Nicht warten auf Besserung, sondern handeln

27.09.2001

In den USA fragte man sich in den letzten Jahrzehnten immer gern "Wo warst du, als John F. Kennedy erschossen wurde?" Diese US-typische Art der Vergangenheitsbewältigung wird seit dem 11. September abgelöst von der gruselig-morbiden Frage: "Wo warst du, als das World Trade Center einstürzte?" Aber ist das wirklich die Frage, die uns nach die-sem Terroranschlag beschäftigen sollte? NEIN! Vielmehr gilt nun zu klären "Was hast du getan, um dieser lähmenden Situation entgegenzu-wirken?"

Politiker, Wirtschaftsexperten und Finanzgurus in aller Welt versuchen, die drohende ökonomische Krise abzuwenden. Die einen schwingen bewegende Reden, skandieren feurige Durchhalteparolen und halten die Konsumenten an, weiterhin zu kaufen. Die anderen senken den Leitzins, um der Wirtschaft Investitionsanreize zu schaffen. Und wieder andere, wie etwa die Analysten von IDC, weisen hin auf milliardenschwere Märkte, die sich in der Zukunft für die ITK-Branche auftun und nur darauf warten, beackert zu werden.

Das sind alles gutgemeinte Impulse für die Zukunft. Die Gegenwart sieht jedoch alles andere als rosig aus. So fielen in der Woche nach dem Terroranschlag über 400 Milliarden Dollar Aktienwert der Anlegerpanik zum Opfer. Dazu kam der Taifun in Taiwan. Er legte für Tage die Chip-Produktion lahm und hemmte ebenfalls den Aktienhandel. Kein Anleger hat mehr Vertrauen in die Wirtschaft. Die Endkunden werden durch drohende Öko- sowie Tabak- und Versicherungssteuern vom Kauf abgeschreckt. Und bei vielen Businesskunden rutschen geplante Investitionen in den ITK-Sektor auf der Prioriätenliste nach unten. Erstes Gebot ist für viele Wirtschaftsunternehmen, den eigenen Fortbestand zu sichern und Finanzpuffer aufzubauen, falls der Firmenwert durch weitere Aktienstürze (noch mehr) schmilzt.

Und dieses Gebot der Selbsterhaltung sollte auch für die ITK-Branche an oberster Stelle stehen. Die Frage ist nur, wie? Zuerst ist eine Art Kassensturz fällig, mit gnadenloser Aufdeckung der Haben- und Soll-Seite: Wie sieht meine finanzielle Decke aus? Welche Verträge sind bereits in trockenen Tüchern? Wie hoch sind meine Außenstände? Und auf der Soll-Seite: Wie hoch sind meine laufenden Kosten für Miete, Mitarbeiter und Mercedes? Auch wenn es schwer fällt: Um die drohende Dürreperiode zu überleben, ist Sparen angesagt. Nicht etwa an Existenzerhaltendem wie Büros, Werkstätten oder qualifizierten Mitarbeitern, sondern an überflüssigem Schnickschnack. Die Unternehmen müssen jetzt noch härter um das Vertrauen der Kunden kämpfen, müssen noch attraktivere Angebote machen. Aber müssen sie wirklich erster Klasse reisen, teure Designerklamotten tragen und in der fetten S-Klasse-Limousine vorfahren?

Sicher, es ist hart, von liebgewonnenen Gewohnheiten Abschied zu nehmen. Aber ist es nicht besser, für einige Zeit auf etwas Luxus zu verzichten, als den Laden ganz dicht zu machen? Überleben lohnt sich, denn spätestens ab Mitte des nächsten Jahres müssen auch die vorsichtigsten Kunden in größere IT-Anschaffungen investieren, weil sonst ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel steht, und damit ihr Fortbestand. Und der hat für jeden Unternehmer - ob Hersteller, Händler oder Kunde - immer oberste Priorität.

Ulrike Goreßen

ugoressen@computerpartner.de

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