Freigrenze sinkt von 22 auf 5,23 Euro

Neuregelung soll für mehr Fairness im Versandhandel sorgen

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Zum 1. Juli 2021 ist die Einfuhr von Waren außerhalb der EU-Ausland nach Deutschland in vielen Fällen teurer geworden. Die bisher geltende Freigrenze von 22 Euro fällt weg, die Servicepauschale der Logistiker kommt hinzu. Ein Ziel ist es, Mehrwertsteuerbetrug zu unterbinden.
Für Sendungen an Privatpersonen aus dem Ausland holt sich die Deutsche Post DHL seit 1. Juli die fälligen Einfuhrabgaben und eine Servicepauschale von 6 Euro bei der Zustellung ab.
Für Sendungen an Privatpersonen aus dem Ausland holt sich die Deutsche Post DHL seit 1. Juli die fälligen Einfuhrabgaben und eine Servicepauschale von 6 Euro bei der Zustellung ab.
Foto: Deutsche Post DHL

Zum 1. Juli 2021 ist die Freigrenze von 22 Euro für die Einfuhr von Waren nach Deutschland weggefallen. Damit müssen Käufer grundsätzlich für alle Waren, die sie in einem Nicht-EU-Land bestellen, die sogenannten Einfuhrabgaben bezahlen. Ausnahme: Wenn deren Höhe einen Euro nicht überschreitet, also der Bestellwert unter 5,23 Euro liegt.

Damit dürften jedoch Online-Bestellungen im Nicht-EU-Ausland - etwa in den USA, Großbritannien oder China - nun in vielen Fällen teurer und damit weniger attraktiv für die Kunden werden. Außerdem entsteht zusätzlich Aufwand für die Versender, denn alle kommerziellen Post- und Kuriersendungen aus Nicht-EU-Staaten müssen nun in elektronischer Form beim Zoll angemeldet werden.

Die Neuregelung geht auf eine Initiative der Europäischen Kommission zurück. Deren Ziel ist es, die steuerrechtliche Bevorzugung von Versandhändlern außerhalb der EU zu stoppen. Denn während inländische Händler die Mehrwertsteuer unabhängig vom Wert der verkauften Waren in Rechnung stellen müssen, profitieren Unternehmen außerhalb der EU bislang von der Freigrenze. Sie konnten so Versandprodukte legal kostengünstiger in der EU vertreiben. Hinzu kam noch, dass viele dieser Händler Grauzonen und Überwachungslücken nutzten und so auch in ihrem Heimatland für die Verkäufe keine Steuern entrichteten. Durch diesen gezielten Mehrwertsteuerbetrug verschafften sie sich weitere Wettbewerbsvorteile.

Wenn die Ware auf einem Online-Marktplatz bestellt wird, der bereits in der EU registriert ist und der die anfallende Mehrwertsteuer in einem EU-Land abführt, werden die Steuern auch weiterhin direkt beim Verkauf beziehungsweise der Online-Bestellung bezahlt. In dem Fall ändert sich für Kunden nichts.

Dem Zoll ist aufgefallen, dass Sendungen von außerhalb der EU oft vorsätzlich mit zu niedrigen Wertangaben versehen wurden, um die bisher geltende Wertgrenze auszunutzen.
Dem Zoll ist aufgefallen, dass Sendungen von außerhalb der EU oft vorsätzlich mit zu niedrigen Wertangaben versehen wurden, um die bisher geltende Wertgrenze auszunutzen.
Foto: Hauptzollamt Gießen

Ansonsten verauslagen die Deutsche Post DHL und die anderen Paketbeförderer die fälligen Einfuhrabgaben gegenüber dem Zoll und kassieren sie bei der Zustellung an der Haustür oder der Übergabe in einer Filiale vom Empfänger. Für diese Dienstleistung fällt zusätzlich zu den Einfuhrabgaben auch die sogenannte Auslagepauschale an. Bei der Deutschen Post DHL sind das derzeit sechs Euro.

Import One Stop Shop für Bestellungen bis 150 Euro

Ab 1. Juli 2021 können ausländische Online-Händler bei Sendungen an Privatpersonen bis zu einem Wert von 150 Euro die Umsatzsteuer zudem unmittelbar an die zuständigen Steuerbehörden in der EU entrichten. Dafür müssen sie sich im Mehrwertsteuersystem der EU registrieren und für die Steuerabwicklung das Import One Stop Shop (IOSS) genannte Verfahren nutzen. Dann sind die Einfuhrabgaben in der Regel bereits im Rechnungsendbetrag des Online-Händlers enthalten und muss der Käufer bei der Zustellung keine Einfuhrabgaben mehr bezahlen.

Das Hauptzollamt Gießen weist zudem darauf hin, dass die Wertgrenze für die Erhebung von warenabhängigen Zollabgaben auf Online-Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern von den Änderungen zum 1. Juli 2021 nicht betroffen ist. Bis 150 Euro Warenwert fallen also auch weiterhin keine warenabhängigen Zölle an.

Ein Problem bleibt jedoch: "Wir sehen oft, dass Sendungen vorsätzlich mit zu niedrigen Wertangaben versehen werden, um die Wertgrenze missbräuchlich auszunutzen", berichtet Michael Bender, Pressesprecher des Hauptzollamtes Gießen. Es könnte sein, dass der Zoll da künftig genauer hinschaut. Im Interesse eines fairen Wettbewerbs wäre das zu begrüßen.

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