Nichts als lauter Lügen

04.10.2001
Das Hauen und Stechen um den Schlussverkauf beginnt

Da staunte Händler Q nicht schlecht, als er letztens per E-Mail aufgefordert wurde, Windows-XP-Updates zu kaufen. Als Bestand gab der angebliche Fachhandelsmarktplatz 98 Stück an. Und der ebenso nur angebliche Schnäppchenpreis lag auch noch fünf Prozent über dem der großen Distributoren. So stelle ich mir E-Commerce in Reinkultur vor. Normalerweise darf als Supersonderangebot nur angeboten werden, was auch vorhanden ist, oder hat sich da etwas geändert? Hat hier ein geheimnisvoller Minihändler einen mysteriösen Vorbestand aus Bills persönlichem Fundus erhalten? Jedenfalls ist das kein lauteres Geschäftsgebaren. Ein als Fachhandelsdistributor auftretendes Unternehmen mit hauseigener Benelux-Fabrikation und kistenschiebererfahrenem Management bot seiner Klientel in der KW 38 unter anderem zwei preislich attraktive Pentium-4-Systeme an. Nach erfolgter Bestellung wurde der Liefertermin kurzerhand auf drei Wochen später verschoben. Ersatz Fehlanzeige, Erklärung ebenso. Dafür kam als Spruch der Woche "Sie können ja stornieren, wenn sie nicht warten können!", was an sich schon einen Systems-Besuch zur Pflicht macht. Üble Kundenfängerei mit Luftprodukten, deren reizvoller Preisvorteil durch den nur theoretisch glaubhaften Lieferverzug dahin sein wird. Diesen miesen Trick hatten übrigens einige Filialisten des letzten Jahrtausends auch drauf und verschwanden zu meiner Freude vom Markt. Weil auch aller schlechten Dinge drei sind, kommt noch ein besonders kaufmännischer Weichwarenhersteller auf die geniale Idee, seine gerade als Auslaufmodell geoutete Version Viernull für unglaubliches Geld an Händler und sicherheitshalber gleichzeitig an die Endkunden direkt anzubieten. Dazu noch einen Servicevertrag, der zwar Updates, die nicht mehr kommen werden, einschließt, aber kein Upgrade auf die Version, welche sich schon im Presswerk befindet. Da kommt das ohnehin schwache Vertrauen mit Volldampf in den Markt zurück, oder? Und wie in der Politik wird jeder, der "alles wird gut" verspricht, mit höchsten Ehren und geistiger Demut bedacht, gestreichelt und auch sonst mit Werbezeilen verwöhnt. Die Freunde der Balkengrafik und zielorientierten Statistik vertrösten auf das Jahr 2004, und jeder Spekulationshüpfer der Nemax-Werte wird zu einem Einstieg in den neuen Boom geredet. Die einzigen die wissen, dass nichts mehr gut wird, rechnen abends ihre Kasse ab und schütteln nur noch den Kopf.

Mein Fazit: Wenn Pessimismus der Sieg des Zweifels über die Hoffnung ist, haben Optimisten derzeit schlechte Karten.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist Fachhändler in Rheinland-Pfalz.

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