Neues Jugendschutzgesetz: Spielehändlern drohen Strafen bis zu 50.000 Euro

13.03.2003
Das am 1. April 2003 in Kraft tretende neue Jugendschutzgesetz sieht eine verbindliche Altersfreigabe für jedes Computerspiel vor. Künftig müssen die Produkte klar gekennzeichnet sein und dem Handel obliegt die Kontrolle, ob der Kunde das Spiel kaufen darf oder nicht. Händler, die das nicht tun, müssen künftig mit empfindlichen Strafen rechnen.

Das Massaker von Erfurt im April vergangenen Jahres gilt als Auslöser: Der 19-jährige Robert Steinhäuser dringt ins dortige Gymnasium ein, tötet 16 Menschen und erschießt sich anschließend selbst. Unter dem Schock der Ereignisse stehend, wird von der Öffentlichkeit eine drastische Verschärfung des Jugendschutzgesetzes gefordert, denn angeblich soll das eifrige Spielen eines Ego-Shooters Robert Steinhäuser zu dieser abscheulichen Tat geführt haben. Bewiesen ist das zwar nicht, doch die Öffentlichkeit und die unter Druck stehenden Politiker wollen Taten sehen.

Knapp ein Jahr später ist es nun so weit. Zum 1. April 2003 tritt das neue Jugendschutzgesetz (JuSchG) in Kraft. Erstmals werden neue Medien wie das Internet oder auch Computerspiele hinsichtlich ihrer Jugendgefährdung berücksichtigt, das deckte das bisherige Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG) nicht ab. Nach In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes ändert sich einiges für die Kunden, die Hersteller aber auch für die Händler. Alle künftig auf den Markt kommenden Titel müssen eine verbindliche Altersfreigabe tragen. Spiele, die keinen derartigen offiziellen Vermerk tragen, dürfen von einem Händler nur noch an Kunden verkauft werden, die mindestens 18 Jahre alt sind.

Importspiele nur noch an Erwachsene

Selbige Regelung gilt auch für so genannte Importspiele. Diese erhalten prinzipiell keine offizielle Altersfreigabe. Ausnahme: Der Hersteller beantragt die Prüfung des Originaltitels für den deutschen Markt. Das dürfte in der Praxis allerdings nicht vorkommen, denn englischsprachige Spiele verkaufen sich in der Masse nicht, sondern sind nur was für Insider. Importspiele dürfen wegen der fehlenden Kennzeichnung deswegen auch nur an Erwachsene abgegeben werden. Händler, die gegen diese Auflagen verstoßen und nachweislich die Alterskontrolle versäumen, werden hart bestraft. Ab dem Tag des In-Kraft-Tretens des neuen Gesetzes werden Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro fällig, wie unsere Schwesterpublikation "Gamestar" in ihrer April-Ausgabe berichtet.

Internet-Händler müssen nicht kontrollieren

Versand- und Online-Händler müssen allerdings auch weiterhin keinen Altersnachweis einfordern. Spiele, die beispielsweise ab 12 oder 16 Jahren freigegeben sind, dürfen auch zukünftig im Online-Shop angeboten werden. Bestellt also ein 13-Jähriger über das Internet ein erst ab 16 Jahren freigegebenes Spiel, muss der Händler nichts befürchten. Die zuständige Jugendschutzbehörde geht davon aus, dass das Spiel nach Hause geliefert wird und die Eltern ein waches Auge darauf haben, was der Sprössling bestellt hat. Per se nicht verkaufen darf der Online- und Versandhandel Spiele der Kategorie "Nicht freigegeben unter 18 Jahren", die ab 1. April 2003 mit "Keine Jugendfreigabe" gekennzeichnet sind. Das war aber schon immer so, daran wird sich auch künftig nichts ändern. Weiterhin gilt auch: Von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM; bis 1. April noch als Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften BPjS bekannt) indizierte Spiele dürfen weder beworben noch öffentlich in den Verkaufsräumen ausgestellt werden, sondern wie schon vorher nur unter der Ladentheke und gegen Vorlage des Personalausweises zur Alterskontrolle verkauft werden. Dazu zählen beispielsweise die beiden aktuellen Titel "Command & Conquer: Generals", das vergangene Woche auf Weisung von Bundesjugendministerin Renate Schmidt auf dem Index landete, oder auch "UnrealTournament 2003". Beide Spiele wurden übrigens von der Kommission "Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle" (USK) als "Freigegeben ab 16 Jahren" eingestuft.

Das könnte in Zukunft viel öfter passieren, denn die BPjM kann ab dem 1. April 2003 selbstständig tätig werden. Bislang konnte das ausdrücklich nur auf Antrag einer der rund 800 berechtigten Stellen in Deutschland - beispielsweise Jugendämter - geschehen.

www.bmfsfj.de

ComputerPartner-Meinung

Das ab 1. April in Kraft tretende Jugendschutzgesetz bringt mehr Transparenz in den Spielemarkt. Schon seit Jahren sind Videos und Filme auf DVD mit einer FSK-Kennzeichnung versehen (FSK/Freiwillige Selbstkontrolle) und geben klar Auskunft darüber, ab welchem Alter der Film gekauft werden darf. Für Computerspiele gilt nun eine ähnliche Regelung in Form der USK-Angabe (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle). Jetzt wird der stationäre Handel in die Pflicht genommen und muss verschärft Alterskontrollen durchführen. Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen. Dass alle Importspiele grundsätzlich nur noch an Käufer abgegeben werden dürfen, selbst wenn das Spiel beispielsweise im Land des Herstellers ab zwölf Jahren erhältlich ist, ist zwar inkonsequent, aber vermutlich der Preis der von der Öffentlichkeit geforderten Regelung. (cm)

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