Worüber verhandelt Chiligreen?

Neues aus dem Lintec-Land

15.05.2008
Vor einem Monat ging die Lintec AG in die Insolvenz. Seitdem erklärt Notebook-Tochter Chiligreen, sie verhandle "fieberhaft" mit den Banken um ihr Überleben. Die Frage ist nur: Worüber verhandelt sie?

Von Wolfgang Leierseder

Die Namensrechte an Chiligreen wurden nicht an Lintec verkauft. Was ist die Linzer Tochter ohne Namen wert?
Die Namensrechte an Chiligreen wurden nicht an Lintec verkauft. Was ist die Linzer Tochter ohne Namen wert?

Nichts von dem, was die Lintec AG in den vergangenen Jahren angefasst hat, klappte. Nicht einmal die Insolvenz. Denn während Insolvenzverwalter Volkhard Frenzel noch den Scherbenhaufen in Taucha begutachtet - "Ich habe selten so wenig an Substanz vorgefunden" - und so mancher Investor überlegt, was er mit dem verbliebenen Rest, dem börsennotierten Mantel Lintec, verfahren soll - "Es ist gut vorstellbar, den Mantel Lintec zu kaufen und ihn in ein paar Jahren wieder an die Börse zu bringen", erklärte ein Investor gegenüber ChannelPartner -, ist der österreichische Notebook-Anbieter Chiligreen tätig.

Die in Linz beheimatete Lintec-Tochter will "weitermachen", weshalb sie in fieberhaften Verhandlungen mit den beiden kreditgebenden Banken stehe. Chiligreen-Gründer Gerald Wirtl zufolge sei es bis heute nicht gelungen, sein Unternehmen aus der Konkursmasse herauszukaufen.

Was stimmt?

Doch so mancher Beobachter der Vorgänge in Linz meldete seine Zweifel an. Nicht die beiden Chiligreen-Hausbanken Bawag und BA-CA hätten nach der Lintec-Pleite die Kreditlinien eingefroren, sondern Wirtl selbst habe die Bürgschaften, mit denen er für die Geschäfte Chilgreens haftet, kurz nach seinem Rückzug Anfang März aus dem Vorstand von Lintec, auf jeden Fall aber vor der Insolvenz von Lintec gekündigt. Auf Anfrage verwiesen beide Banken auf das österreichische Bankgeheimnis; sonderbarerweise erklärte die Bank Austria aber dennoch, sie können die Anfrage nicht bestätigen. Und auch Chiligreen wollte dies nicht kommentieren.

Der Sinn dieser, im Licht der Lintec-Pleite betrachtet, wohlüberlegten Kündigung: Nachdem Wirtl mit seinem Privatvermögen für seine Bürgschaften haftet, wären die Banken bei einer Insolvenz der Chiligreen gezwungen, sich allein daran schadlos zu halten. Mit anderen Worten, so erklärte ein anonym bleiben wollender Betrachter der Vorgänge in Linz diese Variante: Wirtl setzt den Banken die Pistole auf die Brust und zwingt sie, mit ihm neu zu verhandeln.

Nun müssen die Banken abwägen: Lassen sie Chiligreen in die Insolvenz gehen, stehen sie mit leeren Händen dar. Der Verkauf von Chiligreen mitsamt den entscheidenden Namensrechten, die im Besitz Wirtls sind, fiele ins Wasser, und auch der Insolvenzverwalter der Lintec AG hätte außer mühseligen Aufräumarbeiten in Taucha und Linz nichts in den Händen. So.

Fest steht jedenfalls: Wirtl verhandelt weiter - in Österreich hat man 60 Tage nach dem Insolvenzantrag Zeit -; Insolvenzverwalter Frenzel betrachtet die Vorgänge mit Argusaugen, nachdem er allein Chiligreen als Verkaufsmasse hat -, und Chiligreen produziert weiter. Es habe jemand zur Vorfinanzierung gefunden, sagt ein Insider. Auch das wollte Chiligreen nicht kommentieren.

Meinung des Redakteurs

Chiligreen steht unter strenger Beobachtung der Gläubiger und Banken. Dennoch probiert Gründer Gerald Wirtl kühn seine eigene Rettungsvariante. Schön - zur Lintec-Geschichte passt sie.

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