereiche Finanzen und operatives Geschäft auf zwei Personen aufzuteilen. (bw)

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